Haßberge: Ladenschluss wird zum Advent wieder Thema
Autor: Ralf Kestel
LKR Haßberge, Mittwoch, 24. Oktober 2012
Die Adventszeit naht und damit besondere Vorgaben, wann Geschäfte öffnen dürfen. In Ebern und Baunach hat der Einzelhandel damit Erfahrungen gemacht. Gibt's Hintertürchen?
Süßer die Kassen nie klingeln als in der Weihnachtszeit. Bambergs Erzbischof Ludwig Schick möchte aber, dass am Sonntag die Glocken läuten. Deswegen hat er sich gegen eine Lockerung der Ladenöffnungszeiten an Sonntagen gewandt. Ein Thema, das gerade heuer in der Vorweihnachtszeit Brisanz in sich birgt.
Denn: Im Rahmen von Weihnachtsmärkten öffnen vielerorts auch die Geschäfte ihre Pforten. Dies ist auch zulässig: Wenn der erste Advent - nur um den geht es - noch in den November fällt. Dies ist aber heuer und in den nächsten Jahren nicht der Fall. In Ebern und Baunach hat man bei dem Thema schon einschlägige Erfahrungen gesammelt.
Gemeinden sind zuständig
Zuständig sind die Gemeindeverwaltungen. Die dürfen an höchstens vier Sonntagen im Jahr das Öffnen der Geschäfte gestatten. In Ebern erfolgt dies zum Lätaremarkt im Frühjahr, zum Kirchweihmarkt im September und zum Oktobermarkt. Damit solle dem beträchtlichen Besucherstrom Rechnung getragen, nutzt Johannes Hardenacke, der Pressesprecher der Regierung von Unterfranken, einen passenden Terminus.
Stünde noch der Weihnachtsmarkt zur Disposition, der erfahrungsgemäß großen Kundenansturm und üppige Umsätze beschert. In den letzten Jahren waren die Läden stets offen gewesen, da der Weihnachtsmarkt, der immer am ersten Adventssonntag abgehalten wird, in den November gefallen war. Ist dies aber - wie heuer - nicht der Fall, dann greift der Paragraf 14 des Ladenschlussgesetzes: "Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden, so dass an den Adventssonntagen Verkaufsstätten geschlossen sein müssen", teilte die Pressesprecherin am Landratsamt, Monika Göhr, auf Anfrage unserer Zeitung mit. Dies bestätigt Johannes Hardenacke: "Im Dezember geht nichts." Dies auch mit Blick auf die vielerorts verlängerten Öffnungszeiten an Samstagen.
Diese Erfahrung machten jüngst auch der Baunacher Stadtrat und die Geschäftswelt dort. Ungeachtet der Vorgaben von Feiertags- und Ladenschlussgesetz hatte die Stadt über Jahre hinweg das Öffnen der Geschäfts am zweiten Adventssonntag (der rein rechnerisch immer in den Dezember fallen muss) per eigenmächtiger Verordnung genehmigt.
Gesetzesverstoß seit zehn Jahren
Zehn Jahre lang störte sich niemand daran. Bis es einem Marktbesucher aus Coburg, vermutlich ein Einzelhändler, auffiel und der Anzeige erstattete.
Nun kam die Behörden-Maschinerie aber in Schwung. Die Regierung von Oberfranken forderte das Landratsamt Bamberg auf, tätig zu werden. Und das Landratsamt Bamberg hob eine im Jahr 2001 erlassene Verordnung der Stadt im Frühjahr 2011 auf, wonach am zweiten Adventssonntag geöffnet werden darf. Mit einer redaktionellen Änderung der Satzung - der Passus "am 2. Adventssonntag" wurde einfach - gestrichen, hofft der Stadtrat, eine Lockerung erreicht zu haben.
Auch in Ebern planen viele Geschäftsleute schon um: Da Buden vor dem Geschäft im Rahmen des allgemeinen Markttreibens gestattet sind, hält man sich sprichwörtlich ein Hintertürchen offen - und wenn man einen Kunden vom Stand vor dem Geschäft nur durchs Innere zur Toilette geleitet.
Dies sollte aber kein Geschäftsinhaber übertreiben. Bei vergleichbaren Fällen in früheren Jahren hatte es schon Strafen gesetzt, als Konkurrenten von außerhalb des Stadtzentrums ihre Mitwerber entlang des Marktplatzes anschwärzten.
Für Kontrollen sind laut Regierung von Unterfranken die Kommunen zuständig. "Die Gewerbeaufsichtsämter machen das nicht", sagt Johannes Hardenacke. Auch seitens des Landratsamtes finden keine Kontrollen zur Einhaltung der Ladenöffnungszeiten statt, so Monika Göhr. "Angezeigten Verstößen wird aber nachgegangen und gegebenenfalls mit Bußgeld geahndet", kündigte Göhr an.
Kurz und bündig gibt sich Michael Baiersdorfer vom Ordnungsamt der Verwaltungsgemeinschaft Ebern: "Der Weihnachtsmarkt findet heuer am 2. Dezember statt, somit darf nicht geöffnet werden."
Durchaus vorstellbar, dass einige der reglementierten Eberner Geschäftsleute sich eine Woche später im nahen Baunach umschauen, wie dort mit dem Ladenschlussgesetz umgegangen wird. In beiden Städten ist der Bamberger Erzbischof Schick im Übrigen nicht zuständig, weil sie zum Bistum Würzburg gehören. Seelsorgerisch, nicht verkaufstechnisch.
"Ich meine, dass die bestehenden Ladenschlusszeiten ausreichen"
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick bringt es immer mal wieder fertig, mit teils fragwürdigen Äußerungen kontroverse Debatten auszulösen. So etwa, als er im Sommer ein Gesetz forderte, das Blasphemie unter Strafe stellt.
Damit punktete er bei streng gläubigen Menschen, etwas liberaler gesinnte Bürger aber legten ihm den Vorstoß als unsouveränen Akt der Selbstgerechtigkeit aus. Jetzt hat sich der 63-jährige Geistliche wieder zu Wort gemeldet - doch empört darüber haben sich weitaus weniger: Schick warnt vor einer Ausweitung der Ladenöffnungszeiten und stößt auf Verständnis. Und zwar bei Berufsgruppen, für die es gang und gäbe ist, dass sie an Wochenenden, Feiertagen und auch nachts arbeiten müssen.
"Ich meine, dass die bestehenden Ladenschlusszeiten ausreichen", sagt etwa Peter Firsching, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt. Er betont ausdrücklich, dass dies seine ganz persönliche Meinung sei. "Ich spreche hier nicht als Polizeibeamter." Als solcher aber ist es Firsching gewohnt, in regelmäßigen Abständen samstags, sonntags, am Tag und auch in der Nacht zu arbeiten. Der Unterschied ist der, dass es in seinem Beruf nicht anders geht.
Gewerkschaftlich organisierte Verbrecher, mit denen sich vereinbaren ließe, zwischen 23 Uhr abends und 6 Uhr morgens keine Einbrüche zu verüben, gibt es nicht. Also muss die Polizei sieben Tage die Woche rund um die Uhr verfügbar sein.
Im Einzelhandel, so Firsching, gibt es diese Notwendigkeit nicht. Da viele Läden bereits sechs Tage die Woche geöffnet haben, geht Firsching davon aus, dass es für jedermann möglich ist, seinen Tagesablauf so zu organisieren, dass Einkaufen keine größere Schwierigkeiten bereitet: "Wenn ich das schaffe mit meinen 55 Jahren und nachlassender Gedächtnisleistung, schaffen das andere auch." Man müsse auch an das Personal denken: "Es ist eine erhebliche Belastung, wenn man nur jedes vierte Wochenende frei hat."
Thomas Sechser, Bürgermeister der Gemeinde Oberaurach, ist derselben Meinung: "Ich persönlich sage, es ist den Verkäufern nicht zumutbar." Auch in seinem Job gibt es nur selten freie Wochenenden, aber das müsse man differenziert betrachten. Es gebe Berufe, da gibt es keine Alternative zur Sieben-Tage-Woche, aber im Einzelhandel ließe sich das anders organisieren. "Klar, die Bedürfnisse ändern sich", sagt er. Aber seiner Meinung nach könnte man es sogar schaffen, seine notwendigen Einkäufe zu erledigen, wenn die Läden nur bis 18 Uhr geöffnet hätten. Seine Frau sei gelernte Krankenschwester, auch da ist Wochenendarbeit üblich, ja sogar nötig. Dennoch könne das für die Familie sehr belastend sein, wenn weniger gemeinsame Freizeit zur Verfügung steht.
Michael Bayer, Vorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes im Kreis Haßberge, sieht ebenfalls keine Notwendigkeit, Läden länger oder sonntags öffnen zu lassen. "So, wie es jetzt ist, hat jeder die Möglichkeit, so viel einzukaufen, wie er will." Bayer selbst arbeitet als Wirt im Grunde genommen immer dann, wenn andere frei haben. Aber in seinem Beruf lasse man sich darauf von vorneherein bewusst ein. Im Einzelhandel dagegen wäre das nur eine zusätzliche Belastung: "Ein bisschen Ruhe brauchen die Leute auch", zeigt er Verständnis für die Situation der Beschäftigten im Einzelhandel.
Außerdem glaubt er, dass eine Ausweitung von Ladenöffnungszeiten für den ländlichen Raum von Nachteil wäre. "Wenn das in Ballungszentren ausgeweitet wird, blutet das flache Land noch weiter aus." Denn ums Einkaufen allein gehe es vielen Leuten gar nicht mehr, vielmehr erhoffen sie sich ein Erlebnis, suchen Unterhaltung. Kleine Läden auf dem Land hätten da das Nachsehen, ebenso die Gastronomie dort. Die in den Städten dagegen profitiere. "Ein kleiner Familienbetrieb auf dem Land kann da nicht mithalten."
