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Kreuz-Abbau: Anzeige gegen Kreisbauhof


Autor: Helmut Will

Recheldorf, Sonntag, 03. Mai 2015

Vier neue Bäume sollen die Gemüter der Recheldorfer beruhigen, nachdem ihr Wahrzeichen aus Sicherheitsgründen vom Kreisbauhof gefällt worden war. Gegen dessen Leiter wurde sogar eine Anzeige gestellt, weil ein Gedenkkreuz entfernt wurde.
Bevor Alfons Schanz und Bürgermeister Helmut Dietz (vorne von links) letzte Hand bei der Pflanzaktion anlegten, wurde mit den Bürgerinnen und Bürger ausgiebig wegen der Fällaktion der alten Pappel diskutiert.  Foto: Helmut Will


Vier etwa sechs Meter hohe Säulenpappeln stehen seit Donnerstag am Ortseingang von Recheldorf, aus Richtung Untermerzbach kommend direkt hinter dem Ortsschild. Der Kreisbauhof hat diese Neuanpflanzungen vorgenommen, nachdem vor einigen Wochen die Fällung einer älteren Pappel für Aufregung im Itzgrund gesorgt hatte.

Was war damals geschehen? Von der Tiefbauverwaltung des Landkreises war die "ortsbildprägende" Pyramidenpappel am 12. März in einer übereilten Aktion umgesägt worden. Aus Gründen der Verkehrssicherheit, hieß es.

Die Notwendigkeit dieser Fällaktion wurde von einigen Bürgern angezweifelt, von einem Baumsachverständigen für unnötig befunden und auch vom Landratsamt wurde eingeräumt, dass dies ein "Schnellschuss" war.

Hat die gefällte Pappel das Ortsbild von Recheldorf geprägt, so werden es künftig die vier Säulenpappeln tun.

"Populus migra", so deren lateinischer Name. Sie vermitteln den Eindruck einer "kleinen Allee" und fallen mit ihren sechs Metern Höhe unweigerlich ins Auge. Zur Schaufel griffen Bürgermeister Helmut Dietz (SPD) und Alfons Schanz, Leiter der Tiefbauverwaltung beim Landratsamt Haßberge.

Es war allerdings keine Baumpflanzaktion wie jede andere. Noch bevor der Gemeindechef und der Leiter des Tiefbauamtes zur Schaufel griffen, wurde heftig diskutiert. Erich Grell schweifte mit seinen Ausführungen weit in die Vergangenheit zurück. "An dieser bin ich viele Jahre auf meinem Schulweg vorbei gegangen und für mich und die Recheldorfer hatte sie eine Bedeutung", sagte der Senior.

Da auch mancher Vorwurf gegen den Landkreis in seinen Worten mitschwang, sah sich Alfons Schanz veranlasst, darauf hinzuweisen, dass in der Gemeinde Untermerzbach, wie selten in anderen Gemeinden, hinsichtlich des Straßenbaus sehr viel getan wurde. "Wir haben da nicht gekleckert in den letzten 20 Jahren", sagte er.

Keine Genehmigung

Kritisiert wurde, dass ein Gedenkkreuz, das auf dem Baumstumpf der Pappel angebracht worden war, vom Kreisbauhof entfernt wurde. "Das muss wieder her", sagte Grell, was andere, die im Hintergrund standen, nicht so sahen.

Alfons Schanz erläuterte, dass das Kreuz auf Veranlassung des Landratsamtes am 17. April entfernt wurde, weil es ohne Genehmigung des Grundstückseigentümers, dem Landkreis, errichtet wurde. Schanz: "Wir wissen bis heute nicht, wer es aufgestellt hat, wer Eigentümer ist? Wenn sich dieser bei uns meldet, bekommt er es ausgehändigt, es ist im Kreisbauhof eingelagert." Bürgermeister Helmut Dietz dazu: "Der oder diejenigen, die das Kreuz aufgestellt haben, sollten sich dazu bekennen."

Der Bürgermeister freute sich, dass der Landkreis so schnell reagierte und Ersatzpflanzungen vornahm. Dazu sagte Alfons Schanz, dass die Säulenpappeln nach Beratung und Rücksprache mit Gartenfachberater Guntram Ulsamer ausgewählt wurden. "Vier deshalb nach dem Motto ein Baum ist kein Baum", sagte Schanz. Bei den Säulenpappeln handele es sich um schnellwüchsige Bäume, sodass diese sehr bald den Ortseingang dominieren.

Entschuldigung für Kahlschlag

Alfons Schanz entschuldigte sich vor versammelter Gruppe, dass der Landkreis die alte Pappel in einer spontanen Aktion entfernt habe und nicht vorher intensiv mit der Gemeinde und den Bürgern gesprochen habe. "Deshalb haben wir uns überlegt, wie wir das wieder befrieden können und uns sehr schnell zu Neupflanzungen entschlossen."

Allerdings machte der Leiter der Tiefbauverwaltung auch deutlich, dass er für die Verkehrssicherheit, auch was Bäume an Kreisstraßen betrifft, Verantwortung trägt. "Ehrlich, ich bin froh dass die alte Pappel weg ist, sie stellte eine Gefahr dar."

Anzeige erstattet

Edwin Lutter aus Recheldorf hielt vor versammelter "Mannschaft" hielt er eine kleine Rede, wobei er seine Freude über die Neuanpflanzungen zum Ausdruck brachte. "Wir Recheldorfer müssen aber auch um unsere alte Pappel trauern dürfen." Er plädierte für eine Erinnerungstafel.

Ob die Entfernung des Kreuzes durch den Kreisbauhof ein gerichtliches Nachspiel haben wird, ist eher unwahrscheinlich. Wie Dietz und Schanz sagten, sei bei der Polizei gegen den Landkreis Anzeige wegen Diebstahls erstattet worden.

Das wird, ohne den Ermittlungen etwas vorweg zu nehmen, eher ins Leere gehen. Diebstahl erfordert als Tatbestand einer "Zueignungsabsicht." Eine solche liegt nicht vor. Das Kreuz wurde entfernt, weil es ohne Genehmigung des Grundeigentümers aufgestellt worden war.

Bei der Pflanzaktion war auch Pfarrerin Sonja von Aschen vor Ort. Auf Frage, wie sie es aus theologischer Sicht sehe, dass wegen der Fällaktion ein Kreuz errichtet wurde, sagt die Pfarrerin, dass es sie erstaunt habe, welche unterschiedlichen Ansichten Menschen mit einem Kreuz verbinden. Sie sagt: "Das Kreuz ist in erster Linie ein Zeichen des Glaubens an Gott, den Herrn über Leben und Tod."

Übereiltes Handeln

Vor diesem Hintergrund sei die Wahl eines Kreuzes für die Erinnerung an einen Baum und sei es ein noch so stattlicher schöner Baum, wie die Pappel am Ortseingang Recheldorf, wohl keine lang überlegte Handlung, sondern vielmehr Ausdruck von spontanen Gefühlen gewesen, erläutert die Pfarrerin. "Vielleicht könnte man sagen, im Eifer des Gefechts ein bisschen zu übereilt gehandelt."