Im Handwerk brummt die Konjunktur

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Auf ein gutes Gelingen des Neuen Jahres 2018 stoßen hier an (von links) Landrat Wilhelm Schneider, MdL Steffen Vogel, HWK-Präsident Walter Heußlein, Kreishandwerksmeister Hans-Georg Häfner und Paul Ludwig, Hauptgeschäftsführer der HWK-Unterfranken.Günther Geiling
Auf ein gutes Gelingen des Neuen Jahres 2018 stoßen hier an (von links) Landrat Wilhelm Schneider, MdL Steffen Vogel, HWK-Präsident Walter Heußlein, Kreishandwerksmeister Hans-Georg Häfner und Paul Ludwig, Hauptgeschäftsführer der HWK-Unterfranken.Günther Geiling
Blick in die Reihen der zahlreichen Gäste beim Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft Haßberge im "Klenze-Saal" in Eltmann.
Blick in die Reihen der zahlreichen Gäste beim Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft Haßberge im "Klenze-Saal" in Eltmann.
 
Viel Anerkennung erhielt der Jugendchor "Cantarella" unter der Leitung von Sonja Wissmüller mit seinen spritzigen Ohrwürmern und Medleys.
Viel Anerkennung erhielt der Jugendchor "Cantarella" unter der Leitung von Sonja Wissmüller mit seinen spritzigen Ohrwürmern und Medleys.
 

Die Handwerker im Landkreis Haßberge sind zufrieden. Sorgenfalten löst der Nachwuchsmangel aus.

"Ein wirtschaftlich erfolgreiches Jahr liegt hinter uns. Die Handwerksbetriebe im Landkreis Haßberge erwirtschafteten bei gleichbleibender Beschäftigtenzahl einen Umsatz von 706 Millionen Euro, was einem Plus von 6,5 Prozent entspricht. Auch die Prognosen sind gut. Große Sorge bereitet mir aber die Bewältigung der vorhandenen Arbeitsleistung für 2018. Die Fachkräftelücke fordert das Handwerk und bringt es über die Kapazitätsgrenze." Dies betonte Kreishandwerksmeister Hans-Georg Häfner beim Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft Haßberge im Klenze-Saal in Eltmann vor zahlreichen Vertretern des Handwerks, der Wirtschaft und von Behörden.
Bei einem geschätzten Auftragsplus für 2018 von 1,3 Prozent stellte der Handwerksmeister mit mehr als 50-jähriger Berufserfahrung und als kontinuierlicher Ausbildungsbetrieb im Elektrohandwerk die Frage, wohin die in der Industrie geforderte 28-Stunden-Woche das Handwerk und Deutschland bringe. Als Erstes werde die Fluktuation der vom Handwerk Ausgebildeten zu den Betrieben mit 28-Stunden-Woche mit größer Geschwindigkeit zunehmen.


70 Euro in der Stunde?

Würde dies kommen, bleibe dem Handwerk nicht anderes übrig als nachzuziehen, und das bedeute, dass handwerkliche Dienstleistungen in Zukunft auch auf dem Lande rund 70 Euro pro Stunde kosten. Der finanzielle Aufwand für Haus- und Wohnraumbauen würde damit um 30 Prozent ansteigen. Diese Fluktuation würden aber auch Kommunen und alle anderen Dienstleister zu spüren bekommen.
Sein Wunsch war es, dass sich alle Praktiker an einen Tisch setzen und nach Lösungen für alle Bürger suchen. Auch mit Zuwanderung könne man die Arbeitsplätze auf Dauer nicht besetzen. Das werde zwar punktuell funktionieren, in der Mehrzahl aber nicht. Es seien nämlich immer die gleichen Werte, Eigenschaften und Voraussetzungen, welche den Unterschied bildeten.
Wer es genau wissen wolle, der sollte in ein entsprechendes Land gehen und einige Zeit mit den dortigen Leuten arbeiten und leben, betonte Kreishandwerksmeister Häfner mit Blick auf seine berufliche Tätigkeit in mehr als 20 Ländern. Auf den Kreis eingehend meinte er "wenn wir alle unsere Jugendlichen im Kreis Haßberge in Ausbildung bringen, dann haben wir etwas gekonnt. Der technische Fortschritt fordert unsere Betriebe heraus, die Qualifikation des Personals steigt auch bei uns, packen wir es an!"


Alternative zum Studium

"Das Handwerk ist das wirtschaftliche Rückgrat unseres ländlichen Raumes. Wir haben im Landkreis mehr Menschen im Handwerk beschäftigt als in der Industrie. Das Handwerk gibt unserem ländlichen Raum Stabilität und immerhin bringt das Handwerk in Unterfranken einen Umsatz von zehn Milliarden Euro bei 95 000 Beschäftigten." Dies betonte der Landtagsabgeordnete Steffen Vogel (CSU) in seinem Vortrag. Er bedauerte, dass sich die Politik oft eher an den "Großen" orientiere, ihm sei aber die Bedeutung des Handwerks und Mittelstands bewusst.
"Wer ausbildet, gibt jungen Menschen damit eine Perspektive. Das Handwerk bietet auch gute Karriere-Chancen. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Handwerk auch Zukunft hat. Erfreulicherweise sind die Auftragsbücher voll." Dazu seien die Rahmenbedingungen derzeit sehr gut. Man habe eine Rekordbeschäftigung, und in Bayern seien in den letzten zehn Jahren über eine Million neue sozialversicherungspflichtige Jobs dazugekommen. Bei 2,4 Prozent Arbeitslosigkeit könne man faktisch von einer Vollbeschäftigung sprechen, und Jugendarbeitslosigkeit sei gar nicht vorhanden. Das Problem der guten Konjunktur führe sogar zum Problem des Fachkräftemangels, wo laut IHK jetzt schon 227 000 Fachkräfte fehlten - 31 000 Akademiker und 195 000 beruflich Qualifizierte.


Bildungsoffensive in Bayern

"Deshalb ist es wichtig, mehr Jugendliche für eine Ausbildung anstelle eines Studiums zu gewinnen. Auch in Bayern werden immer weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen, und im vergangenen Jahr blieb mehr als jeder zehnte Ausbildungsplatz unbesetzt. Den Akademisierungswahn halte ich deshalb für völlig falsch!" So malte er für die Zukunft das Bild an die Wand, dass drei studierte Sozialpädagogen auf den 70-jährigen Handwerker warteten, der ihnen die Heizung einstelle. "Wir müssen den jungen Menschen deutlich machen, dass eine Berufsausbildung eine gleichwertige Ausbildung ist, vielleicht sogar die bessere Alternative zum Studium."
Die Bayerische Staatsregierung habe gehandelt und deshalb 32 Millionen Euro für die berufliche Bildung eingestellt, den "Meisterbonus" angehoben und zusätzlich zehn Millionen Euro für Investitionen in Bildungseinrichtungen der Wirtschaft flüssig gemacht. Auch die Bildungsstätten wolle man auf dem technisch neuesten Stand haben. So gebe es ein "Digitalisierungsprojekt" der Handwerkskammer Unterfranken mit dem Frauenhofer-Institut.


Baustelle Datenautobahn

Außerdem hielt der CSU-Politiker die Frage der Digitalisierung für eine Herausforderung. "Wir brauchen keine Daten-Feldwege, sondern Daten-Autobahnen. Deshalb ist der Masterplan Bayern Digital sinnvoll. In den kommenden fünf Jahren werden wir weitere drei Milliarden Euro in die digitale Zukunft Bayerns investieren mit dem Ausbau eines gigabitfähigen Glasfasernetzes bis 2025, 40 000 WLAN-Hot-Spots und der Aufrüstung der Schulen unter dem Stichwort: Digitales Klassenzimmer mit Informatik als Pflichtfach." Außerdem gehe es um zugkräftige Initiativen für künftige Schlüsseltechnologien, von der künstlichen Intelligenz über den 3-D-Druck bis hin zum autonomen Fahren.
MdL Steffen Vogel streifte auch die Koalitionsverhandlungen vor dem Hintergrund der Selbstständigkeit und eines Handwerksbetriebes. Hier habe man die Sorgen und Anliegen aus den Betrieben im Blick und sei deswegen gegen Steuererhöhungen, insbesondere auch beim Spitzensteuersatz und Vermögenssteuer sowie gegen eine Erbschafssteuererhöhung. Diese würde Betriebe bei der Übergabe kaputtmachen und damit auch Arbeitsplätze. Auch für den Wegfall des Solidaritätszuschlages spreche man sich aus.


Werbetrommel rühren

Auch Landrat Wilhelm Schneider (CSU) bezeichnete die wirtschaftliche Lage im Landkreis Haßberge als ausgezeichnet. Bei der Fülle der anstehenden Aufgaben könne man deswegen trotzdem voller Optimismus ins neue Jahr starten. Das gelte auch für das Handwerk, das bester Stimmung sei, weil die Auftragsbücher soll seien und die Umsätze sehr positiv. Natürlich stünden der guten wirtschaftlichen Situation auch Unwägbarkeiten gegenüber wie der Lehrlings- und Fachkräftemangel. In vielen Handwerksbereichen werde es immer schwerer, angebotene Lehrstellen zu besetzen.
Die Handwerksmeister forderte der Landrat auf: "Rühren sie kräftig die Werbetrommel in eigener Sache, um das Image der Handwerksberufe zu verbessern. Lassen sie uns gemeinsam noch mehr für das Handwerk klappern!"
Eine gute Gelegenheit dazu sei zum Beispiel die zentrale Ausbildungsbörse des Landeskreises mit dem Freundeskreis der Heinrich-Thein-Berufsschule am 10. März in Haßfurt. In diesem Zusammenhang betonte Landrat Schneider, dass der Landkreis in den nächsten Jahren rund 25 Millionen Euro für die Generalsanierung der Berufsschule in die Hand nehme. Das sei ein großer finanzieller Kraftakt, und diese gewaltige Investition unterstreiche den Stellenwert dieser Schule und der beruflichen Bildung im Landkreis.


Der Wille fehlt nicht ...

"Beständigkeit und Wandel - dafür steht das Handwerk wie kein anderer Wirtschaftszweig", betonte der Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken, Walter Heußlein. Ein Thema war für ihn, dass die Energie bezahlbar bleibe und diese den wirtschaftlichen Erfolg des Handwerks auch in der Zukunft sichere. Dabei könne es nicht sein, dass kleine und mittlere Handwerksbetriebe bei der EEG-Umlage gegenüber Industriekonzernen benachteiligt würden. Das Jahr 2017 sei aber hinsichtlich der Konjunktur "eines der stärksten Jahre im unterfränkischen Handwerk gewesen mit einer guten Auslastung". Das bedeute aber auch für Kunden Wartezeiten und hier wünschte er sich etwas mehr Toleranz und Gelassenheit. "Im Handwerk fehlt nicht der gute Wille, nein, es fehlen vor allem qualifizierte Fachkräfte."
Begeistert zeigten sich die Gäste des Empfangs von der musikalischen Einlage des Jugendchores "Cantarella" unter der Leitung von Sonja Wissmüller, der mit seinem Medley von bekannten Ohrwürmern Stimmung und Rhythmus in den Saal brachte. Präsident Walter Heußlein meinte: "Es ist eine wunderbare Sache, wenn man Jugendliche für so etwas begeistern kann und diese Begeisterung ist auch ein Schlüsselwort für die Ausbildung und den Beruf."