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Hospizarbeit im Kreis Haßberge: Ohne Angst vor dem Sterben


Autor: Helmut Will

Haßfurt, Mittwoch, 23. März 2016

Menschen in ihren letzten Stunden nicht alleine lassen, dafür sind Hospizhelfer wie Waltraud Schneider und Claudia Stadelmann da.
Teamarbeit, gegenseitige Absprache und Unterstützung wie hier zwischen Claudia Stadelmann, Koordinatorin des Hospizdienstes im Kreis Haßberge (rechts) und Hospizhelferin Waltraud Schneider (links), ist Bedingung effektiver Hospizarbeit. Foto: Helmut WillTeamarbeit, gegenseitige Absprache und Unterstützung wie hier zwischen Claudia Stadelmann, Koordinatorin des Hospizdienstes im Kreis Haßberge (rechts) und Hospizhelferin Waltraud Schneider (links), ist Bedingung effektiver Hospizarbeit. Foto: Helmut Will


Sie begleiten Sterbende bis zum Ende, ehrenamtliche Hospizhelfer. Im Landkreis Haßberge gibt es vier Hospizgruppen des Malteser Hilfsdienstes, drei im Raum Haßfurt und eine in Ebern. Durchschnittlich sind 40 Ehrenamtliche aktiv. Sie betreuen Menschen im häuslichen Bereich sowie in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern.

Im Mittelpunkt stehen die Schwerstkranken und Sterbenden mit ihren Bedürfnissen, Ängsten und Hoffnungen sowie die ihnen Nahestehenden und Menschen in Trauer. "Der Tod meines Vaters war für mich der Grund, mich näher mit dem Thema zu beschäftigen." Das sagt Waltraud Schneider aus Rentweinsdorf, die seit zwölf Jahren bei den Maltesern in der Hospizarbeit tätig ist.

Ein Zeitungsbericht habe sie schließlich überzeugt, sich Menschen in deren verbleibenden Zeit zu widmen. Sie hat sich bei den Maltesern gemeldet, um sich zu informieren. Claudia Stadelmann, Koordinatorin des Hospizdienstes im Kreis Haßberge, erläutert, dass sich ein Vorbereitungskurs für neue Hospizhelfer über fast ein Jahr erstreckt.


Ausbildung ist intensiv

In dieser Zeit werden sie in einer Einführungs- und Praxisphase umfassend und intensiv auf ihren Dienst vorbereitet. "Im besten Fall gehen wir zu Menschen, die noch nicht unmittelbar vor dem Sterben stehen, damit sich ein gegenseitiges Vertrauen aufbauen kann ", sagt die Stadelmann. In der Ausbildung setzte man sich auch mit dem eigenen Sterben auseinander: "Das sind sehr intensive Wochenenden."

Waltraud Schneider sagt, dass die Ausbildung sehr emotional ist. Ihr Gesichtsausdruck erhellt sich, als sie über ihre erste Begleitung spricht. "Diese Frau war sehr schlimm dran, konnte sich nur wenig bewegen und nicht sprechen. Durch hinreichende Zuwendung ist es gelungen, mit ihr nach einiger Zeit im Rollstuhl nach draußen zu können, mit ihr zu sprechen. Für mich war das ein positives Erlebnis und hat mich in meiner Arbeit ermuntert."


Miteinander verarbeiten

Da die Hospizhelfer der Schweigepflicht unterliegen, findet einmal im Monat eine Supervision mit der Gruppe statt. Gemeinsam mit einem Supervisor und den Hospizhelferinnen und Helfern kann das Erlebte aufgearbeitet und Fragen beantwortet werden, damit alle wieder bestärkt in seine Begleitung gehen können, erklärt Stadelmann.

Auf die Frage, woher sie ihre Kraft schöpft, überlegt Waltraud Schneider und sagt dann: "Ich denke, ich bekomme die Kraft von oben." Das alleine sei es aber nicht: "Auch von den Begleitungen bekommt man sehr viel zurück ... So viel kann man gar nicht ausgeben, was man zurückbekommt."
Einen festen Plan habe sie nicht, wenn sie zu ihren Begleitungen geht. "Kleine Dinge - wie das Halten einer Hand - können schon sehr hilfreich sein. Einfühlungsvermögen ist nötig, um richtig auf die Menschen einzugehen und Zuhören muss man können."

Wirklich vorbereiten könne man sich aber nicht, jede Begleitung sei anders, man müsse abwarten und "hinspüren", wenn man in das Zimmer einer betreuten Person kommt. "Dasein, sich Zeit nehmen, Signale des Gegenüber wahrnehmen, das ist wichtig", erklären die Sterbebegleiterinnen.

Der Malteser Hilfsdienst bietet auch Kinder- und Jugendhospizarbeit und ebenso Kinder- und Jugendtrauerarbeit an. Dafür seien noch Zusatzausbildungen erforderlich. Auch Geschwister und Eltern werden in die Begleitung mit eingebunden, da diese oft mehr Zuwendung bräuchten, als das Kind selbst.


Umgang mit Trauerarbeit

"Betroffene Kinder könnten oft mit den Problemen besser umgehen als Erwachsene, wenn man sie lässt. Sie fragen, sind wissbegierig und sie brauchen ehrliche Antworten", sagt Claudia Stadelmann.
Und wenn ein Sterbender nicht mehr sprechen, nicht mehr artikulieren kann, dann gebe es trotzdem noch Wege, miteinander zu kommunizieren. Dann wird gebetet, vorgelesen, mit dem im Sterben liegenden gesprochen. "Man spürt anhand der Reaktionen des Menschen, ob dies gerade stimmig für ihn ist", erklären beide.
Teilweise habe Schneider das Gefühl, dass die Menschen den Zeitpunkt ihres Todes selbst bestimmen können, dass sie für sich erkennen, wann es Zeit ist, loszulassen. Manche hätten den Wunsch, alleine zu sterben, andere warten bis ihre Angehörigen endlich kommen, wieder andere wollen kurz vor dem Tod noch etwas ins Reine bringen oder äußern einen letzten Wunsch, um danach zu gehen.
Geht es bei der Sterbebegleitung immer todernst zu? Schneider lacht: "Nein, es geht oft auch ganz lustig zu. Es wird viel gelacht, es kommt auf die Betreuten an. Das Lachen tut ihnen gut, wenn sie es zulassen im ganzen Elend." Mit Kirchen und Geistlichen arbeite man zum Beispiel in Krankenhäusern und Heimen zusammen, je nachdem, wie es sich von Fall zu Fall ergibt. "Der Sterbende sucht sich schon den aus, mit dem er reden möchte", wissen die beiden erfahrenen Hospizhelferinnen.
Im Mittelpunkt steht in jedem Fall immer der sterbende Mensch, nur dessen Wünsche zählen, danach richten Schneider und Stadelmann ihre Arbeit aus.
Die Einstellung zum eigenen Tod habe sich durch die Arbeit verändert. Stadelmann und Schneider sind sich einig: "Wenn man sich mit dem Tod intensiv beschäftigt, verliert man die Angst davor. Es ist nicht der Tod, der den Menschen Angst macht, sondern das Sterben."