Druckartikel: Königsberg will das "Regiomontanum"

Königsberg will das "Regiomontanum"


Autor: Gerold Snater

Königsberg in Bayern, Donnerstag, 06. November 2014

Nach dem Aus 2013 hat sich der Stadtrat jetzt besonnen. Das Zentrum für mathematische und astronomische Experimetierstationen soll entstehen.
Mit eigenen Händen mathematische Zusammenhänge begreifen, das können die Kinder in Königsberg gegenwärtig wieder beim "Mini-Mathematikum". Dieses soll aber eine feste Einrichtung werden.  Foto: Snater


Privatwirtschaftlich wäre die Stadt Königsberg insolvent gewesen, so drückte es damals ein Stadtrat aus. Und das war auch der Grund, warum das Gremium im September 2013 die Einstellung des Vorhabens beschlossen hatte: Das Aus für das liebevoll geplante "Regiomontanum" schmerzte. In der Sitzung am Dienstag erwuchs dieses Mathematik-Bildungs-Projekt nun wie Phoenix aus der Asche: Der Königsberger Stadtrat sprach sich einhellig - ohne Beschluss - dafür aus, das Vorhaben anzugehen. Trotz der angespannten Finanzlage.

Zur Erinnerung: Das "Regiomontanum" ist ein Projekt zur Förderung der naturwissenschaftlichen und mathematischen Bildung für alle mit besonderem Augenmerk auf Schulklassen. Ursprünglich war geplant, es mit Mitteln der Europäischen Union (Leader-Programm) zu fördern, unter Beteiligung von Stadt und Landkreis sowie mit Eigenmitteln des Fördervereins und einem Bankkredit.

Königsberg hatte 2013 den Haushalt nicht genehmigt bekommen und konnte daher die nötigen Mittel nicht aufbringen.

In Königsberg ist dieses Vorhaben aber, wie die Verantwortlichen finden, bestens angesiedelt, und es trägt deswegen auch den passenden Namen: Denn hier ist der Astronom und Mathematiker Regiomontanus, Johannes Müller, geboren, der aus der kleinen fränkischen Stadt auszog und einer der bedeutendsten Wissenschaftler des 15. Jahrhunderts wurde. Mit Hilfe seiner Sternentafeln, der Ephemeriden, segelte Christoph Kolumbus nach Amerika.

Stationen zum Experimentieren

Der Kern des "Regiomontanum" soll eine Sammlung von Stationen sein, an Hand derer Besucher durch Experimentieren und Interagieren spielerisch die Gesetze von Mathematik und Astronomie erfahren - sicherlich ein überregionaler Publikumsmagnet. Eingerichtet werden soll das Projekt in der früheren neuapostolischen Kirche am Salzmarkt in Königsberg, die die Stadt kaufte.

Der Geschäftsführer des Vereins "Regiomontanum", Burkard Hauck, stellte die aktuellen Fakten mit der Stellungnahme zum Leader-Projekt sowie den Kostenberechnungen für Kirchenumbau und Ausstellung vor. Ebenso erläuterte er den Kosten- und Finanzierungsplan.

Ausgiebig wurde im Stadtrat darüber gesprochen; die Stadt müsste nun einen Anteil von 40 000 Euro aufbringen - früher waren über 150 000 Euro im Raum gestanden bei Gesamtkosten von 380 000 Euro. Im Stadtrat herrschte Einigkeit, das Projekt weiter zu verfolgen und Anträge auf Bezuschussung zu stellen. Es wäre schade, wenn man nicht versuchen würde, die Gelegenheit zur Verwirklichung eines solch einmaligen Projektes zu nutzen, hieß es.


Viele Bürger vermissen Fachgeschäfte

Der demografischen Wandel war gleich zu Beginn der jüngsten Stadtratssitzung das Thema im Ratszimmer. Petra Heckl informierte das Gremium über mögliche Auswirkungen auf die Stadt und über Ansätze für die Revitalisierung der Siedlungsgebiete. Heckl hatte im Rahmen ihres Studiums Ende 2012 in einer Fragebogenaktion in Königsberg die Bürger zu unterschiedlichen Fragen, die im weitesten Sinne mit der Wohnsituation und der Infrastruktur in den Wohngebieten zusammenhängen, befragt. Auf der Auswertung der Fragebögen hatte sie ihre Masterarbeit an der Universität Würzburg aufgebaut, deren Ergebnisse sie jetzt vorstellte.

Jeder fünfte ist älter als 65

So konnten die Räte erfahren, dass die Einwohnerzahl von Königsberg (ohne Stadtteile) von 1735 Einwohnern im Jahr 2001 auf 1629 Einwohner 2013 gesunken ist und in den von ihr untersuchten Einfamilienhausgebieten (= ältere Siedlungsgebiete in Königsberg) 8 Prozent der Häuser leer stehen, 24 Prozent von zwei Personen und 10 Prozent von mehr als fünf Personen bewohnt werden. Interessant war, zu erfahren, dass der Anteil der über 65-jährigen Bewohner dabei bei knapp 20 Prozent liegt.

Heckl befragte die Haushalte in der Stadt unter verschiedenen Aspekten und ließ diese mit Noten bewerten. Dabei schnitten die ambulanten Pflegestationen mit der Gesamtnote 1,9 vor der Apotheke (2,2) und den Bäckereien und Metzgereien mit 2,3 am besten ab. Die schlechtesten Noten fielen auf die schlechte Verkehrssituation (Note 3,3) und das Wohnangebot für ältere Menschen (3,6). Sehr gut schnitten auch die Kindertagesstätten mit 1,9, das Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren (2,0) und die Internetanbindung und Mobilfunkverfügbarkeit mit 2,2 ab. Absolutes Schlusslicht bei dieser Befragung bildeten die Jugendtreffs mit der Note 4,5.
Auch Fragen nach fehlenden Fachgeschäften wurden von den 175 Haushalten beantwortet: 92 vermissen vor allem noch ein Lebensmittelgeschäft, 91 einen Baumarkt und 84 ein Bekleidungsgeschäft.

Lob für die Nähe zur Natur

Bei der Frage nach den Stärken der Stadt Königsberg allgemein wurde in erster Linie die Nähe zur Natur genannt, dicht gefolgt vom Ambiente der Altstadt, der Ruhe und den Vereinen. Auch die Schwächen der Stadt wurden von Heckl abgefragt. Hier stand an erster Stelle das Fehlen von Geschäften. Nicht gut kamen aber auch das Kopfsteinpflaster und die Parksituation an.

Insbesondere der letzte Bereich der Fragebögen über die künftige Situation in Königsberg mit möglichen Anmerkungen dazu, was die Bürger an Königsberg gut oder schlecht finden, enthielt viel interessantes Material für Stadt und Stadträte.

Konkrete Maßnahmen

Doch es blieb nicht bei den Umfrageergebnissen, Petra Heckl zählte abschließend auch auf, wie die Stadt sich auf den demografischen Wandel vorbereitet und für die Zukunft rüstet. Ganz vorn stand dabei das Bemühen, überhaupt einmal ein Bewusstsein für diesen Wandel zu bilden. Weitere Anstrengungen müssten Heckl zufolge der Förderung ehrenamtlichen Engagements, der Anpassung des Wohnraums und Wohnumfelds an eine alternde Bevölkerung, der Attraktivitätssteigerung des Bestands für Zuziehende und der Sicherung verbrauchernaher Versorgungsangebote gelten. Hinzu zählte sie auch die Stärkung des ÖPNV-Angebots, die Erweiterung des Freizeitangebots und die Stärkung neuer Kooperationsformen.

"Sie haben uns viele Anregungspunkte gegeben, über die man nachdenken muss!", bedankte sich Bürgermeister Claus Bittenbrünn für die Informationen.

Bauberatung

Um das Kommunale Förderprogramm anbieten zu können, muss die Stadt bei der Regierung anmelden, welchen Geldbedarf sie voraussichtlich für die nächsten drei Jahre bei der Städtebauförderung hat. Werden geplante Maßnahmen umgesetzt, winkt ein Zuschuss von 60 Prozent von der Regierung von Unterfranken. Obwohl wegen der Finanzlage der Stadt freiwillige Leistungen nicht mehr möglich sind - bisher waren jährlich 45 000 Euro eingeplant als Finanzspritze für Bauherren, die Scheunen oder alte Anwesen sanieren - soll ein Minimum aufrecht erhalten werden: Damit im Vorfeld keine (Bau-) Fehler im denkmalgeschützten Ensemble passieren, will die Stadt wenigstens Bauberatung bieten - und plant dafür jährlich 5000 Euro ein. Der Beschluss wurde mit drei Gegenstimmen gefasst.

Asylbewerber

Bürgermeister Bittenbrünn teilte mit, dass die Stadt auf Drängen des Landratsamtes Asylbewerber unterbringen will, da in den größeren Städten im Landkreis das Kontingent für eine Aufnahme erschöpft ist. Asylbewerber sollen für die kurze Dauer (sechs Wochen) ihres Aufenthaltes in erster Stufe in städtischen Wohneinrichtungen untergebracht werden. Für eine längere Verweildauer (einige Monate) sei die Aufstellung von Wohncontainern vorgesehen.

Dörflis

Neuer Ortssprecher von Dörflis ist Gert Koch. Aus gesundheitlichen Gründen musste seine geplante Vereidigung im Stadtrat verschoben werden.

Allianz
Königsberg ist in der Allianz "Westlicher Landkreis", der auch die Stadt Haßfurt und die Gemeinden Theres, Wonfurt und Gädheim angehören, mit drei Mitgliedern vertreten. Diese sind der Erste Bürgermeister und zwei Beisitzer. Zu letzteren wurden Zweiter Bürgermeister Alexander Krauser und Andrea Lutsch gewählt.

Energiepolitik

Die GUT (Gesellschaft zur Umsetzung von erneuerbaren Energieprojekten) hat mittlerweile verschiedene Finanzierungsmodelle, auch für die Kommunen, vorgestellt. Konfrontiert mit der Frage, ob und wenn ja, in welcher Höhe sich Königsberg am Sailershäuser Windpark beteiligt, verlief die Diskussion im Stadtrat konträr - das Spektrum reichte von "Ein Geld dafür haben wir nicht" bis zu "Königsberg ist direkt tangiert, es ist ein Projekt für die Zukunft!" Eine Entscheidung wurde auf die nächste Sitzung verschoben.