Haßfurt wird Teil eines virtuellen Kraftwerks
Autor: Lisa Kieslinger
Haßfurt, Freitag, 21. Oktober 2016
Die Power-to-Gas-Anlage in Haßfurt nimmt nun offiziell Betrieb auf. Ein futuristischer Blick hinter die Kulissen.
Next Box und virtuelles Kraftwerk: Futuristischer geht es wohl kaum. Wer das denkt, irrt sich gewaltig. Denn das gibt es schon jetzt im Jahr 2016 - und zwar in Haßfurt. Nach einem mehrwöchigen Testlauf speist die Power-to-Gas-Anlage am Haßfurter Hafen nun ins Gasnetz ein. Die städtischen Betriebe Haßfurt haben gemeinsam mit dem Hamburger Ökoenergieanbieter Greenpeace Energy das Projekt vorangetrieben und die Gesellschaft "Windgas Haßfurt GmbH & Co KG" gegründet. Mit der Power-to-Gas-Anlage bringe die Stadt Haßfurt die Energiewende einen großen Schritt nach vorne, erklärt der Haßfurter Bürgermeister Günther Werner (FW).
Doch was ist Power-to-Gas? Im Grunde löst es das größte Problem, dass mit der Energiewende aufgetaucht ist.
Eine Million Kilowattstunden
Pro Jahr soll die Haßfurter Anlage eine Million Kilowattstunden in Form von Wasserstoff ins Gasnetz einspeisen.
"Die Windgas-Technologie ist ein zentraler Baustein für das Gelingen der Energiewende", erklärt Nils Müller, Vorstand von Greenpeace Energy. Die Energiegenossenschaft versorgt 125 000 Privat- und Gewerbekunden mit Ökostrom und Windgas. Letzteres wird in Zukunft auch in Haßfurt produziert. "Umso wichtiger ist es, dass die Netzstabilität erhalten bleibt", meint Müller in Hinblick auf die Fluktuation bei erneuerbaren Energien. Möglich macht das eine Steuerungssoftware der Firma Next Kraftwerke. Den Elektrolyseur schaltet die Firma gemeinsam mit anderen Anlagen, egal ob Biogas, Müllverbrennung oder Erdgas, zu einem "Virtuellen Kraftwerk" zusammen. "In unserer Next Box vernetzen wir aktuell 3000 Anlagen. Das entspricht zwei Kohlekraftwerken", erklärt Jochen Tackenberg von Next Kraftwerke. Gesteuert wird das Ganze aus Köln. "Wir schauen von dort, wann die Windräder im Sailershäuser Wald Überschuss produzieren und fahren dann den Elektrolyseur in Haßfurt hoch", sagt Tackenberg. Der Überschuss werde umgewandelt und in das Gasnetz eingespeist. Wenn die Anlage nicht mehr gebraucht wird, wird sie heruntergefahren.
Laut Nils Müller sei Windgas nicht nur im Strombereich unverzichtbar. "Es ist die einzige Technologie, die die nötigen Kapazitäten bieten kann, um in Zukunft auch im Verkehrssektor, in der Wärmeversorgung oder in der Chemieindustrie die CO2 -Emissionen zu senken." Momentan klinge das alles sehr futuristisch, gibt Michael Friedrich, Pressesprecher von Greenpeace Energy, offen zu. Aber: In Zukunft werde Power-to-Gas und das "Virtuelle Kraftwerk" in einem erneuerbaren Energiesystem unverzichtbar sein.