In Haßfurt Wortgewandt zum Sieg geslammt
Autor: Sina Mattheus
Haßfurt, Sonntag, 12. April 2015
Zehn Akteure traten am Samstag im "Silberfisch" an und zeigten, wie aus Sprache junge moderne Kunst werden kann. Zum Sieger kürte das Publikum mittels Applaus Nick Pötter aus Berlin.
Locker-flockig ist der Publikum seit der Premiere im vergangenen Jahr bekannt: "Halli-hallo, mein Name ist Christian Ritter", begrüßte der bekannte Slammer, Buchautor und Moderator aus Bamberg das Haßfurter Publikum und führte durch einen kurzweiligen Abend. Diesmal waren es sehr viel mehr Menschen aller Altersklassen als im vergangenen Jahr, die gekommen waren, um sich von ausdrucksstarken, humorvollen oder tiefsinnigen Texten kulturell verwöhnen zu lassen.
Was ist das überhaupt?
"Poetry Slam" bezeichnet einen Wettbewerb, bei dem eigens verfasste literarische Texte auf der Bühne halb singend, auf jeden Fall aber rhythmisch vorgetragen werden.
Das Publikum entscheidet dann darüber, wer mit seiner Selbstinszenierung und Wortgewandtheit glänzen konnte und kürt einen Gewinner.
Organisiert wurde die Veranstaltung vom Bibliotheks- und Informationszentrum Haßfurt. Die Leiterin der Schulbibliothek, Sylvia Schnitzer, sah die Zeit gekommen, in der Kreisstadt eine Veranstaltung dieser Art anzubieten. "In allen größeren Städten finden Poetry-Slams statt", erzählt sie. In Stuttgart, wo sie studierte, sei dies gang und gäbe gewesen.
In Haßfurt habe dies gefehlt. Bereits beim ersten Haßfurter Poetry-Slam im November zeigte sich, dass die Haßfurter das schätzen. "Am Anfang war ich noch skeptisch, ob eine derartige Veranstaltung von den Leuten angenommen wird. Aber für dieses Mal brauchten wir eine größere Location, weil der Ansturm letztes Mal so groß war!"
Unzensiert auf der Bühne
Unzensiert die eigene Meinung auf der Bühne sagen können - das ist es, was Sylvia Schnitzer am Poetry-Slam besonders imponiert. Und das taten die Slammer auf unterschiedliche Weise: in Reimform, in schneller Sprechweise oder mit sprachgewaltigem Ausdruck. Sieben namhafte Akteure aus ganz Deutschland und drei Kandidaten, die sich über die offene Liste qualifizierten, traten in dem Wettstreit gegeneinander an.
Einige Regeln galt es allerdings zu beachten. Jeder "Slammer", wie man die Teilnehmer eines Poetry-Slams nennt, hatte sieben Minuten für seinen Auftritt Zeit. Requisiten oder Verkleidungen durften nicht benutzt werden. Einzig das gesprochene Wort war es, das zählte. Einige, von Christian Ritter ausgewählte, Leute im Publikum erhielten Schilder mit den Ziffern eins bis zehn und konnten nach jedem Auftritt die Leistung des Kandidaten bewerten.
Um den Kandidaten ein wenig die Nervosität zu nehmen, machte Christian Ritter den Anfang. Er wusste schon einen Tag vor Erstausstrahlung eine Franken-Tatort-Nacherzählung vorzutragen.
Das Publikum zeigte sich begeistert von dem Vortrag über "den fränkischen Kommissar, der morgens eine Nürnberger-Rostbratwurst an der Backe kleben hat, weil er darauf geschlafen hatte". Mit Witz, Esprit und zahlreichen Pointen lieferte er so einen gelungenen Auftakt. Danach waren die Kandidaten an der Reihe. Es folgten Texte über die Leiden des Älterwerdens, die Liebe zur fränkischen Heimat, die Probleme eines "Kneipenschreibers", die Suche nach dem wahren Glück oder den Drang, immer up-to-date sein zu müssen. "Über den Tellerrand habe ich noch nie geschaut, denn meine Tischdecke ist ziemlich hässlich", hieß es beispielsweise in Svenja Gräfens Text.
Nach jedem Vortrag vergab die nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Jury aus dem Publikum die Punkte eins bis zehn.
Durchsetzen konnten sich nach dem ersten Durchgang immerhin der heimische Peter Lorber (Sylbach) mit den "Zugereisten" Svenja Gräfen, Nick Pötter und Sven Hensel. Sie hatten am Ende die meisten Stimmen der Zuschauer erhalten und lieferten sich ein spannendes Finale. Mit einem neuen Stück mussten die Kandidaten nochmals auf die Bühne, um mit Eloquenz und anspruchsvoller Poetik erneut punkten zu können.
Am Ende konnte Nick Pötter die Zuschauer mit seinem frei gesprochenen Text über Entscheidungen im Alltag überzeugen. Der 21-jährige Berliner, der seit drei Jahren slammt, war 2012 bereits Berlin-Brandenburg-Meister und nimmt an nationalen Wettbewerben teil.
Der Applaus ließ darauf schließen, dass sich der Poetry-Slam in Haßfurt etabliert hat. Elke Schmidts Erwartungen an diese Veranstaltungen wurden in vollem Maße erfüllt: "Es war richtig toll. Gute Unterhaltung und geistreich zugleich". Mit ihrer Freundin Stephy Hess war sie zum ersten Mal dabei, und sie beide hoffen auf eine baldige Fortsetzung.