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Geburtshilfe der Haßberge-Kliniken schließt: Hebammen kämpfen


Autor: Friederike Stark

Haßfurt, Dienstag, 10. Mai 2016

Die Geburtshilfe der Haßberge-Kliniken in Haßfurt soll geschlossen werden. Die Entscheidung dazu fällt am 6. Juni. Die Betroffenen sind geschockt.
Die zehn Hebammen am Haßfurter Krankenhaus wollen nicht kampflos aufgeben. Hinten, v.l.: Petra Schor, Stefanie Urlaub, Verena Eichner, Carola Lutsch, Annette Storkan, Nicole Braunreuther, Brigitta Wohner-Finger. Vorne: Martina Steck (l.) und Anne Bedruna. Im Bild fehlt Hebamme Katrin Wolfschmidt.  Foto: privat


Keine zwölf Stunden ist die Facebook-Gruppe "Helft den Haßfurter Hebammen!!!!" alt und hat bereits 2996 Mitglieder. Knapp 3000 Menschen also, die es nicht glauben können und wollen, was am Montag offiziell bekannt wurde: Die Geburtshilfe der Haßberge-Kliniken in Haßfurt soll geschlossen werden.

"Wir waren wirklich geschockt", beschreibt Hebamme Anne Bedruna ihre und die Reaktion ihrer Kolleginnen auf die Nachricht. Sie hätten vorher spekuliert, warum der Personalrat zu einem Treffen eingeladen hatte. "Dass es um Umstrukturierungen gehen werde, war uns klar", sagt Bedruna. Doch dass es um das Aus der Geburtshilfe gehen werde, hat die Hebammen erschüttert. "Wir hatten diese Vermutung, haben sie aber sofort wieder verworfen." Schließlich sei der Kreißsaal 2011 erst umgebaut worden. "Außerdem können wir seit Jahren die Geburtenzahlen konstant halten."


Die Idee: Eine Welle lostreten

Die 29-jährige Hebamme und ihre neun Kolleginnen waren sich sofort einig: Sie werden nicht kampflos aufgeben. "Unsere einzige Chance ist es, eine Welle loszutreten", erklärt Bedruna. Also wurde noch gleich am Montag im Kreißsaal ein Foto gemacht und Hebamme Annette Storkan gründete die Facebook-Gruppe "Helft den Haßfurter Hebammen!!!!". Die Idee dahinter: Möglichst viele Leute zu mobilisieren, um die Notwendigkeit der Geburtshilfe an der Klinik in Haßfurt zu unterstreichen. "Die Frage ist doch: Wieviel ist es dem Landkreis wert, dass es noch gebürtige Haßbergler gibt?", sagt Bedruna. Daher bitten die Hebammen in ihrem Aufruf auf Facebook auch darum, sich an die Lokalpolitiker und den Landrat zu wenden.


Eins-zu-Eins-Betreuung

Bedruna, Storkan und den anderen Hebammen liegt die Geburtshilfe hier vor Ort sehr am Herzen. Dabei handelt es sich nicht um die Sorge, keine andere Anstellung zu finden: "Erstens haben wir die Zusicherung, dass uns nicht gekündigt wird und zweitens suchen mehrere Kliniken händeringend nach Hebammen", erklärt Bedruna.


Intensive Betreuung

Den Haßfurter Hebammen geht es um mehr: "Das Arbeiten in Haßfurt ist einfach wunderbar", sagt Bedruna und erklärt: "Wir haben hier die Möglichkeit, die Frauen quasi eins zu eins zu betreuen." Die Kombination aus Kreißsaal und Wochenbettstation sei ein großes Glück für die Patientinnen und die Hebammen. "So können wir Hebammen auch nach der Entbindung noch für die Patienten da sein."

Dass diese Nähe zu den Patienten hoch geschätzt wird, zeigen auch die Kommentare in der der Facebook-Gruppe. So schreibt ein Gruppenmitglied etwa: "Gerade die super lieben und hilfsbereiten Hebammen sorgen in Haßfurt dafür, dass die ganze Station wie eine Art Familie ist. Steht das denn nicht mehr im Vordergrund? Wenn es irgend etwas gibt, was getan werden kann, um die Schließung zu verhindern: Ich bin auf jeden Fall dabei!" Doch nicht nur die familiäre Atmosphäre würde wegfallen. So zeigt ein weiterer Kommentar bei Facebook, was Realität werden könnte: "Ich bin erschüttert! Wer soll denn all die Frauen betreuen? Sollen in Zukunft schwangere Frauen mit oder ohne Risiko Kilometer weit fahren, um ihr Kind zu bekommen?"

Auch Bedruna teilt diese Sorge: "Von Eltmann aus dauert es sowohl nach Bamberg als auch nach Schweinfurt gerne mal 30 Minuten." Dann kann das Kind schon mal auf der Autobahn zur Welt kommen.


Vor- und Nachsorge in Gefahr

Und wer würde sich vor und nach der Geburt um Mutter und Kind kümmern? "Es geht nicht nur um den Ort der Entbindung, sondern ebenfalls um die umfassende Betreuung vor und nach der Geburt, die dadurch gleichfalls bedroht sein könnte", schreibt Annette Storkan bei Facebook. Bisher, erklärt Bedruna, arbeiten alle zehn Hebammen auch freiberuflich, machen Hausbesuche im Landkreis, halten Geburtsvorbereitungskurse. "Doch wenn hier keine Hebamme mehr arbeitet, wer soll dann die Vor- und Nachsorge im Landkreis übernehmen?", fragt Bedruna. Eine Antwort gibt es nicht.