Druckartikel: In Ebern ist Geduld in Sachen VW gefragt

In Ebern ist Geduld in Sachen VW gefragt


Autor: Sarah Seewald

Ebern, Donnerstag, 29. Oktober 2015

Wie geht es mit den VW-Dieselmotoren weiter? Das fragen sich betroffene Kunden wie Lucas Pennewitz. Der regionale Vertragspartner Norbert Sorg sieht aber keinen Grund zur Panik.
Nicht jeder Volkswagen, der durch die Straßen in Ebern fährt, ist von dem VW-Abgasskandal betroffen. Foto: Sarah Dann


Die gute Nachricht ist: Auch die Skandal-Motoren-Autos sind auf den Straßen sicher unterwegs. Selbst wenn ein Auto den EA 189 Dieselmotor von Volkswagen eingebaut hat, schränkt das die Tauglichkeit des Fortbewegungsmittels nicht ein. "Mit Hochdruck" arbeitet der größte deutsche Automobilkonzern seit nun über einem Monat an der Behebung. Immer neue Meldungen wie diese Woche über den erwarteten 3,5-Milliarden-Verlust kursieren in den Medien. Doch welche Folgen haben die manipulierten Abgaswerte für die Kunden?

Norbert Sorg, Geschäftsführer bei Gelder und Sorg, ist davon überzeugt: "VW wird eine Lösung entwickeln und den Haltern der betroffenen Fahrzeuge wird geholfen." Gelder und Sorg betreibt Autohäuser in ganz Franken - eines davon steht in Ebern. Zum Portfolio zählen Fahrzeuge der Marken VW, Audi und Skoda - die alle von der aktuellen Abgas-Affäre betroffen sind.




Golf der sechsten Generation

Auch Lucas Pennewitz fährt einen manipulierten Volkswagen. Genauer gesagt fährt der 25-Jährige einen Golf sechs, zwei Liter TDI. "Im ersten Moment war mir noch nicht bewusst, dass mich das auch betreffen könnte", erinnert er sich. Als dann die Zwei-Liter-TDI-Motoren ins Spiel gebracht wurden, hat er sich schnell eines besseren belehren lassen. "Dass mir Sachen beim Kauf vorgespielt wurden, das ist schon eine Marke", sagt Pennewitz, der in Breitengüßbach wohnt.

Beim Fahren beunruhigt hat ihn die Gewissheit falscher Abgaswerte eigentlich nicht. Er will, dass die Sache aufgeklärt wird, und wissen, welche Nebenwirkungen die Maßnahmen - das angekündigte Software-Update - auf die Leistung oder den Spritverbrauch seines Autos haben wird: "Wie die das genau machen wollen, die Stickoxide runterzuschrauben, ist mir noch nicht klar." Pennewitz ist selbst in der Automobilbranche tätig, hat Fahrzeugelektronik studiert und ist jetzt im Bereich Entwicklung tätig - allerdings "weit entfernt" von der Abgasthematik, erklärt er.

Die VW-Händler oder Vertragswerkstätten vor Ort können Kunden wie ihm auch noch nicht wirklich weiterhelfen. Norbert Sorg stellt klar, dass er zu der aktuellen Situation des Wolfsburger Autobauers und seinen Ablegern nicht viel sagen könne. Man müsse abwarten, was der Konzern weiter kommuniziere. Er werde jede neue Information aus der Zentrale direkt an die Endverbraucher weitergeben.

Der erste Schritt für jeden Kunden sollte sein, den Fin-Test auf der Internetseite des Herstellers zu machen. Was ist der Fin-Test? Auf www.volkswagen.de/info kann jeder VW-Fahrer die Fahrzeug-Identifizierungsnummern (Fin) eingeben. Nachdem er "Jetzt prüfen" klickt, erfährt der Fahrzeughalter zumindest, ob sein Motor wie der des Golfs von Lucas Pennewitz betroffen ist oder nicht.

Sorg sagt, dass der Dieselskandal in seinem Hause bislang keine Kundenflucht ausgelöst habe. "Wir haben treue Kunden, die weiter hinter der Marke stehen. Sie vertrauen darauf, dass eine Lösung gefunden wird", sagt Sorg.


Kunden müssen Geduld beweisen

Über der Online-Kundeninformation des Automobilbauers ragt ein VW-Schild hoch in den Himmel hinaus - blau aber wolkenverhangen. Die werden auch so schnell nicht verpuffen, denn im nächsten Schritt bittet der Hersteller seine Kunden erst mal um Geduld. "Mich hat bisher überhaupt niemand kontaktiert", sagt Pennewitz. Auch anders herum wartet er erst einmal weiter ab.

Abgewickelt werden die bevorstehenden Rückrufe und Überarbeitungen von Vertragswerkstätten vor Ort, so wie denen von Gelder und Sorg. Wie groß der Andrang der Kunden sein wird, wenn es in die heiße Phase der Rückrufe geht, vermag der Unternehmer noch nicht einzuschätzen.
Er warnt aber generell vor einer Skandalisierung der Affäre, die auf dem amerikanischen Markt ihren Ursprung nahm: Man dürfe die Dimension nicht überbewerten. Sicher seien Fehler gemacht worden vom VW-Konzern. Und ja, es sei unverantwortlich, Umweltfreundlichkeit zu heucheln. Jedoch seien "alle betroffenen Fahrzeuge nach wie vor verkehrssicher und nicht gefährlich für ihre Fahrer".

Anders, weist Sorg hin, sei es etwa bei einem Zündschloss-Defekt des amerikanischen Autobauers General Motors gewesen, der wohl weniger Konsequenzen nach sich ziehe. Dabei hatte der Fehler mehrere Todesfälle zur Folge. Bei dem US-Unternehmen gingen laut Medienberichten 4342 Schadensersatzforderungen für Todes- und Verletzungsopfer ein. Dieser Fall der Kategorie "technische Panne" fällt auch Pennewitz direkt ein. Bei dieser Panne ging es um Leben und Tod.

Bei VW geht es für Pennewitz um Vorsatz. Deshalb: "Veräppelt fühle ich mich eigentlich schon, ja", sagt er. Bislang ist der Test mit der Fahrgestellnummer noch das einzige, was sowohl die Kunden als auch die Autohäuser machen können.

Die Nummer steht im Fahrzeugschein oder an der unteren Seite der Windschutzscheibe. Ein Problem könnte es werden, wenn Wagen mit bestimmten Dieselmotoren nicht mehr in die Innenstädte dürften, weil sie keine Umweltplakette bekommen. Auch eine Erhöhung der Steuer wäre ein denkbares K.O.-Kriterium für VW-Fahrer. "Für mich ist das Entscheidende, welche Folgen nach dem Update spürbar werden. Da bin ich gespannt", sagt Lucas Pennewitz. Bei einem deutlich höheren Spritverbrauch zum Beispiel würde er vielleicht über einen Autowechsel nachdenken.

hst/sd