Kuba-Abschluss bei Fest der Sinne in Eyrichshof
Autor: Ralf Kestel
Eyrichshof, Samstag, 06. Sept. 2014
Seit Freitagabend läuft die erste Auflage des Musikfestes im Gutshof von Schloss Eyrichshof (Stadt Ebern). Bei optimalen Temperaturen ergötzten sich am Freitag einige hundert Besucher an den Liedern der Coverrockband "Purple heart" am Freitag und am Samstag erklang "In the Ghetto" in einem Schloss, das prachtvoll illuminiert wurde. Kubanische Klänge beschlossen das Fest am Sonntag, wobei die Resonanz hinter den Erwartungen zurückblieb.
Rockklassiker wie "Moni, Moni" von Tommy James and the shondells (aus dem Jahr 1968) oder Deep Purple's "Hush" wechselten sich bei "Purple heart" mit aktuelleren Nummern und Joe Cocker-Persiflagen. Die Gruppe, die sich aus Musikern aus dem Raum Bamberg/Kitzingen zusammensetzt, verfügt über viel Erfahrungen, spielten einige der Mitglieder früher in Bands wie "Shine" oder McCloud".
Der Hörgenuss wurde aber auch noch anderweitig abgerundet: Lukullische Köstlichkeiten aus Zeil und Bamberg, dazu ein opulentes Angebot an Augenschmaus: Lasershows im Schlosshof, Farbenspiel am Schlossgemäuer und in vielen Räumen des früheren Pferdestalles, wofür Norbert E. Wirner, einer der Mieter im Schloss verantwortlich zeichnet.
Dazu eine Feuershow von Detlef Vogt, die allein schon das Eintrittsgeld wert ist und auch am Samstag und Sonntag jeweils gegen 21 Uhr wiederholt wird.
Für das Programm zeichnet Volker Wrede vom Live-Club aus Bamberg verantwortlich, der auch als künstlerischer Leiter des Jahr- und Bluesfestival in der Domstadt fungiert, und an den folgenden Tagen noch eine große musikalische Vielfalt anbietet:
"Eine super Stimmung", freuten sich die Veranstalter Volker Wrede und Freiherr Hermann von Rotenhan. Das Wetter passte gigantisch für solch einen Musikevent vor adeliger Kulisse. Auch das (Voll-)Mondlicht sorgte für die perfekte romantische Illumination. Die Gäste waren begeistert und wandelten den gekiesten Platz im Gutshof einfach so in eine Tanzfläche um.
Nicht weniger aufregend war der Abend des Musikfestes, an dem kein geringerer als Elvis Presley auf die Bühne geholt wurde. Kein Sänger auf der Welt hat die Menschen je so in den Bann gezogen, wie dieser Mann. Nur er verkaufte eineinhalb Milliarden Tonträger, nur er ist in fünf Hall of Fames vertreten: Rock'n'Roll, Rockability, Country, Gospel und Blues. Und 37 Jahre nach seinem Tod strahlt sein Ruhm leuchtender denn je.
Natürlich kam der "King of Rock'n'Roll" nicht persönlich. Solch ein Wunder schafft nicht einmal Volker Wrede, Inhaber des Live-Clubs in Bamberg und seit vielen Jahren in der Veranstaltungsorganisation tätig ist. Er wollte aber den Wunsch von Baron von Rotenhan erfüllen: "In the Ghetto" soll durch seinen Gutshof klingen. Dieser Song erreichte wohl in den Rotenhan-Charts eine Top-Platzierung.
Der Adelige wurde aber hingehalten. "TC King", alias Toni Cardone, von den Veranstaltern auch als der "jüngere Elvis Presley" angekündigt, nahm das Publikum zwar mit auf eine kleine Tour durch die Musikgeschichte der Jahre 1954 bis 1970. "In the Ghetto" aus dem Jahr 1969 ließ er aber aus. Dafür erfüllte der Elvis-Sänger mit sizilianischen Wurzeln sonstige Wünsche der Fans. Das war mitunter auch das i-Tüpfelchen der ganz persönlichen Konzertstimmung an diesem Abend.
Nicht nur seine Elvis-Tolle passte den ganzen Abend lang perfekt. Auch die der "Teddy-Boy"-Anhänger, die zu
seinen Füßen mitrockten. Die Teddy Boys sind eine Subkultur, die sich musikalisch auf den Rock'n'Roll berufen. Sie lieben die Musik jenseits von Popkultur und Mainstream. Sie lieben und leben den Look der 50er Jahre. Zwischen all den Applikationen auf der Lederweste schimmerte auch das Eberner Stadtwappen. Die Heimat lieben sie auch.
"Ich finde es toll, dass heute einmal ordentliche Musik geboten ist. So ein Event in Ebern, das ist nicht schlecht", so der Eberner "Teddy Boy", der kurzerhand schon wieder auf dem Weg direkt vor die Bühne ist. Seinen Look aus Kleidung uns Frisur legt er nur ab, wenn er an seinem Arbeitsplatz ist. Elvis ist sozusagen Teil seines Lebensstils.
Zurück zum Baron und seinem Liedwunsch. Seine Hoffnung flammte wieder auf, als Dr. Klaus Kohlpaintner aus Burghausen die Bühne betrat. Kohlpaintner ist nicht nur Zahnarzt in Oberbayern, sondern gilt mittlerweile als einer der größten Elvis-Imitatoren weltweit. "Dr. Kingsize" ist sein Name. Und nicht nur seine Körpergröße, sondern auch die unverwechselbare Art seiner Show hat den Zahnarzt zu einem perfekten Musiker und Entertainer wachsen lassen. Die englische Sprache liegt ihm beim Singen, seine Ansagen künstelt er auf oberbayerisch - das ist authentischer und in Eyrichshof hatte damit auch keiner ein Problem.
Und dann endlich, ganz zum Schluss: "In the Ghetto." Einer der bekanntesten Hits von "King" Elvis Presley und auch der einzige, der in Deutschland ein Nummer-1-Hit wurde: Die Geschichte eines kleinen Jungen, der an einem verschneiten Tag in einem Chicagoer Ghetto zur Welt kam und auf die schiefe Bahn gerät. Die Botschaft dieses Songs, der die Ghetto-Armut und die gesellschaftliche Gleichgültigkeit beschreibt: "Nicht wegsehen, sondern helfen." Besser hätte ein zufriedener Abschluss nicht sein können.
Bei dieser Show zogen sich Männer und Frauen gegenseitig von den Stühlen, kickten und sprangen zur Musik. Es wurde einiges an Musikkultur geboten, zwischen all der adeligen Bausubstanz der Familie Rotenhan, die bald auf 700 Jahre Dasein zurückblicken wird. Noch trägt das Musikfest nicht die reiche Blüte, wie es der Familie schon bei anderen Veranstaltungen auf dem Anwesen geglückt ist. Es war ja auch die Premiere. Doch die Besucher waren sich einig: "Das hat Potenzial und ist einmalig in der Region."
Doch alle Plätze im stimmungsvollen Gutshof des Anwesens von Rotenhan zu füllen, das schaffte auch die Musikgruppe "Soneros de Verdad" nicht. Auf der Bühne jedoch war es voll. Voll mit kubanischem Lebensgefühl und voll mit bekannten Musikern. Luis Frank und seine achtköpfige Band gaben während ihrer viermonatigen Tour durch ganz Europa auch ein großes Stelldichein im kleinen Eyrichshof. "Das ist gestandene Musik", kündigte Veranstalter Volker Wrede diese Gruppe an. Und er hatte Recht. "Die sind sehr bekannt", so auch Bürgermeister Jürgen Hennemann, der wusste, warum er sich an diesem Wochenende mitunter auch für das Musikfest in Eyrichshof entschieden hatte.
Luis Frank singt während seiner Tour in den größten Musikhallen Europas. "10.000 bis 15.000 Besucher hören uns da bei einem Konzert", sagte der Kubaner und schlürfte an seinem Bananen-Milchshake weiter. Denn er ist zwar Weltstar, doch zog er sich während seiner Pause nicht in den Back-Stage-Bereich zurück. Er wollte entdecken, wo er eigentlich auf der Bühne stand. "Ein sehr liebenswürdiger Platz ist das hier", meinte er und ließ seinen Blick über den illuminierten Gutshof schweifen, "wir spielen zwar vor einem sehr kleinen Publikum, aber die sind wirklich toll."
Es ist der "Son Cubano" dem sich die "Soneros de Verdad" künstlerisch hingeben. Seine historischen Wurzeln reichen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Der kubanische Musikstil entwickelte sich durch die Verschmelzung von afro-kubanischen Trommelrhythmen mit der Gitarrenmusik spanischer Farmer im ländlichen Osten der Insel. Luis Frank ist mittlerweile 54 Jahre alt. Mehr als die Hälfte seiner Lebensjahre vermittelt er schon das Kubafeeling von der Bühne herunter. Auch den "Buena Vista Social Club" bereicherte er mehrere Jahre mit seiner Stimme.
Kontraste für das Auge gab es an diesem Wochenende beim Musikfest in Eyrichshof genug. Auch die "Soneros de Verdad" sorgten für einen: der hieß Mario Riveras. Rasta-Zöpfe, schwarze Hautfarbe und stets die Sonnenbrille bei dunkler Nacht vor den Augen. Mario Riveras, auch bekannt unter dem Namen "Mayito", zählt zu den fünf wichtigsten Sängern der Latinmusikszene. Zusammen mit Luis Frank und den Musikern an Gitarre, Tres, Bass, Trompete und Percussion sorgte er für eine volle Tanzfläche. Die Trompete spielte, bis sie rauchte, und die Tänzer tanzten, bis sie in Trance waren.
War es am Samstagabend noch die Programmmoderation von "Dr. Kingsize" im oberbayerischen Dialekt, so waren es am Sonntagabend die Worte in authentischem kubanischen Spanisch, die den Gästen einiges an Kulturwissen bescherten. Obwohl, nach 20 Touren durch Europa wusste Luis Frank wenigsten diesen Satz: "Alle zusammen tanzen, bitte!" In Eyrichshof wurde das ohne Missverständnisse umgesetzt. Mit ihrem eigentlichen Talent, der Musik, setzten die Kubaner dem ersten Musikfest im adeligen Gutshof der Familie von Rotenhan in Eyrichshof einen gefühlten heißblütigen Schlussakzent.