In den Himmel mit Wilhelm Busch
Autor: Johanna Eckert
Ebern, Freitag, 04. April 2014
In einem Gemeinschaftswerk der Fachbereiche Dramatisches Gestalten, Kunst und Musik stellten 30 Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Rückert-Gymnasiums Ebern die Seele des Literaten vor das himmlische Gericht.
Wilhelm Busch ist am Friedrich-Rückert-Gymnasium in Ebern Gewinner auf voller Linie. Nicht nur, dass er mit seinen Geschichten und Karikaturen bei der Stückauswahl zu Beginn des Schuljahrs auf dem ersten Platz landete: "Ich habe den Schülern der Theatergruppe drei Stücke vorgeschlagen. Sie durften dann demokratisch entscheiden, welches Stück wir in diesem Jahr verwirklichen. Die Entscheidung war zwar knapp, aber Busch ist es geworden", kommentiert Gisela Dautel, die für die Gesamtleitung des Projekts verantwortlich war, Buschs Erfolg.
Ein weiterer Sieg: Buschs Seele muss nicht in der Hölle braten, sondern darf im ewigen Frieden ruhen. So steht es im Textbuch "Wo bleibt da die Moral, Herr Busch?" von Norbert Franck, welches die Theatergruppe - mit eigenen Pointen verfeinert- auf der Bühne darstellt.
Aus Kinderzeiten ist Wilhelm Busch mit seinen Bildergeschichten und Streichen vielen bekannt. Buschs Seele, aufgrund irgendwelcher Inhalte seiner Werke in die Hölle zu schicken, ist dabei sicher nicht der nächstliegende Gedanke. Doch die höllischen Ankläger, eindrucksvoll teuflisch dargestellt von Fenja Jahn und Indra George, werfen dem Dichter eine ganze Reihe von Entgleisungen in seinem irdischen Leben vor: "Sadismus, Alkoholismus, Sexismus, Antisemitismus, Verspottung der Kirche und der gängigen Moral des 19. Jahrhunderts in seinen Werken. Es bleibt zu prüfen, ob Herr Busch dieser Verfehlungen nicht nur ersonnen und gezeichnet, sondern auch gelebt hat."
Keiner Schuld bewusst
Simon Arnold verkörpert Wilhelm Busch während des Moritatenabends in Perfektion. Effektvoll steigt er umhüllt von blauem Nebeldunst aus dem Sarg, um auf der Anklagebank Platz zu nehmen. Nach über 100 Jahren öder Monotonie im Jenseits soll er sich nun rechtfertigen. Er ist sich keiner Schuld bewusst. Denn, um die Situation einer seiner Figuren zu nennen: "Frau Bolte ist eine Figur aus meiner Fantasie. Sie erleidet das, was ich mir für sie ausdenke." Die Inhalte schreibt er bewusst, "damit auch der makabre Schluss" funktioniert. Aber für ihn sind es doch nur Geschichten.
Und diesen Geschichten begegnet Wilhelm Busch auf der Anklagebank vor dem himmlischen Gericht persönlich. Einige seiner Kreaturen werden von den Untersuchungsrichtern Uriel und Juriel, gespielt von Franziska Hofmann und Janina Klemm, zur Aussage in den Zeugenstand gerufen. Hosanniel (Lina Rieß) hat dabei als himmlische Assistentin alle Hände voll zu tun, die Leidensgeschichten der Charaktere in Versform den höllischen Anklägern im Detail zu schildern
Witwe Bolte, dargestellt von Stefanie Müller, erzählt schmerzlich über ihren Untergang als Geflügelzüchterin durch die bösen Streiche der Buben Max und Moritz. Auch der Ehemann von Frau Böck (Christine Hain) ist ein Opfer des Unsinns der kriminellen Burschen. Eine angesägte Brücke hatte ihn ins Wasser fallen lassen. "Es waren Gänse, die ihn retteten. Ich hielt es für eine poetische Idee, dass er sich an ihnen festklammert und fliegend ans Ufer gelangt", mischt sich Wilhelm Busch zu seiner Verteidigung in das Zeugengespräch ein. Er darf es selbst spüren, das Bügeleisen auf dem Bauch. So wollte Frau Böck ihren Mann zur Genesung bringen.
Ein schöneres Ende
Buschs sündige Seele wird weich während der Verhandlung. Die fromme Helene (Anna Mona Steinert) bekommt eine Liebeserklärung und verzeiht Busch das Schicksal, welches sie in seiner Geschichte erleiden muss. Denn er verspricht: "Wenn ich es nochmal mit dir zu tun hätte, ich würde mir ein schöneres Ende für dich ausdenken, Helene."
Und das Ende für Busch? Alle Argumente der höllischen Ankläger nützen nichts. Seine himmlischen Pflichtverteidiger haben gute Arbeit geleistet. Der oberste Richter beordert Wilhelm Busch direkt zu sich ins Paradies. Er möchte geistreiche Seelen um sich haben, die den Laden ordentlich aufmischen.
Denn: Busch war ein Kind seiner Zeit, der die Missstände der damaligen Gesellschaft und die gegeben Doppelmoral in seinen Geschichten widerspiegelte, um zu unterhalten, zu kritisieren und auch wachzurütteln.