Druckartikel: Haßberge-CSU richtet den Blick auf die Verfassung

Haßberge-CSU richtet den Blick auf die Verfassung


Autor: Günther Geiling

Eltmann, Dienstag, 13. Dezember 2016

70 Jahre bayerische Verfassung, auf diesem Anlass richtete die CSU im Landkreis einen Festakt aus, Prominenter Sprecher war der bayerische Justizminister.
Domkapitular Clemens Bieber bei seinem Grußwort aus der Sicht der Kirche. Fotos: Günther Geiling


Die Geburtsstunde des modernen Freistaats Bayern, Rechtsstaatlichkeit, Toleranz, Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie Meinungs- und Religionsfreiheit als Grundwerte der Kultur feierten die Vertreter der CSU im Landkreis beim Festabend mit Professor Winfried Bausback im Klenze-Saal in Eltmann. Bürgermeister Michael Ziegler sah es als besondere Ehre für die Stadt, den Festakt in den Stadtmauern beherbergen zu dürfen, und er erinnerte im Blick auf den bayerischen Justizminister an die einstige Bedeutung der Stadt Eltmann.


Präambel der Verfassung

CSU-Kreisvorsitzender und Landtagsabgeordneter (MdL) Steffen Vogel stellte die Präambel der bayerischen Verfassung in den Vordergrund: "Angesichts des Trümmerfeldes, zu dem eine Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott, ohne Gewissen und ohne Achtung vor der Würde des Menschen die Überlebenden des Zweiten Weltkrieges geführt hat, in dem festen Entschluss, den kommenden deutschen Geschlechtern die Segnungen des Friedens, der Menschlichkeit und des Rechtes dauernd zu sichern, gibt sich das Bayerische Volk, eingedenk seiner mehr als tausendjährigen Geschichte nachstehende demokratische Verfassung." In den 70 Jahren Demokratie entwickelte sich Bayern und das Land zu einer Lokomotive Europas. Deutschland gehe es gut, Bayern noch besser. Man sei wirtschaftlich, sozial und kulturell ein starkes Land.


Pflicht zum Ehrenamt

Vogel sprach die Vorzüge der bayerischen Verfassung an. Kein anderes Land habe so viel direkte Demokratie wie Bayern mit niedrigsten Quoren; jeder Bürger könne gegen das Gesetz klagen. Das sei im Bund nicht möglich. Jeder könne sich direkt an den Landtag wenden. Auf der anderen Seite werde auf Pflichten hingewiesen. Im Artikel 121 stehe sogar: "Alle Bewohner sind verpflichtet zur Übernahme von Ehrenämtern."

Der CSU-Stimmkreisabgeordnete bescheinigte Minister Bausback hohe Sachlichkeit, Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit, mit denen er Themen voranbringe. Dennoch könne der Staat nicht alles schaffen. Er sei auf die Bürger und soziale Organisationen wie die Caritas angewiesen. Zu Gast war in Eltmann die gesamte Spitze des Caritasverbandes Unterfranken, zahlreiche Vertreter aus der Justiz, der Wirtschaft und der Politik.


Die Sicht der Geistlichkeit

"Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst." Mit diesem Zitat von John F. Kennedy wies Domkapitular Clemens Bieber darauf hin, dass es nicht nur darum gehe, die Hände aufzuhalten, sondern sich als aktiver Teil der Gesellschaft zu verstehen. Die Verfassung gehe noch weiter und fordere Solidarität der Menschen untereinander und im Auftrag der Nächstenliebe. Jeder Mensch müsse spüren, dass er willkommen sei und mitgetragen werde mit seinen Stärken und Schwächen. Auch die Kirche stehe hier in großer Mitverantwortung und sie sei überzeugt, dass ihr Tun auch in Zukunft wichtig sei. Bieber sprach von einem "pastoralen Arm", um das Herz der Menschen zu erreichen, aber auch von einem "sozialen Arm", mit dem man Menschen stützen und helfen wolle. Nur einen funktionierenden Sozialstaat zu organisieren, sei zu wenig. "Wir brauchen den Einsatz für die Menschen, der ihnen Mut und Hoffnung gibt. Als Kirche sind wir weiter gerne dabei, weil es auch uns um den Dienst am Menschen geht."


Der rote Faden in der Gesellschaft

"Die Verfassung soll Gesellschaft und Staat zusammenführen. Sie ist in einer ganz anderen Zeit entstanden. Trotzdem ist sie nichts Gestriges und Überholtes, sondern sie zeigt Grundsätze und große Linien auf, auf welcher die Politik zu gestalten ist. Die Verfassung ist immer up to date", betonte der Justizminister. Toleranz, Religionsfreiheit, Sicherheit und Freiheit seien elementare Grundwerte mit zeitloser Gültigkeit. Der Staat lebe von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren könne: Eine Grundlage des Handelns ohne religiöse Basis würde ins Leere gehen.

Die Väter der Verfassung drückten damit aus, dass sich die Mehrheit auf einem festen Fundament zusammengefunden hat. Auch die "Freiheit" sei ganz klar im Artikel 101 definiert: "Jedermann hat die Freiheit, innerhalb der Schranken der Gesetze und der guten Sitten alles zu tun, was anderen nicht schadet." Die beiden elementaren Werte könnten in ein Spannungsfeld geraten, bedingen sich auch gegenseitig. "So kann die Sicherheit nur in einem System der Freiheit genossen werden. Ohne Sicherheit keine Freiheit und ohne Freiheit keine Sicherheit."


Zentrale Aufgabe ist Sicherheit

Grundrechte seien nicht nur Abwehrrechte des Einzelnen, sondern begründeten zugleich echte Schutzpflichten des Staates. "Das heißt für mich als Justizminister: Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger ist Staatspflicht und eine unserer ganz zentralen Aufgaben." Das fordere klare und konkrete Antworten. Bausback zeigte sich besorgt, wie sich die Gesellschaft derzeit darstelle. Grausame Anschläge in Ansbach und Würzburg, rechtsextreme schwere Straftaten, Linksextremismus, der Polizisten treffe. Auch Phänomene wie Paralleljustiz und Cyberkriminalität gehörten dazu. Zu letzterem habe man jetzt eine zentrale Stelle eingerichtet, weil im Datennetz unter den Augen des Gesetzes schwere Straftaten angebahnt würden und dies beängstigende Ausmaße annehme.

Bausback wurde bei den Flüchtlingsproblemen konkret. "Phänomene wie die Vollverschleierung durch Burka und Niqab sind nach meiner Meinung mit unseren Grundwerten nicht in Einklang zu bringen und können insbesondere im Gerichtssaal keinesfalls geduldet werden. Auch Kinderehen unter 16 Jahren müssen in unserem Land von Anfang an null und nichtig sein." Im Land gebe es jedoch schon mehr als 1000 Kinderehen mit unter 16-Jährigen.


Gegen den Extremismus

Um die Extremismusbekämpfung zu verbessern erklärte Bausback, gebe es jetzt bei der Generalstaatsanwaltschaft München eine "Zentralstelle Extremismus"; in Bamberg wurde die "Zentralstelle Cybercrime" um 24 Kräfte aufgesteockt. Damit sei Bayern das erste Land mit einer Staatsanwaltschaft, die sich mit diesen Problemen auseinandersetze. Das Internet dürfe kein rechtsfreier Raum sein.

Auch bei den Flüchtlingen, so Bausback, gebe die Verfassung ein klares Bild vor. "Die hier dauerhaft leben, sollen auch mit uns leben. Wir sind eine solidarische Gesellschaft und wollen dies sein. Dies kann nur funktionieren, wenn Zusammengehörigkeit entsteht, und deswegen ist die Integration ein wichtiger Punkt. Hier ist aber der Staat allein überfordert und sind Verbände und Bürger notwendig." Die Verfassung gebe hierzu ebenso eine Verantwortung für die Kinder und nachwachsende Generation vor, "dass wir Gesellschaft und Staat nicht überfordern dürfen."

Der Justizminister fand, 70 Jahre bayerische Verfassung seien guter Anlass, um sich auf das zu besinnen, was wichtig sei: "Die Verfassung ist keine Verfassung der Beliebigkeit. Tradition, Kultur und Identität - das macht Bayern so besonders. Bayern ist weit mehr als nur ein ausgezeichnet funktionierender Staat - Bayern ist unsere Heimat, die auf dem Wertefundament und den Traditionen des christlichen Abendlandes beruht. Unser Freistaat belegt dies eindrucksvoll."

Gemeinsam mit der Sängerin Christina Schnös sagen alle Anwesenden die Bayernhymne als würdigen Abschluss der Festveranstaltung. Es folgten Stehempfang und persönliche Gespräche.