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Kartoffelernte fiel ins Wasser


Autor: Ralf Kestel

Mürsbach, Mittwoch, 23. Oktober 2013

Die wenigen Bauern, die im Landkreis Haßberge und Umgebung "Potacken" anbauen, verzeichnen zum Teil Totalverluste. Die Wetterkapriolen versetzten der Kartoffelernte den "Todesstoß".
Ziemlich ratlos schaut Harald Albrecht auf die Reste seiner Ernte. Er hat nur noch wenige Säcke auf Lager in seiner Garage. Der Keller blieb heuer komplett leer. Fotos: Ralf Kestel


Der Volksmund weiß es angeblich schon lange: "Die dümmsten Bauern ernten die größten Kartoffeln." Aber wie lässt sich diese Gleichung ableiten, wenn Landwirte gar keine Kartoffeln heimbringen. So und nicht anders fällt die Bilanz der wenigen Kartoffelanbauern in der Region aus. Einer davon ist der Mürsbacher Harald Albrecht, als Abiturient in Ebern und gelernter Ingenieur, bestimmt kein Dummer. Seine Kartoffelkiste bleibt in dieser Saison fast leer. "Im Keller liegt heuer nicht ein Stück." In der Garage nurmehr wenige Säcke. "Dann bin ich ausverkauft."

Viel zu früh, für einen Landwirt, für den "Potacken" die Existenzgrundlage bedeuten. "Bei den Frühkartoffeln hatte ich einen Totalausfall." 100 Prozent also. "Bei den Salatkartoffeln liegt der Ausfall gegenüber den Vorjahren bei 90 Prozent", rechnet Albrecht vor. In einem normalen Jahr bringt er um die acht Tonnen ein.



Und den Ausfall belegt er mit Zahlen. "Sonst hol' ich aus meinen Beeten sechs bis sieben Zentner raus, diesmal waren es bei fünf Beeten gerade mal vier Zentner." Und beim Rest? "Da lohnt sich nicht einmal das Rausfahren. Schad' um jeden Tropfen Diesel", schiebt der Witwer nach, der dennoch nicht verzweifelt: "Da kannst nix machen, greifen wir halt im nächsten Jahr wieder an."

Ob dann das Wetter mitspielt? Denn: "Das war heuer überhaupt nix", klagt Harald Albrecht unisono mit Imelda Hetterich aus Zeil, die (ehemalige stellvertretende Kreisbäuerin): "Erst war's zu kalt, dann hat's viel geregnet und es gab Hochwasser. Der Regen hat alles zammgepatscht", schimpft die Zeiler Städträtin, laut BBV-Fachberater Klaus Pieroth "einer der wenigen Betriebe, der "etwas mehr" Kartoffeln anbaut". Auch sei viel Handarbeit auf den 33 Hektar des Betriebs notwendig gewesen, denn "die größeren Kartoffeln ab Juni waren sehr verschmutzt", so Hetterich.

Ansonsten spielt der Kartoffelanbau im Landkreis eine untergeordnete Rolle und wird größtenteils für Eigenbedarf und Familie genutzt, weiß Pieroth. Eine Kundengruppe, die auch Imelda Hetterich nun nutzt: "Die Ernte bleibt diesmal weitgehend in der Verwandtschaft." Lediglich zwei Gaststätten beliefere sie noch, und die Leute akzeptieren die kleineren Kartoffeln, denn "die wissen ja mittlerweile Bescheid".

Das gilt auch für die höheren Preise, die im Großhandel und der Gastronomie schon angekommen sind. "Aber was nützen mir bessere Preise, wenn ich nichts zu verkaufen hab' ?", fragt die Zeilerin.

Eine Tatsache, die auch Harald Albrecht umtreibt: "Ich hab' über 20 Sorten im Angebot, und die exotischen roten, blauen oder die Bamberger Hörnchen waren sonst ruckzuck weg. Innerhalb von 14 Tagen ausverkauft und heuer gibt's so gut wie gar nichts."

Schlechteste Ernte seit dem Krieg

Deswegen müssen sich auch die Gastwirtschaften in Mürsbach darauf einstellen, dass es vom Betrieb nebenan nicht mehr so viele "Örpfel" gibt. "Das, was noch draußen auf dem Acker ist, da ist so viel Gepöbbel dran, dass es sich gar nicht lohnt, mit dem Vollernter auszurücken."

Für die Stammkunden, die sonst ab Hof einkaufen, liegen die letzten Säcke noch in einer Garage herum. "Das ist bald verkauft und dann ist Schluss für dieses Jahr. Ich bin froh, dass ich keine Lieferverträge habe, wie andere Kollegen, die nicht wissen, wie sie den eingegangen Verpflichtungen nachkommen sollen." Denn: Zukauf sei nicht möglich. "Es gibt ja nichts."
Vom "schlechtesten Kartoffeljahr seit dem Krieg", spricht Reinhard Bischoff vom Amt für Landwirtschaft und Forsten in Schweinfurt.

Der Kartoffelanbau spiele im Kreis Haßberge aber nur eine untergeordnete Rolle. "Es sind nur wenige Hektar angemeldet, meist werden Kartoffeln für den privaten Verbrauch angebaut."
Die hohen Einbußen gegenüber den Vorjahren bestätigt auch der Behördensprecher. "Große Kartoffeln sind eher die Seltenheit." Nur wer erst im Juni gesteckt habe, hatte noch Erfolg.
Dies gilt auch für einige Hobbygärtner, wie Harald Albrecht aus Gesprächen weiß, die er an seinem Stand am Eberner Oktobermarkt führte. "Leute mit drei Beetla in ihrem Garten waren ganz zufrieden, aber die konnten ihre Potacken ja auch mit dem Gießer selbst bewässern. Für uns waren das erst kalte, dann nasse Frühjahr und dann die Hitze der Todesstoß."