Im Zeichen des Kreuzes

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Günter Rocznik, Kulturbeauftragte Renate Ortloff und Pfarrer Peter Hohlweg (von links) bei der Eröffnung der AusstellungFoto: Wolf Bach
Günter Rocznik, Kulturbeauftragte Renate Ortloff und Pfarrer Peter Hohlweg (von links) bei der Eröffnung der AusstellungFoto: Wolf Bach
Die Bilderfolge "welch ein Kreuz" von Dieter Kraft.
Die Bilderfolge "welch ein Kreuz" von Dieter Kraft.
 
Das Kreuz mit dem Titel "nur, wer sich entscheidet, existiert" von Dieter Kraft.
Das Kreuz mit dem Titel "nur, wer sich entscheidet, existiert" von Dieter Kraft.
 
Die eindrucksvolle Kreuzes-Tür von Günter RocznikFoto: Günther Geiling
Die eindrucksvolle Kreuzes-Tür von Günter RocznikFoto: Günther Geiling
 
Der Doppeldruck "eli, eli, lema sabachthani" von Dieter Kraft
Der Doppeldruck "eli, eli, lema sabachthani" von Dieter Kraft
 

Günter Rocznik und Dieter Kraft zeigen in der Marienkirche in Königsberg Reflexionen über das "uralte Menschheitssymbol", das Kreuz.

"Das Kreuz versteht sich nicht von allein. Zum Kreuz, zumindest in der christlichen Ausprägung gehört das Wort vom Kreuz, wie der Apostel Paulus sagt. Es braucht die Deutung, die Botschaft dieses uralten Menschheitssymbols." Dies sagte Pfarrer Peter Hohlweg bei der Eröffnung der "Kreuz-Ausstellung" in der Marienkirche in Königsberg. Mit ihren Ausstellungsstücken kommen die Künstler Günter Rocznik und Dieter Kraft gerade dieser Aufforderung nach, die Bedeutung des Kreuzes in ihren Arbeiten auszudrücken, aber auch Botschaften an den Betrachter zu geben. Die Ausstellung ist bis zum 23. November zu sehen.

Pfarrer Hohlweg erinnerte an das "Alte Testament", wo es heißt "verflucht ist, der am Holze hängt". Dass das christliche Kreuz zum Symbol einer Weltreligion wurde, habe mit Jesus zu tun, der vor über 2000 Jahren an dieses Kreuz in Jerusalem geschlagen wurde. Es habe auch damit zu tun, wie die Geschichte weitererzählt wurde. "Der Gekreuzigte blieb nämlich nicht im Tode, sondern ist auferstanden und hat den Tod überwunden - nicht nur für sich, sondern für alle".

Oft als Schmuck getragen, sei das Kreuz Bekenntniszeichen oder auch Herrschaftszeichen gewesen. Im Namen des Kreuzes seien auch Verbrechen verübt worden. "Was wir heute aber oft vergessen, ist die segensbringende Kraft des Kreuzes. Unter dem Kreuz fanden und finden Unzählige Hoffnung und Trost. Friede wurde und wird im Zeichen des Kreuzes gestiftet."


Einst Spottsymbol

Pfarrer Hohlweg wies darauf hin, dass das Kreuz bis ins dritte Jahrhundert als Spottsymbol verwendet wurde. Erst im vierten Jahrhundert habe es Eingang in die christliche Ikonographie gefunden. Am Kreuz starben die Verurteilten in einem langen qualvollen Todeskampf, und es gebe wohl in der Menschheitsgeschichte keine perfidere Art, einen Menschen zu Tode zu bringen, als ihn ans Kreuz zu schlagen. Der Theologe Jürgen Moltmann habe in den 1970er Jahren sein Werk "Der gekreuzigte Gott" geschrieben und in ihm die Pointe des christlichen Glaubens herausgestellt: "Gott, der Schöpfer, tritt in seine Schöpfung nicht als strahlender Held, sondern als der Notleidenste und Elendste und wird damit Anwalt aller Elenden und Notleidenden."


Dieter Kraft

Die Kulturbeauftragte des Landkreises, Renate Ortloff, stellte dann die beiden Künstler vor. Das Anliegen von Dieter Kraft aus Ebelsbach sei es, "Dinge so zeigen, wie man sie auch sehen könnte." Er verstehe es, durch genaue Betrachtung "dem Negativen das Positive zu schenken". Kraft habe sich bereits in den letzten Jahren am Gymnasium und während des Studiums in mehreren künstlerischen Ausdrucksformen versucht, so in der Aquarellmalerei, der Gouache, dem Linoldruck und Holzschnitt.
Mit der ersten eigenen Kamera entdeckte er in dieser Zeit die Liebe zur Fotografie und richtete sich bald eine Dunkelkammer im Keller ein. Nun konnte er Fotos so bearbeiten, dass sie nicht nur ein realistisches Abbild der Wirklichkeit wiedergaben. Sie wurden so verändert, bis sie so aussahen, wie sie der Fotograf wollte.

Seit 1996 sei Dieter Kraft Mitglied der Radierwerkstatt Schweinfurt und erlernte hier alle Techniken des Tiefdrucks: Kaltnadelradierung, Ätzradierung, Mezzotinto, Verni Mous und die klassische Farbradierung von drei oder noch mehr Platten. "Immer wieder suchte und fand er neue Wege der Ausdrucksform. Die Aussagen, die er damit machen will, sind allerdings noch die gleichen wie vor Jahren. Er zeigt, dass Ausschnitte für ihn genauso wichtig sind wie das Ganze, dass etwas Negatives nicht negativ sein muss, sondern die gleiche Schönheit haben kann wie das Positive."


Günter Rocznik

"Vom künstlerisch tätigen Sozialarbeiter zum sozial-engagierten Künstler" beschrieb Renate Ortloff den Weg von Günter Rocznik. Bereits als Schüler sei er mit Mal-Utensilien per Anhalter in Europa unterwegs gewesen und habe sich von anderen Ländern und Kulturen inspirieren lassen. Nach dem Studium der Sozialpädagogik habe er in Paris seine ersten Bilder verkauft. 1988 gründete er seine erste Galerie und von da an konzentrierte er sich auf die eigene, künstlerische Tätigkeit und Ausstellungsorganisation. Weit über 100 Veranstaltungen gingen auf sein Konto.

13 Jahre lang sei sein Arbeitsplatz in der "alten Schuhfabrik" in Pfarrweisach gewesen, für ein paar Jahre arbeitete er in der Nähe von Salzburg und seit Sommer 2016 lebe und arbeite er im Asylbewerberheim in Eckental bei Nürnberg. Mit seiner Galerie "Zwischenraum20" verfolge er dort ein Sozialprojekt, das ihn einmal mehr mit dem ihm liebgewonnenen Symbol, dem Kreuz, arbeiten lasse.

Günter Rocznik betonte, dass dies für ihn "eine säkulare Beschäftigung mit religiösen Werten ist, getragen von einer würdevollen, achtsamen Betrachtung und einem ebensolchen Umgang mit dem Thema." Er versuche, neue Sichtweisen zu erschließen, "in der Hoffnung auf eine gerechtere Welt." Am Anfang seiner bildnerischen Arbeit habe er das Kreuz noch mehr als Symbol verwendet, meist am Rande eines Gemäldes, um dem Bild mehr Glaubwürdigkeit, Achtung und Würde zu geben. Später rückte das Kreuz mehr in den Mittelpunkt und wurde eine Art Bildträger, um Botschaften oder Inhalte zu transportieren.

Ausgangspunkt seiner Werke ist dabei eine Materialgestaltung auf stabilem Untergrund eingearbeitet mit Spachtelmasse und Pappmaché. Grelle Töne werden durch verdünnten Farbaufstrich zart und detailliert wieder überdeckt. Schicht für Schicht gelegte Farbschleier führten in die Tiefe des Raumes. Die Weiterentwicklung einer Form im Material und seiner Gestaltung machen das Verborgene sichtbar und das Sichtbare verborgen.

Günter Rocznik hat seine Werke mit dem Titel überschrieben "Fragilität des Seins Nr. 1", während Dieter Kraft den Luther-Spruch "Nur wer sich entscheidet, existiert" in den Mittelpunkt stellt, aber auch besondere Aussprüche wie "welch ein Kreuz", "ecce homo" oder "eli, eli, lema sabachthani" zum Ausdruck bringt. Eine interessante Ausstellung, welche die Zerbrechlichkeit des Lebens symbolisiert, aber auch durch den leidenden Christus für Heil und die Heilwerdung des Menschen steht.
Die Veranstaltung wurde musikalisch von Martina Schroers auf der Harfe umrahmt und im Publikum gab es beim Betrachten der Kunststücke intensive Gespräche.