In Haßfurt fand bei der Malerei jeder seinen Platz
Autor: Ralf Naumann
Haßfurt, Montag, 21. Oktober 2013
Im Mehrgenerationenhaus spiegelte sich menschliche Kreativität in einem Mosaik. Der Fürther Kunsttherapeut Andreas Neunhoeffer lockte mit seiner Gemeinschaftsaktion sehr viele Besucher an. Viele beschäftigten sich mit einem kleinen Traum, einem kleinen Bild. Zusammen ergibt sich daraus eine tolle Gesamtschau.
Blumenwiesen wurden gemalt, Häuser, Autos, Landschaften, Muster. Maya Davey malte einen Vampir. Dabei mag die Grundschülerin aus Haßfurt die "Blutsauger" eigentlich gar nicht. "Ich habe mir halt einfach etwas einfallen lassen." Das Wichtigste war, dass die Siebenjährige bei der Aktion "Wir, bunt, gemeinsam" großen Spaß. Und das galt auch für ihre restliche Familie.
Beschäftigung am Kirchweihsonntag
Mayas Eltern Peter und Kim Davey sowie Schwester Allyson waren auch im Mehrgenerationenhaus der Kreisstadt am Kirchweihsonntag. Dort hatte am Nachmittag im Café Bistro "Offener Treff" der Fürther Kunsttherapeut Andreas Neunhoeffer eine Aktion angeboten. Wer da war, der bemalte kleine Holztafeln mit wetterbeständigen und leuchtstarken Ölpastellkreiden. Diese wurden zu "Gitter-Mosaiken" zusammengesetzt.
"Einfach schön", sagte Kim Davey, Vater Peter meinte: "Ich finde das einfach eine gute Idee, dass Menschen, egal ob behindert oder nicht, gemeinsam aktiv werden." Für den Kunstlehrer am Regiomontanus-Gymnasium war die Stippvisite im Mehrgenerationenhaus ein Pflichtbesuch. Für ihn wäre es "wichtig, dass alle zukünftig mehr Zeit miteinander verbringen." Dafür war die Veranstaltung sehr gut geeignet. "Kunst", sagte er, "verbindet auch. Und das ist sehr wichtig."
Konzentriert bei der Arbeit waren Denise Benischek und Renate Lenitschek von der Außengruppe Hofheim der Rummelberger Dienste. "Das finden wir einfach schön", waren die beiden Frauen schnell einer Meinung, ehe sie sich gleich wieder intensiv ihren Täfelchen widmeten, auf denen ein Meer sowie ein Haus entstanden.
Ein ungezwungenes Experiment
"Die Teilnehmer können einfach mit den Farben spielen und sie mischen, ohne dass etwas passiert. Das ist hier das Wichtigste", erklärte Neunhoeffer, Dozent an der Akademie Faber Castell. Für ihn persönlich war die Aktion äußerst gelungen. "Ich finde es ganz toll, Menschen zusammenzubringen und einfach Farbe zu zeigen", sagte er: "Ja, wir sind bunt." Die Arbeit mit Menschen mit Handicap, die für ihn nichts Neues ist, bereitete ihm viel Spaß. "Sie sind unvoreingenommener als viele andere Menschen, die an ihren eigenen Ideen scheitern, und gehen ungezwungener an Aufgaben heran. Das macht es oftmals einfacher."
Die Resonanz an dem verregneten Sonntagnachmittag war wirklich beeindruckend. Im Café Bistro gab es zeitweise keinen freien Platz mehr.
Das Herz unterm Dachgeschoss
Und auch im Dachgeschoss, in dem Hannelore Heider angesichts des Themas "Herz" viele verschiedene Herzen für ein Gesamtkunstwerk gestalten ließ und damit Jung und Alt begeisterte, ging es sehr eng zu. "Das ist sehr wichtig, gleichzeitig wunderschön, und es macht viel Spaß", meinte, die Künstlerin aus Ebelsbach. Die Freude war ihr förmlich anzusehen.
Für sie ist es "ganz wichtig", entspannende Situationen zu schaffen, auf die Menschen einzugehen und ein gutes Verhältnis aufzubauen. Die Arbeit mit behinderten Menschen bezeichnete sie ebenso wie Andreas Neunhoeffer als "sehr wertvoll."
Mit charismatischem Auftreten begeisterte zu guter Letzt der Würzburger Michael Herold viele Zuhörer, die teilweise bis zu 100 Kilometer weit angereist kamen, im "Raum der Begegnung" des Stadthauses der Lebenshilfe Haßberge. Dank lustiger, aber auch tiefgreifender Geschichten aus seinem Leben mit Behinderung, sorgte der 34-jährige Filmemacher und angehende Autor zum einen für viele Lacher, regte auf der anderen Seite auch zum Nachdenken an.
Dabei erzählte Herold, der seit seiner Geburt an Muskelschwund leidet, wie er gelernt hat, aus seiner "größten Schwäche" Kraft zu schöpfen und sie zu seiner hervorstechendsten Stärke zu machen. Er lud mit seinen persönlichen Anekdoten zum Umdenken ein und inspirierte mit leicht verständlichen und nachvollziehbaren Anleitungen das Publikum dazu, selbst ihren Träumen zu folgen und diese in die Tat umzusetzen. Seine Kernaussage: "Wirkliche Hindernisse gibt es eigentlich nur in unserer Vorstellung."
Nach der Diskussion mit dem Publikum war klar, dass diese Nachricht in vielen Köpfen angekommen ist. Das Hauptziel, den Abbau von Barrieren und Berührungsängsten aller Beteiligten in ungezwungener und herzlicher Atmosphäre zumindest ein Stück weit voranzutreiben, ist bei der Premiere von "Wir, bunt, gemeinsam" erreicht worden.
"Wenn Menschen die gleiche Idee verfolgen und auf Augenhöhe zusammen arbeiten, kann mit einfachen und interessanten Mitteln ein Tag wie dieser erfolgreich gestaltet werden", resümierte die Leiterin der Einrichtung, Gudrun Greger. Die vielen Familien zeigten, "dass ein gelebtes Miteinander auf einfache Art und Weise möglich ist", betonte Greger: "Alle Akteure dieser Aktion stellen ein riesiges Potenzial dar, zur Umsetzung des wirklichen inklusiven Gedankens."