Haus in Ebern fiel dem Einmarsch der Amis zum Opfer
Autor: Ralf Kestel
Ebern, Freitag, 24. Oktober 2014
Beim Einmarsch der Amis abgerissen, hat das Hermsdörfer-Anwesen in Ebern eine bewegte Geschichte hinter sich. Darüber informierte Kreisheimatpfleger Günter Lipp beim heimatkundlichen Gesprächskreis.
Der Kommandeur der US-Truppen gab ihnen nicht viel Zeit: Nach dem Einmarsch der amerikanischen Einheiten und einem Unfall mit Todesfolge, als am 20. April 1945 ein Panzer durch den Grauturm fuhr, wurde den Bürgern der Stadt an diesem Samstag ein Ultimatum gesetzt: Wenn nicht bis Sonntag um 6 Uhr das an den Grauturm angrenzende Haus abgerissen wird, erfolgt die Sprengung des Grauturms. Auf die Geschichte dieses Hermsdörfer-Hauses ging Kreisheimatpfleger Günter Lipp beim heimatkundlichen Gesprächskreis am Donnerstagabend im Restaurant "Bei Peppo" ein.
Lipps neue Erkenntnis: Schon im November 1945 wurden Pläne erstellt, das Haus wieder aufzubauen. Maurermeister Josef Stöhr aus der Rosengasse hatte dazu mehrere Varianten entworfen, stets dabei eine zweite Durchfahrtsmöglichkeit und ein Fachwerkhaus darüber. Dazu kam es jedoch nie mehr.
Otto Einwag erinnert sich als Nachbar noch an den Abriss des Anwesens, in dem 1825 die Familie Heinert und ab 1849 ein Türmer Hermsdorfer nachgewiesen sind. "Die Amis haben damals alle Familien ringsum gewarnt, dass der Turm gesprengt wird."
Deshalb hätten sich die Eberner lieber für den Hausabriss entschieden. Einwag: "Sogar die Kinder haben mit angepackt."
Das Haus wurde laut Günter Lipp bis auf Sockelhöhe abgetragen, der Rest von einem Bergepanzer weggeschoben. "Der Schutt wurde für den alten Sportplatz oder den Waldwegebau verwendet, wusste der Kreisheimatpfleger.
"Die Kastenfenster existieren noch im neuen Haus am alten Hirtenberg." Geblieben sei nur noch der Putzabdruck am Grauturm. "Den schau' ich mir immer voller Respekt an, weil sich durch den Abriss die statischen Gegebenheiten ja verändert haben," spielte Günter Lipp auf das Schäfers-Haus an, das im Westen noch ans Wahrzeichen angebaut ist.
Schließlich sei das Haus früher in die Stadtmauer integriert gewesen und verfügte im Dachboden über einen direkten Zugang zum Grauturm.
Als Entschädigung für den Verlust ihres Hauses erhielt die Familie Hermsdörfer laut Kreisheimatpfleger Lipp eine Wiese am Hirtenweg und Holz aus dem Bürgerwald.
Altbürgermeister Rolf Feulner erinnert sich daran, dass sich Nachkommen beklagten, dass "wir viel zu wenig bekommen haben, und sich deswegen sogar in München bei der Staatsregierung beschwerten".
Die rechtliche Situation sei in der Tat verworren gewesen, bestätigte Günter Lipp, der Karl Hoch zitierte, wonach 1951 ein Inspektor Hermsdörfer "Pfosten in die Durchfahrt neighaut hat". Belegt sei, so Lipp, dass seit 1976 die Durchfahrt laut Grundbuch der Bundesrepublik Deutschland gehört und die Lücke auch nie mehr eine Hausnummer bekommen hatte.