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Kleinsteinach plant sein Museum


Autor: Katja Müller

Kleinsteinach, Samstag, 06. Oktober 2012

Nach der Renovierung des ehemaligen Lehrerwohnhauses im Riedbacher Gemeindeteil soll dort ein jüdisches Dokumentationszentrum entstehen. Welche Schätze der Ort zu bieten hat, ist klar. Nur wie sie vermarktet werden sollen, aber noch nicht. Bis Ende des Jahres will die Gemeinde ein erstes Konzept vorlegen und sich dann um die Finanzierung kümmern.
Kulturcafé-Initiatorin Sibylle Kneuer (Zweite von rechts) zeigte   Bürgern (rechts Georg Krebs) das künftige Museumsgebäude.  Fotos: Katja Kölbl


Das Gebäude für das Museum steht, doch ein Konzept muss erst noch erarbeitet werden. Darum hat das Kulturcafé des Kreises Haßberge, Martina Edelmann, die Leiterin des Jüdischen Kulturmuseums der Gemeinde Veitshöchheim, zum Vortrag nach Kleinsteinach eingeladen. Edelmann machte am Donnerstagabend den etwa 40 Zuhörern im Gastraum des Dorfladens erst einmal Mut für ihr Projekt: "Sie können hier das Alltagsleben, das Thema Bildung und die Matzenbäckerei vorstellen. Die jüdische Vergangenheit in Veitshöchheim war nicht so spektakulär", erklärte die Referentin.

"Kleinparis" in Kleinsteinach


Zum Auftakt der Veranstaltung hatte Birgit Bayer, Bürgermeisterin der Gemeinde Riedbach, die jüdischen Vermächtnisse in Kleinsteinach aufgezählt. Nicht umsonst hatte Kleinsteinach um 1814 den Spitznamen "Kleinparis", denn die jüdischen Mitbürger belebten den Ort mit einer regen Geschäfts- und Handels-tätigkeit.

Um 1800 gab es etwa ein Dutzend Geschäfte - unter anderem ein Herren-, ein Fell- und ein Kolonialwarengeschäft sowie eine Matzenbäckerei (dort wurde ungesäuertes Brot gebacken). Noch heute gebe es in Kleinsteinach die jüdische Schule, die Matzenbäckerei und eine Matzengasse, sagte die Bürgermeisterin. Nicht zu vergessen den großen jüdischen Friedhof (Bezirksfriedhof) einige hundert Meter neben dem Riedbacher Gemeindeteil.

Deshalb wolle man die jüdische Vergangenheit "mehr in Wert setzen", schloss Birgit Bayer.

Die Kulturreferentin Martina Edelmann hielt sich bei ihrem Vortrag nicht lange mit den Sonnenseiten des Museumslebens auf, sondern gab den Kleinsteinachern ganz pragmatische Tipps. "Ein Museum ist nicht fertig, wenn die Vitrinen stehen", mahnte Edelmann, die ihre Sonntagnachmittage im Veitshöchheimer Museum verbringt, um es offen zu halten. "Außerdem sollten Sie unbedingt einen Arbeitskreis gründen, damit nicht die ganze Arbeit an ein, zwei Personen hängen bleibt", riet sie den Anwesenden. Edelmann vertrat energisch die These, dass es nichts nütze, in einem neuen Museum "zum hundertsten Mal das jüdische Leben zu erklären". Stattdessen sollten die Kleinsteinacher ihre Besonderheiten herausstellen und sich mit anderen Museen und Bildungseinrichtungen vernetzen. Weiterhin regte sie an, in das entstehende Konzept - falls irgendwie möglich - den Besuch von Burgen im Landkreis miteinzubeziehen. "Dann kommen bestimmt viele Besucher", sagte die Museumsleiterin.

Acht Ausstellungsstücke


Ausstellungsstücke für das entstehende Museum gibt es bereits. Unter den Genisa-Funden des Veitshöchheimer Museums befinden sich acht Fragmente aus Kleinsteinach: ein Maasebuch (ein Buch mit jüdischen Kurzgeschichten), eine Zenerenne (Frauenbibel) aus dem Jahr 1620 mit Erzählungen und Bilddrucken, Gebetbücher aus dem 19. Jahrhundert und ein Testament. Diese Zeugnisse aus dem jüdischen Alltag wurden auf dem Dachboden der jüdischen Schule in Kleinsteinach von den jetzigen Besitzern, der evangelischen Gemeinde, gefunden.
Eine Genisa ist ein Ort, an dem Gegenstände, die aus religiösen Gründen nicht weggeworfen werden durften, aufbewahrt wurden. In Franken waren das häufig Dachböden von Synagogen. Seit 1998 sichtet und inventarisiert das Veitshöchheimer Museum alle fränkischen Genisa-Funde.

Bis Ende des Jahres will die Gemeinde Riedbach mit der Unterstützung von Sibylle Kneuer ("Das Kulturbüro") ein erstes Konzept erstellen. Damit will sich die Gemeinde um Fördergelder für das Museum bemühen. Landrat Rudolf Handwerker, der den Vortrag von Martina Edelmann hörte, sicherte der Gemeinde Unterstützung zu: "Die jüdische Geschichte ist ein ganz wesentlicher Bestandteil der Landkreisgeschichte."