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Jürgen Schaaf liefert tonnenweise Fisch


Autor: Katja Müller

Oberaurach, Dienstag, 17. Sept. 2013

30 Mal hat Jürgen Schaaf einen Karpfen im Kescher, bevor er auf dem Teller landet. Der Fischwirtschaftsmeister aus Tretzendorf liefert in der Karpfensaison tonnenweise Fisch aus.
Groß genug, um die Fischzucht Schaaf zu verlassen, ist dieser Karpfen, den Jürgen Schaaf in den Händen hält. Die meisten seiner Großfische verkauft der Züchter als Setzfische. Fotos: Katja Kölbl


Zum Karpfen hat Jürgen Schaaf ein besonderes Verhältnis. "Das ist unser schlauester Fisch", sagt er und beobachtet zufrieden, wie ein goldgelb gefärbtes Exemplar das Maul wie einen Rüssel über den Daumen des Züchters stülpt. "So hält er sich fest", erklärt er. Und als er sich wenig später die schleimigen Hände wäscht: "Die erkennen mich schon an der Stimme. Und wenn sie mein Auto an den Teich fahren hören, wissen sie: Jetzt gibt es Futter."
"Fränkische Teichsau" wird der Karpfen gerne genannt. Für Schaaf sind es "Schweinderl, die den Boden bearbeiten und dabei Schnecken, Würmer und Muscheln fressen". Ihre goldgelbe Farbe bekommen die Tiere durch die Nahrung: Schaaf füttert Getreide zu.

Die Raubfische Hecht und Zander, die er ebenfalls züchtet, ernähren sich dagegen von Weißfischen, die allein zu diesem Zweck ein kurzes Leben in Jürgen Schaafs Weihern fristen.

Wie viele Teiche er bewirtschaftet, kann der 47-Jährige nicht sagen. Er rechnet in Hektar. 17,5 Hektar sind es direkt in Tretzendorf, 30 Hektar insgesamt. Direkt vor der Tür des Gästehauses Schaaf, in dem Bruder und Koch Stefan fangfrischen Fisch zubereitet, liegen vier Helderanlagen: Teiche, die als "Umschlageplätze" für die Fische dienen, die abgefischt und bald verkauft werden.

Aber der Reihe nach: Bevor ein Karpfen als "K3" verspeist wird, verlebt er drei schöne Sommer in dem Familienbetrieb. Langweilig wird es ihm dabei nicht, denn er zieht ständig um.


Auf die Größe kommt es an

Nachdem er im Mai in einem der runden Becken des Bruthauses geschlüft ist und ein paar Milligramm Fett angesetzt hat, setzt Schaaf ihn mit seinen Altersgenossen in einem Teich aus. Den teilt sich der Karpfenjunior dann mit Artgenossen aus dem Jahrgang über ihm. "Man muss schon aufpassen, dass das Größenverhältnis stimmt. Große Fische lassen kleinen nichts zum Fressen übrig", sagt Schaaf.

Doch kaum hat sich der Karpfen eingelebt, muss er schon wieder umziehen - dieses Mal in den Winterteich. Der ist tiefer als die Sommerresidenz, so dass der Karpfen darin unbeschadet überwintern kann. "Die Fische stehen bei vier Grad Celsius still am Boden", erklärt Schaaf. In dieser Art Winterstarre schlage ihr Herz ein bis drei Mal pro Minute, weiß der Tretzendorfer Fischzüchter. Wenn der Karpfen dagegen im Sommer in einem der Abwachsteiche seine Runden drehe, steige der Herzschlag auf 135 Schläge pro Minute.

Drei Sommer geht das so, dann heißt es Abschied nehmen. Wer Glück hat, wird als Satzfisch mit Hecht, Zander oder Schleie in einem der Baggerseen, im Rhein-Main-Donau-Kanal, im Main oder in der Regnitz ausgesetzt (das passiert vielen auch schon in jungen Jahren - je nachdem, welche Größe die Kunden ordern.) Acht Tonnen K3-Karpfen erntet Jürgen Schaaf durchschnittlich pro Jahr. Davon liefert er nur fünf bis sechs Prozent an Gaststätten im Landkreis. "Lebend", wie er betont. Das Schlachten bereite nicht nur zusätzliche Arbeit. Der Betrieb müsste auch als Schlachthaus nach EU-Richtlinien zertifiziert werden.


Nächste Generation

Das ganze Jahr über kümmert sich Jürgen Schaaf um seine Fische. Nur Anfang des Jahres, im Januar und Februar, lässt er die Weiher links liegen. "Ruhig schlafen kann ich nur, wenn eine dicke Eisschicht darüber ist", sagt er. Im Frühjahr beginnt der Kreislauf von Neuem.

Auch im Familienbetrieb Schaaf legt man Wert darauf, dass es weiter geht. Jürgen Schaaf leitet die Fischzucht in vierter Generation. Sein Nachfolger steht schon in den Gummistiefeln: Peter junior, 13 Jahre alt, hat sich bereits im zarten Alter von drei Jahren als künftiger Fischwirtschaftsmeister qualifiziert. Denn nachdem er seinen ersten Fisch geangelt hatte, setzte er sich neben das Tier und streichelte es. Die Worte seines jüngsten Sohnes treiben Jürgen Schaaf noch immer Lachtränen in die Augen. "Du bist ein braver Fisch, Du bist ein schöner Fisch. Und bald esse ich dich."