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Haßfurter retten aus fließenden Gewässern


Autor: Michael Will

Haßfurt, Mittwoch, 08. Januar 2014

Die Wasserwacht Haßfurt bildet im Frühjahr Fließwasserretter aus. Am Dreikönigstag übten sechs Spezialisten in den Stromschnellen am Main bei Baunach.
Matthias Benkert aus Haßfurt ist einer von nur zwei Ausbildern zum Fließwasserretter in Unterfranken. Sie kommen zur Menschenrettung in strömenden oder Hochwasser führenden Gewässern zum Einsatz. Hier demonstriert er die Überquerung eines Hindernisses bei starker Strömung.


Hilfeschreie aus dem Main. Passanten sehen einen auf dem Fluss treibenden älteren Mann in Panik um sich schlagen, er kämpft gegen die Wassermassen und gegen das Untergehen. Aus Unachtsamkeit ist er an einem Ufer beim Spazierengehen abgerutscht und ins Wasser gestürzt. Dort treibt er seit ein paar Minuten mit rasanter Geschwindigkeit völlig hilflos flussabwärts. Passanten wählen den Notruf 112; der Disponent in der Integrierten Leitstelle alarmiert sofort die Fließwasserretter der Wasserwacht sowie einen Rettungswagen und einen Notarzt.


Auf den Notfall vorbereitet

Dieses Mal ist es nur eine Übung, die die BRK-Wasserwacht Haßfurt am Dreikönigstag auf dem Main durchführt. "Doch eine solche Situation kann jederzeit passieren", sagt Matthias Benkert, einer von lediglich zwei Ausbildern für Fließwasserretter in ganz Nordbayern.

Darauf müssen wir vorbereitet sein."

Und deshalb auch trainieren. Während am Dreikönigstag am Land die Sternsinger von Haus zu Haus ziehen, lassen die sechs Wasserwacht-Fachleute auf dem Main bei Baunach ihr erst vor kurzem über die Wasserwacht Bayern neu angeschafftes Raftboot zu Wasser. Das ist ein spezielles, voll aufblasbares Kunststoffschlauchboot, mit dem die Retter zu Hilfebedürftigen paddeln können. Es kommt überall dort zum Einsatz, wo wegen zu seichtem Wasser oder Stromschnellen kein motorbetriebenes Boot benutzt werden kann.

Deshalb hat das Wasserwacht-Team diesmal den Main bei Baunach zum Training ausgewählt. "Hier gibt es ständige Stromschnellen, das sind optimale Übungsbedingungen", sagt Benkert. Vier Stunden trainierten sie bei Wassertemperaturen um die acht Grad Celsius für den Ernstfall.


Rein ehrenamtlicher Einsatz

Dabei sind Fließwasserretter keineswegs "Berufsretter" des Roten Kreuzes, sondern leisten ihre Hilfe und die Ausbildung rein ehrenamtlich. Bevor jemand als Fließwasserretter eingesetzt werden kann, muss er eine Sanitätsausbildung abgeschlossen, das Silberne Rettungsschwimmer-Abzeichen erreicht haben und Wasserretter sein.

Insgesamt sind das bis dahin mindestens 72 Unterrichtseinheiten sowie ein hohes Maß an zusätzlichem Selbststudium. Erst dann schließt sich die drei Tage dauernde Zusatzausbildung zum Fließwasserretter an, wobei auch Ausbildungsstunden in der Nacht in den Gewässern enthalten sind.


Spezialisten bei Hochwasser

Ziel ist es, berichtet Matthias Benkert, der als Rettungsassistent auf der BRK-Rettungswache in Ebern arbeitet, in diesem Frühjahr weitere Fließwasserretter bei der um die 40 Aktive zählenden Wasserwacht Haßfurt auszubilden.

Möglicherweise werden sie künftig öfter im Ernstfall benötigt, schließlich sind Hochwasserlagen allgegenwärtig, wie ein Blick nach Passau im letzten Sommer gezeigt hat. "Jeder noch so kleine Bach kann zu einem reißenden Strom werden, auch bei uns in den Haßbergen", weiß der 29-Jährige aus Erfahrung. Das hat zuletzt das Unwetter im Mai 2013 gezeigt, das in den Heiligen Ländern und im Maintal besonders stark gewütet hat.
Benkert und seine Kollegen haben schon zahlreiche Wasserrettungseinsätze absolviert. Strömende Gewässer sind dabei nicht nur für ins Wasser gestürzte Personen lebensgefährlich, auch für die Retter. Um so wichtiger ist eine qualifizierte Ausbildung und nicht zuletzt eine gehörige Portion Körperbeherrschung und Mut.

Die Aufgabe eines Fließwasserretters ist, Personen aus schnell fließenden Gewässern wie Bächen und Flüssen oder Wildwasser zu retten. In Überschwemmungsgebieten und bei Hochwasser können die Rettung von Tieren und die Bergung von Gegenständen nötig werden. Die medizinische Erstversorgung des Geretteten am Unglücksort gehört ebenso dazu, wie etwa die Vermisstensuche an unübersichtlichen Stellen oder Rettung von ins Eis eingebrochenen Menschen. Da tut das Raftboot gute Dienste, denn es kann leicht über das Eis gleiten und bietet den Helfern sicheren Boden.

Die Spezialisten können aber auch zur Absicherung eingesetzt werden, etwa bei Deich- oder Dammsicherungsmaßnahmen oder bei Veranstaltungen an und auf Flüssen.

Ein Fließwasserretter ist ein speziell ausgebildeter Rettungsschwimmer. Er muss immer dann ran, wenn ein Rettungseinsatz für einen normal ausgebildeten Rettungsschwimmer mit dem Rettungsschwimmabzeichen in Silber zu gefährlich wird oder dessen Ausbildung nicht mehr ausreicht.

Fließwasserretter arbeiten im Gegensatz zu Rettungsschwimmern immer im Team. Ihre Ausrüstung schützt vor Kälte und Verletzungen: Neoprenanzug, festes Schuhwerk, Auftriebsweste, Schutzhelm und Wurfsack mit Leine. Ihre wichtigsten Rettungsgeräte sind Seile, Winden, Seilrollen, Seilklemmen und Karabinerhaken.