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Haßfurter Hebammen wollen mit Unterschriftenlisten ins Landratsamt


Autor: Friederike Stark

LKR Haßberge, Mittwoch, 18. Mai 2016

Die Onlinepetition ist beendet. Wie geht es mit der Geburtsstation in Haßfurt weiter? Die Hebammen warten auf ein Gespräch mit Landrat Wilhelm Schneider.
4738 Menschen haben die Onlinepetition unterschrieben.  Screenshot


Die letzte Woche war für die zehn Hebammen der Geburtshilfe der Haßfurter Klinik auf viele Arten anstrengend. Auf einmal interessierten sich Zeitungen, Radiostationen und Fernsehsender für die Geburtshilfe in Haßfurt. "Wir alle haben unzählige Nachrichten bekommen und Interviews gegeben, Dinge gemacht, die wir vorher noch nie gemacht haben", sagt Hebamme Anne Bedruna. Und die Arbeit lief wie gewohnt weiter. Deshalb, sagt die 29-Jährige, sei die vergangene Zeit emotional sehr aufwühlend gewesen. "Wir bewegen uns immer noch zwischen Fassungslosigkeit und Dankbarkeit", erklärt sie. Sie und ihre neun Kolleginnen seien überwältigt von der Unterstützung, die ihnen entgegengebracht wird.

"Wir kriegen Anfragen von Tankstellen, Kosmetikstudios und anderen, die nicht mal im Landkreis ihr Geschäft haben, aber trotzdem Unterschriftenlisten auslegen wollen", sagt Bedruna.


Was sagt der Landrat?

Per Onlinepetition haben sich 4738 Menschen für den Erhalt der Geburtshilfe in Haßfurt ausgesprochen - 2834 Unterschriften kommen nach Angaben der Internetseite openpetition.de aus dem Landkreis. Doch was passiert nun mit diesen Unterschriften ? "Wir sammeln nun alle Unterschriftenlisten ein und wollen diese mit den Unterschriften der Onlinepetition dem Landrat übergeben", erklärt Bedruna die weitere Vorgehensweise. Bisher sei man, erklärt die 29-jährige Hebamme, mit der Sekretärin des Landrats im Gespräch, um einen Termin für die Übergabe zu finden.

Landrat Wilhelm Schneider (CSU), dessen drei Kinder in Haßfurt geboren wurden (er selbst kam in seinem Heimatort Maroldsweisach zur Welt), teilte dem Fränkischen Tag über seine Pressesprecherin Monika Göhr mit: "Natürlich ist eine Entbindungsstation ein Standortvorteil für einen Landkreis." Diese müsse aber auch finanzierbar sein. "Das erreichen wir nur durch wesentlich höhere Geburtenzahlen. Viele umliegende Landkreise hatten die gleichen Probleme. Sie haben sich entschlossen, ihre Einrichtungen zu schließen." Als Beispiele nennt Schneider Werneck, Bad Kissingen und eine Klinik in Würzburg.


Höhere Geburtenzahlen

Seine persönliche Sicht dazu stellt er so dar: "Die Geburtsstation arbeitet qualitativ hochwertig. Die Einrichtung hat einen guten Ruf. Es wäre wünschenswert, wenn sich aus diesem guten Ruf wesentlich höhere Geburtenzahlen entwickeln würden, die dazu beitragen, dass sich die Entbindungsstation auch wirtschaftlich darstellen lässt."

Denn bislang sei es so, dass "aus wirtschaftlicher Sicht die Schließung der Geburtsstation bei aktuell 367 Geburten im Jahr 2015 - eingebettet in ein Gesamtkonzept - unbedingt erforderlich ist". Allerdings sei, so heißt es weiter, die Entscheidung über das Ende der Geburtshilfe nicht unbedingt schon am 6. Juni zu treffen. Denn: "Wir sind aktuell dabei zu prüfen, ob der Kreistag in den Entscheidungsprozess mit einbezogen werden kann."
Unterdessen haben sich auch andere Politiker im Internet zu Wort gemeldet. So etwa CSU-Kreisrätin Monika Weinbeer, die auf der Seite der Onlinepetition begründet, warum sie sich noch nicht zum Thema äußern kann. Denn: Sie fühle sich derzeit noch zu wenig informiert, über die konkreten Gründe, die für die Schließung der Geburtshilfe sprechen.


Schließung überdenken

"Somit kann ich mir momentan noch kein Urteil bilden", schreibt die Kreisrätin als Begründung für ihre Zurückhaltung. Weiterhin schreibt sie: "Sollten aber wirtschaftliche Gründe die Ursache sein, muss man diese erst mal in Angriff nehmen, bevor man an eine Schließung denkt."

Auch Sabine Dittmar hat sich auf Anfrage unserer Zeitung zum Thema geäußert. Die Medizinerin stammt aus Schweinfurt und arbeitete als Ärztin, bevor sie in die Politik ging. Sie ist SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Bad Kissingen, zu dem der Landkreis Haßberge gehört. Zunächst betont sie, dass die Entscheidung für oder gegen den Erhalt der Geburtsstation in Haßfurt "vor Ort" getroffen wird, insofern sei von bundespolitischer Ebene kein direkter Einfluss vorhanden.


Rahmenbedingungen aus Berlin

Allerdings habe man in Berlin die Rahmenbedingunen geschaffen, die für die Krankenhausstruktur im Land relevant sind. Zum Beispiel waren für die Kliniken "in der Fläche" die sogenannten Sicherstellungszuschläge geschaffen worden, um kleine Häuser in ländlichen Regionen zu erhalten. Diese finanziellen Mittel wären hilfreich, wenn sie Haßfurt denn bekäme: In der jetzigen Form sind die Zuschläge "eigentlich nur zugänglich für Krankenhäuser auf einer Insel", beschreibt Dittmar das Problem.

Denn die umliegenden Krankenhäuser in Coburg, Bamberg, Schweinfurt oder Lichtenfels werden als ausreichend nah angesehen, so dass Haßfurt keine Sicherstellungszuschläge bekommt. Man arbeite auf Bundesebene an einer Verbesserung, ein Ergebnis kann Dittmar aber nicht nennen: "Ob Haßfurt in den Genuss solcher Sicherstellungszuschläge kommen kann, kann ich noch nicht sagen."


Bereitschaft querzufinanzieren

Zur Haßfurter Geburtshilfe sagt die Medizinerin: "Es ist schon ein Standortvorteil, eine Geburtsstation mit so einem guten Ruf zu haben." Allerdings müsse sich die Klinik fragen, wie es passieren kann, dass man "50 Prozent der Geburten im Landkreis" bekomme und die anderen nicht an sich binden könne. Denn nur rund die Hälfte der etwa jährlich 700 Schwangeren im Landkreis entbinden in Haßfurt. Eine Steigerung der Geburtenrate wäre also von Nöten und möglicherweise die Bereitschaft, die Geburtshilfe aus anderen Bereichen querzufinanzieren.
Dass die Chance für den Erhalt der Geburtshilfe in Haßfurt momentan eher gering sind, darüber sind sich auch die Hebammen klar. Dennoch wollen sie nicht aufgeben und kämpfen weiter. "Und wenn wir dann doch untergehen, gehen wir wenigstens mit Pauken und Trompeten unter", sagt Hebamme Bedruna.