Bierverköstigung: Immer rein - so lautet das (ob-)erste Gebot
Autor: Ralf Kestel
Reutersbrunn, Montag, 14. März 2016
Zum Jubiläum des Reinheitsgebots wurden bei den Kulturfreunden aus Reutersbrunn acht Sorten aus ganz Franken getestet. Das soll künftig öfter passieren.
Nein, es war keine Schnapsidee. Es ging (bier-) ernsthaft ums Reinheitsgebot, das Bayerische und das - einige Jahr ältere - Bamberger. Die Diskussion am Stammtisch mündete letztlich in den Entschluss, zum 500. Jubiläum dieser ältesten Lebensmittelvorschrift auf den Grund zu gehen. Dazu wurde tief ins Glas geschaut. Im Spannungsfeld zwischen Bier(tisch)-Tradition, Lebensmittel-Überwachung und Geselligkeit fand in der alten Schule eine Verköstigung des edlen Gerstensaftes statt. Veranstalter war der Kulturverein.
Und dessen Organisatoren erlebten so einen positiven Zuspruch, dass gleich der Wunsch nach einer wöchentlichen Wiederholung laut wurde. "Das ist sicher nicht realistisch", meint Organisator Ralph Drescher, auch mit Blick auf die Wirtschaft in der Nachbarschaft. Aber eine Neuauflage im Herbst kann er sich durchaus vorstellen.
Bei nicht einmal 150 Einwohner hatte Reutersbrunn bis vor einem Jahr noch zwei Dorfwirtshäuser. Mit diesem Einwohner-/Gasthaus-Koeffizienten von 72 wäre der Stadtteil beim Gemeinde-Ranking unserer Zeitung vor wenigen Tagen weit vorne in der Rangliste der Kneipendichte gelegen. Mittlerweile wurde ein Gasthaus umgebaut, doch Bierkultur wird immer noch großgeschrieben.
Einer Umfrage und Vorschlagsliste folgte eine Erkundungstour. "Wir waren über 200 Kilometer unterwegs", erzählt Heinrich Schneider. Forchheim, Theinheim, Mönchsambach, Hallerndorf waren einige der Einkaufsstationen der Frankenrallye der Bierexperten. Getreu dem Ursprungstext des Reinheitsgebotes, in dem nur von Malz, Hopfen und Wasser, nicht aber von Hefe die Rede ist, blieben Weizen-Biere außen vor.
Schlammersdorfer meist gefragt
"Bockbier würde ich beim nächsten Mal auch nicht mehr vorsehen", lautete die Bilanz von Ralph Drescher, als kurz nach Mitternacht Bilanz gezogen wurde. Einige der Besucher hatten zu diesem Zeitpunkt alle acht Sorten, die zur Auswahl standen, getestet - und fünf Marken waren am Ende vergriffen. Das Bier war günstig, süffig und üppig vorhanden", so das Resümee eines Besuchers.
Im Preis von 1,50 Euro pro Seidla war auch schon die Saalmiete eingerechnet (50 Euro zu Gunsten des Stadtsäckels).
Meist gefragt war das unfiltrierte Landbier der Brauerei Witzgall aus Schlammersdorf (5,2 Prozent) vor dem Export der Mönchsambacherer Brauerei von Stefan Zehendner (5,2 Prozent). Auf Rang 3 landete das "Räuschla" der Brauerei Knoblach aus Schammelsdorf (5,1 Prozent).
Deftige fränkische Brotzeit
Die Koster vertrauten nicht nur auf ihre Zunge, sondern - kein Schwindel - studierten fachmännisch die Flaschen-Etiketten, wobei der "Urstoff" aus der Bierwerkstatt Göller in Drosendorf an Zeiten der Bluna-Werbung erinnerte."Das fünfte Bier will genau überlegt sein, weil danach ist Schluss", gelobte ein Sommelier, dem die Vorgänger-Sorte "zu bitter" gewesen war. "Des brauch' ich nicht mehr."
Die Geschmacksnerven beruhigt wurden mittels deftiger Brotzeit: Bauernbrot aus Ützing, Presssack aus Pfarrweisach, selbst eingelegte Gurken und Griebenfett-Schnitten. Dazu Hausmusik aus Kraisdorf mit Verstärkung aus Breitengüßbach, aber ohne Verstärker. Als Trio "Passt schoo" haute Hilmar Martin zusammen mit Sohn Matthias auf die Tasten und dessen Schwager Thomas Kistner in die Saiten. "Erst war es ein Musiker, der zugesagt hat, jetzt haben wir drei", freuten sich Zuhörer über die Stubenmusik.