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Haßfurter Gericht gibt Diebin noch eine Chance


Autor: Manfred Wagner

Haßfurt, Mittwoch, 14. November 2012

Nur knapp ist eine 50-Jährige um die Gefängnisstrafe herumgekommen. Mehrmals hatte sie, überwiegend in Haßfurt, in verschiedenen Geschäften gestohlen. Weil sie vorbestraft ist und noch unter laufender Bewährung stand, mussten Schöffen und Richter abwägen, ob die Frau eine letzte Chance verdient.
Das Amtsgericht in Haßfurt


Von März bis September 2011 wurde eine heute 50-jährige Frau in verschiedenen Geschäften vor allem in der Kreisstadt Haßfurt bei insgesamt neun Ladendiebstählen erwischt. Immer wieder ließ sie Kleidung, Schmuck und Kosmetika mitgehen. Nachdem die Hausfrau bereits wegen Urkundenfälschung, Betrugs und Diebstahls vorbestraft ist und unter laufender Bewährung stand, lautete nun die Gretchenfrage für das Schöffengericht am Amtsgericht in Haßfurt: nochmalige Bewährung oder Knast? Das Schöffengericht urteilte gnädig: Mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird, ist die Diebin gut bedient.

1600 Euro Schaden

Detailliert listete Oberstaatsanwalt Martin Dippold die einzelnen Straftaten auf. Bei den zugegebenen Diebstählen lag der Gesamtschaden bei rund 1600 Euro.

Weitere Anklagepunkte wie ein Einbruchdiebstahl sowie wiederholter Missbrauch einer fremden EC-Karte wurden mit Einverständnis der Staatsanwaltschaft fallen gelassen. Grund: Der Geschädigte, gleichzeitig der frühere Lebensgefährte der Frau, hat zwischenzeitlich die Vorwürfe zurückgenommen.
Bei der Suche nach dem Motiv für die Diebstähle wies der Rechtsanwalt Wolf Schlapka darauf hin, dass seine Mandantin im fraglichen Zeitraum regelmäßig starke Medikamente eingenommen habe. Dieser Umstand allerdings, führte der als Sachverständige geladene Psychiater Bernd Münzenmayer von der Bezirksklinik Werneck aus, sei keine ausreichende Erklärung für das anormale Verhalten der Mutter zweier erwachsener Kinder.

Kein Urvertrauen

In seinem Gutachten wies der Fachmann vor allem auf einschneidende frühkindliche Traumata bei der Angeklagten hin. Ihre ersten Lebensjahre waren nach den Worten des Mediziners geprägt von desolaten Zuständen mit massiver Vernachlässigung durch die damaligen Bezugspersonen. Dadurch habe sich kein Urvertrauen entwickeln können. Gleichwohl hielt der Psychiater die Angeklagte - bis auf einen Fall - für voll schuldfähig. Inzwischen hat sich die Lage zum Besseren gewendet. Ein neuer Mann - beruflich etabliert - ist in ihr Leben getreten. Mit dem ist sie seit kurzem verheiratet.
Von Richter Roland Wiltschka nach einer Prognose befragt, meinte Münzenmayer, dass sich diese stabilisierenden Faktoren positiv auswirkten und das Risiko eines Rückfalls verringerten. Das Schöffengericht entschied sich für die Bewährung, obwohl der Oberstaatsanwalt ein Jahr "ohne" gefordert hatte. Der Richter machte der verurteilten Frau unmissverständlich klar, dass dies ihre "allerletzte Chance" sei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.