Künstlerin aus Nürnberg zieht's in die Haßberge
Autor: Ralf Kestel, Eckehard Kiesewetter
Weißenbrunn, Dienstag, 03. Januar 2017
Im Schloss Weißenbrunn (Stadt Ebernn) richtet Pia Praetorius, eine namhafte Kirchenmusikerin aus Nürnberg, ein Zentrum für alte Musik ein.
Am Schloss in Weißenbrunn entsteht eine neue Musikakademie. Wie der evangelisches Pressedienst mitteilt, verlässt die vielfach ausgezeichnete Kirchenmusikerin Pia Praetorius Nürnberg, um in den Haßbergen ein Zentrum für Alte Musik zu eröffnen. Sie will am 30. April in Nürnberg ihr Abschiedskonzert geben.
Die 53-Jährige will dann die künstlerische Leitung einer Akademie übernehmen, die sie mit ihrem Lebensgefährten gründet. Sie wolle, so Praetorius, an ihrem neuen Wirkungsort, dem barocken Schloss im Eberner Stadtteil Weißenbrunn, auch weltliche Musik in ihr Schaffen einbeziehen.
Praetorius, die 2013 den Kulturförderpreis der Stadt Nürnberg und 2014 den Kulturförderpreis des Bezirkes Mittelfranken (Wolfram-von-Eschenbach-Preis) erhielt, hat sich als ausdrucksstarke Dirigentin und als Kennerin alter Musik einen Namen gemacht und ist in der Musikszene gut vernetzt. Sie forscht seit Jahren in alten Kirchenmusiknoten und ist zugleich offen für Musik-Experimente. Sie gründete die Schola "Cantorum Nürnberg", ein Ensemble, das sich auf Aufführungen des 15. und 16. Jahrhunderts spezialisiert hat. In mehr als eineinhalb Jahrzehnten als Kirchenmusikerin in St. Egiden standen Kompositionen alter Meister, aber auch Neue Musik im Zentrum ihrer Arbeit, die multimediale Mittel nutzt. Auch die Musik der Reformation war ein Schwerpunkt ihrer Arbeit.
Vorbild in Schloss Wernsdorf
Ein Modell für alte Musik hat der Bamberger Professor Spindler mit seiner Capella Antiqua vor Jahren schon im Schloss Wernsdorf bei Bamberg etabliert, einem einem ehemals fürstbischöflichen Jagdschloss, das durch die kulturelle Nutzung aus einem jahrelangen Dornröschenschlaf wiedererweckt wurde. Ein Konzerthaus am Schloss Weißenbrunn werde der bekannte Architekt Peter Haimerl aus München bauen. Der hat sich auch schon einen Namen gemacht und wurde für seinen Arbeit vielfach ausgezeichnet.
Bekannter Architekt baut
Haimerl (56) wurde in Eben bei Viechtach geboren. Er absolvierte sein Studium an der FH München. Nach dem Diplomabschluss im Jahr 1987 war er Mitarbeiter in verschiedenen renommierten Architekturbüros und von 1988 bis 1990 beteiligt beim städtebaulichen Forschungsprojekt "Die offene Stadt". 1991 gründete er ein eigenes Büro in München. Er hatte an der Fachhochschule München 1992 einen Lehrauftrag für Baukonstruktion und von 1994 bis 1996 für Entwerfen inne. Von 1997 bis 2001 führte er bei der Akademie der Künste in Berlin einen Kinderworkshop Architektur durch.2001 startete er ein Forschungsprojekt namens "Zoom-town" als Zukunftsvision zur optimierten Infrastruktur-, Verkehrs- und Stadtplanung bei gleichzeitiger Vernetzung der europäischen Großstädte.
2006 gründete er das Unternehmen "gyroscope - algorithms for architecture", das sich programmierten Strukturen widmet. Von 2009 bis 2010 folgte ein weiterer Lehrauftrag für Städtebau und digitales Entwerfen an der Hochschule München. 2010 begann er mit dem Landesamt für Denkmalpflege ein Hauspatenprojekt Bauen im Bestand. Für Umbauten historischer Gebäude und zuletzt für das Konzerthaus Blaibach hat er etliche Preise erhalten.
Bewegte Geschichte
1232 in der Teilungsurkunde der Pfarrei Pfarrweisach erstmals belegbar erwähnt, hat der Adelssitz Weißenbrunn unweit der Kreuzung von alter Hochstraße und "Zeiler Rennweg" einst eine strategisch günstige Lage gehabt. Das Gehöft im Tal, das über Jahrhunderte viele Besitzerwechsel erlebte, lag an der kürzesten Verbindung zwischen den Städten Ebern (acht Kilometer entfernt) und Zeil (zwölf Kilometer).
Zu den Lehensleuten sollen über die Jahrhunderte hinweg die Herren auf Raueneck, die Marschalk und die Fuchs, auch die Truchseß von Wetzhausen gehört haben. Weißenbrunn war bambergisches, später würzburgisches Lehen.
1696 erwarb der Obristwachtmeister Georg Philipp von Boyneburg, Spross eines ursprünglich niederhessisch-thüringischen Adelsgeschlechts, das Gut. 150 Jahre lang haben die Herren von Boyneburg in Weißenbrunn residiert und das Schloss um 1720 in seiner jetzigen Gestalt errichtet.
Weitere Besitzer waren die Familien von Varell, von Hebendanz und von Oberkamp, die 1847 den Freiherrentitel erlangten. Sie waren die letzten adeligen Bewohner des Schlosses.
Im bürgerlichen Besitz
Noch rascher wechselten die bürgerlichen Besitzer, bis 1907 die Familie Schönlau aus Paderborn das Gut erwarb. Sie blieb bis 2004, also fast 100 Jahre in Weißenbrunn.1980 bereits hatte der Bamberger Steinrestaurator Ulrich Bauer-Bornemann Schloss Weißenbrunn erworben und in der Folge sorgfältig renoviert.
Er nutzte das Schmuckstück als Sommerwohnsitz, während sein Schwager, der Fotograf Uwe Kolter, wie auch die "Künstlergruppe Weißenbrunn" um Bert Niklaus und Karin Hommert dort als Mieter Heimat und Atelier fanden und eine eigene Galerie eröffneten.
Die Künstler, die inzwischen in Eberns "Alter Kaserne" ausstellen, hat es nach Gereuth verschlagen, doch als Kulturstätte soll Schloss Weißenbrunn auch in Zukunft dienen. Zuletzt gehörte es einem Solarfirmen-Eigentümer aus Zapfendorf.
Der neuerliche Verkauf im Sommer vergangenen Jahres könnte die "versteckte Kostbarkeit in den Haßbergen", wie Kreisheimatpfleger Günter Lipp das Schloss einmal bezeichnet hat, stärker ins Licht der Öffentlichkeit rücken.