Helga Koeppe kämpft gegen geplante Spielothek im Haßfurter Bahnhof
Autor: Brigitte Krause
Haßfurt, Mittwoch, 25. Sept. 2013
In der alten Schalterhalle und dem alten Warteraum im Haßfurter Bahnhof soll eine Spielothek eingerichtet werden. Das gefällt vielen Haßfurtern nicht. Eine Initiative von Helga Koeppe stieß daher auf breite Resonanz.
Dass im Haßfurter Bahnhof eine Spielothek eingerichtet werden soll, laut Antrag ein "Freizeit- und Eventcenter", gefällt vielen nicht. Die meisten allerdings zucken die Achseln und sagen: Da kann man eh nichts tun...
Helga Koeppe ist eine schmale ältere Dame, zierlich, blass, sie fällt kaum auf. Aber solch ein Vorhaben will sie einfach nicht hinnehmen, ohne etwas unternommen zu haben. Bei der Bahn hat sie angerufen, bei der Stadt, ja selbst Bahnchef Rüdiger Grube hat sie geschrieben. Das kann nicht sein, sagt sie, dass man solch eine Einrichtung an solch einem Platz, der von so vielen Kindern und Jugendlichen frequentiert wird, zulässt.
Stiller Einsatz über Jahre
Helga Koeppe weiß, wovon sie spricht. Als Heil-Eurythmistin hat sie an der Haßfurter Waldorfschule gearbeitet, ist lange mit dem Zug gefahren und lebt seit zehn Jahren in Haßfurt.
Die Wartehalle, früher verschmiert mit üblen Sprüchen, entsetzte sie so ("da schäme ich mich ja vor meinen Schülern"), dass sie sich bei der Bahn meldete und sogar dabei war, als der Maler für den Seehofer-Besuch vor einigen Jahren die Wartehalle neu strich. Der gute Mann gab ihr einen Topf Farbe mit.
Das ist gut drei Jahre her, und seither war Frau Koeppe anfangs alle zwei, drei Tage in der Halle und hat die dummen Sprüche mit frischer Farbe sorgsam überstrichen. Der alte Topf ist leer, sie bekam sogar neue Farbe von der Bahn. Doch, bedauert Frau Koeppe, die ist ein wenig heller, und da sieht man die Stellen, die sie gestrichen hat.
Sie lacht verschmitzt. Immer weniger Schmierer toben sich hier aus - es wird ja alles gleich überstrichen. Als sie neulich wieder zugange war, meinte jemand: "Was wollen Sie denn? Das wird doch eh eine Spielhalle!"
Spielsucht ist eine ernste Gefahr
Eine schlimme Nachricht. Frau Koeppe ist zutiefst davon überzeugt, dass eine Spielothek ganz massiv dazu beiträgt, die Menschen süchtig zu machen. Sie hat sich den kindlichen Blick auf die Welt bewahrt und sieht da auch das Geheimnisvolle und Verlockende für die Kinder und Jugendlichen, die (überhaupt die aus der Waldorfschule mit ihrem großen Einzugsbereich) täglich den Bahnhof passieren: "Da ist man 18 und dann kann man da rein."
Weil Helga Koeppe weiß, dass sie alleine so eine Unterschriftensammlung gar nicht bewerkstelligen kann, hat sie Unterstützer gesucht. Da fiel ihr das "Bürgerblatt" der "Vereinigung für humanes Leben" auf (so auch im Internet mit einer Homepage zu finden).
Der kleine Verein aus Veitshöchheim bei Würzburg ist mit seinen elf Mitgliedern eine Gruppierung ehrenamtlicher Idealisten, wie im Gespräch mit dem Vorsitzenden Michael Johanni deutlich wird. Er sowie seine Helfer Alexander Götz und Christine Werth stehen am Mittwochvormittag am alten Rathaus mit einem Stand und helfen Helga Koeppe bei der Unterschriftensammlung.
"Wir wollen nicht, dass Menschen suchtkrank werden", sagt er schlicht. Sein Credo ist die "menschliche" Gesellschaft. Sie brauche "aufrichtige Vorbilder". So setzen sich die Vereinsmitglieder zum Beispiel für die Asylbewerber in Veitshöchheim ein, backen ihnen zu Weihnachten Plätzchen; sie helfen Menschen, die sich in Pflegeheimen nicht gut behandelt finden und stehen auch sonst laut Johanni denen bei, die ihre Hilfe wünschen.
Das kann ein Brief sein, der an eine Behörde zu schreiben ist, oder auch die Begleitung zu einer Gerichtsverhandlung oder auf das Amt. Das Menschliche ist für Johanni die alleinige Richtschnur, und "sinnvoll" ist für ihn keine Worthülse. Es gebe doch Sinnvolleres, meint er, als in einem zentralen Bahnhof eine Spielothek einzurichten. Warum denn nicht eine Lesestube? Profitdenken findet er da nicht gut. Der Hinweis darauf, dass das Baurecht keine Handhabe gegen eine Spielhalle gibt und sich keine anderen Mieter finden ließen, ist für ihn "eine Ausrede" der Verantwortlichen; und so hilft er Frau Koeppe.
Gestern nachmittag sind es 138 Unterschriften, die die Aktiven in der Haßfurter Hauptstraße gesammelt haben, wie er in einem Telefonanruf in der Redaktion berichtet. Einige Interessierte haben Listen mitgenommen und wollen sie mit weiteren Unterschriften ihm noch zusenden.
Zum Beispiel Ulrike Goth aus Haßfurt. Die Lehrerin ist fleißige Bahnfahrerin und will nicht, dass an dem Bahnhof eine Spielhölle entsteht. Etliche Haßfurter haben dem Trüppchen vor der Einhorn-Apotheke Recht gegeben. Etwa Christine Kleinhenz aus Schönbach: "Wenn einer anfängt, ja der kann oft nicht mehr aufhören", ist sie besorgt. Bianca Dillinger aus Unterhohenried pflichtet ihr bei; sie findet es nicht gut, dass in den schönen Haßfurter Bahnhof so etwas kommen soll und ist extra zum Unterschreiben in die Stadt gefahren, als ihr Nachbar von der Notiz in der Zeitung erzählte.
