Druckartikel: Kriege gehen häufig mitten durch die Familien

Kriege gehen häufig mitten durch die Familien


Autor: Sabine Weinbeer

Haßfurt, Mittwoch, 01. April 2015

Jakob Fischer reist mit der Ausstellung "Volk auf dem Weg" durchs Land. Auch an der Haßfurter Berufsschule gab er eine besondere Geschichtsstunde. Er appellierte an die jungen Leute, stets aufgeschlossen und tolerant zu sein.
Jakob Fischer (links) referierte an der Berufsschule in Haßfurt über das Thema Integration am Beispiel der Rußlanddeutschen. Dem weiteren stellvertretenden Schulleiter Joachim Sagstätter zeigte er an der Karte, wo in Kasachstan er geboren ist. Foto: Sabine Weinbeer


Vor Berufsschülern in Haßfurt hat Jakob Fischer in eine besondere Geschichtsstunde gehalten. Fischer hat eine Mission und die heißt "Integration". Seine Botschaft an die jungen Leute lautete: "Sie sollen nicht nur gute Facharbeiter werden, sondern auch etwas von der Welt und den Menschen wissen."


Selbst in Kasachstan geboren


Der Lehrer, der in Kasachstan geboren ist, ist im Auftrag des Bundesministeriums des Innern und der Landsmannschaft der Deutschen aus Rußland unterwegs in Deutschland. Mit im Gepäck hat er die Ausstellung "Volk auf dem Weg".

Etwa 19 Prozent der bayeri schen Bevölkerung hat einen Migrationshintergrund. Wie viele so genannte Rußlanddeutsche oder Spätaussiedler darunter sind, sagt die offizielle Statistik nicht, denn sie haben einen deutschen Pass. Anhand der Geschichte der Wolgadeutschen zeigte Fischer auf, wie Integration funktionieren aber auch scheitern kann.


Berufsschüler lauschten ganz gebannt


Viele der Haßfurter Berufsschüler zog er bei seinem mittlerweile zweiten Besuch in seinen Bann, auch weil in den meisten Klassen Schüler mit Migrationshintergrund sitzen.

Jakob Fischer erzählte von Zarin Katharina und Zar Alexander, die einst deutsche Gastarbeiter ins russische Reich holten - so viele, dass das Wort "Gastarbeiter" auch in die russische Sprache integriert wurde. Er erzählt von ihrer florierenden autonomen Republik an der Wolga, von ihrer Deportation und ihrer späteren Rückkehr nach Deutschland. 2,8 Millionen kamen wieder, eine Million Kinder haben sie seitdem bekommen - und im Landkreis Haßberge leben etwa 4200 Deutsche aus Rußland, zeigte er auf.


"Fast überall auf der Welt gibt es Migranten"


Die wechselvolle Geschichte der Rußlanddeutschten ist für Jakob Fischer der Zugang zum Thema Integration. "Fast überall auf der Welt gibt es Migranten", erklärt er "und in jedem Jahr wandern 150 000 Deutsche aus und werden in ihrem Zielland zu Migranten". Er warb in seinen Vorträgen darum, sich für die Geschichte anderer Menschen zu interessieren, betonte die Bedeutung der Sprache für die Integration und appellierte an die jungen Leute, sich aufgeschlossen, tolerant und lebenslang lernbereit zu zeigen.

Kritische, aktive Bürger sollten sie werden, aufmerksam die Entwicklungen in der Welt verfolgen. Deshalb ging Jakob auch auf die Lage im Jemen, in Syrien, Afghanistan und der Ukraine ein. "Es ist schrecklich, was da geschieht, der Krieg geht mitten durch Familien", und Basis sei immer das Scheitern der Integration von unterschiedlichen Religionen, politischen Ansichten oder ethnischen Gruppen.

Wenn nach seinen Vorträgen intensiv diskutiert wird, dann weiß Fischer, dass er etwas erreicht hat. Das Projekt erneut an die Berufsschule zu holen, lag Martina Meisch und Barbara Steinbach von der BRK-Schulsozialarbeit ebenso am Herzen wie Dagmar Mertl vom Fachbereich Sozialkunde.