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Hartes Ringen um Nationalpark Steigerwald


Autor: Benedikt Borst

Untersteinbach, Freitag, 06. Dezember 2013

Der Bund Naturschutz wirbt weiter intensiv für einen Nationalpark im Steigerwald: Und zwar genau dort, wo der Widerstand gegen das Vorhaben am größten ist. Die Fronten mit den Rauhenebrachern sind eindeutig bis verhärtet.
Verschränkte Arme und ernste Gesichter: Die Nationalparkpläne lösen bei den Rauhenebrachern keine Begeisterungsstürme aus. Fotos: Barbara Herbst


Was bedeutet es für Rauhenebrach und seine Bewohner, wenn die Idee von einem Nationalpark im Steigerwald Wirklichkeit würde? Darüber streiten die zwei Parteien seit Jahren. Auf der einen Seite die Befürworter - vor allem diverse Naturschutzverbände. Allen voran der Bund Naturschutz in Bayern (BN), aber auch der Landkreis Bamberg und der Markt Ebrach. Seit Jahren setzen sie sich für einen Nationalpark im Steigerwald ein. Ihnen gegenüber steht der Verein "Unser Steigerwald". Darin artikulieren Bürger, Politiker, Vereine und betroffene Gemeinden, unter anderem auch Rauhenebrach, ihren Widerstand. Wie verhärtet die Fronten sind, wurde am Donnerstag in einer Informationsveranstaltung deutlich, die die BN-Kreisgruppe in Untersteinbach organisiert hatte.

Der BN wagte sich damit in die Höhle des Löwen: Die Stimmung in dem mit rund 60 Besuchern voll besetzten Saal im Gasthaus Michel war emotional, aber überwiegend fair. Unter den Zuhörern waren zwar mehrheitlich Gegner des Projekts anwesend. Es fielen auch immer wieder leidenschaftliche Zwischenrufe. Trotzdem ließen die Rau-henebracher die Referenten des BN ausreden und stellten sich im Anschluss an die Vorträge einer geordneten Diskussion.

Der BN-Waldreferent Ralf Straußberger argumentierte, dass der Gemeinde und den Bürgern keine Nachteile durch einen Nationalpark entstehen würden (siehe Infokasten). Er erläuterte, dass nur staatliche Waldgebiete für die Ausweisung infrage kommen. "Es fordert niemand, dass Privatwälder nicht mehr genutzt werden dürfen", stellte er klar. "Wer Ihnen erzählt, Nationalparks dürfe man nicht betreten, der sagt die Unwahrheit", betonte Straußberger. Er kritisierte, dass im Vorfeld Unwahrheiten verbreitet würden, um bei den Leuten Ängste zu schüren.

Nationalpark als Chance

Straußberger verwies auf andere, bereits bestehende Nationalparks wie im Bayerischen Wald oder im Hainich in Thüringen. Dort hätten die Parks strukturschwache Regionen gestärkt und seien vom Großteil der Bevölkerung akzeptiert. Die Rauhen-ebracher "würden auch am meisten profitieren", sagte er.

Die Region habe die Chance, sich staatliche Zuschüsse in Millionenhöhe zu sichern. "Aber sie können sagen, ja, wir wollen das Geld nicht bei uns in der Region. Soll das doch in den bayerischen Wald fließen", meinte er.

Regionaler Wirtschaftsmotor

Der Naturschützer sieht den Nationalpark als regionalen Wirtschaftsmotor. So sei es Aufgabe eines Nationalparks, zur Umweltbildung und Erholung beizutragen. Das fördere den Tourismus, schaffe Arbeitsplätze und verbessere den öffentlichen Personennahverkehr. Außerdem könne das Vorhaben negativen Auswirkungen der demographischen Entwicklung, wie der Abwanderung der Jugend, der Überalterung der Bevölkerung, der Schließung von Schulen und Kindergärten und dem Ärztemangel entgegenwirken.

Sebastian Finster, Zweiter Bürgermeister der Gemeinde, entgegnete, dass kritisch abgewogen werden müsse, was die Ausweisung eines Nationalparks wirtschaftlich bringe. Er bezweifelt, dass der Tourismus dadurch einen starken Aufschwung erfahre. "Der Eindruck der Gesamtbevölkerung ist, dass wir hier damit schlechter fahren", sagte Finster.

Hermann Hotz merkte an, dass auch ohne Nationalpark Gelder in den Steigerwald fließen. Er nannte das integrierte Ländliche Entwicklungskonzept. "Da stehen etliche Millionen im Raum", sagte Hotz.

Hintergrund

Die Bundesrepublik hat sich 1992 in einem internationalen Abkommen verpflichtet, ihren Beitrag zum Erhalt der Arten und Lebensräume zu leisten. Dazu gehört, dass zehn Prozent der öffentlichen Waldfläche nicht genutzt werden. In Unterfranken sind bislang 1,9 Prozent der öffentlichen Wälder nutzungsfrei. Der Steigerwald kommt als Nationalparkgebiet wegen seiner seltenen, alten Buchenbestände infrage. Buchen werden von der Holzindustrie in der Regel sehr jung geschlagen

Flächen

Das für den Nationalpark vorgeschlagene Gebiet (11 250 Hektar) umfasst ausschließlich Staatswald. Private Wälder sind nicht betroffen.

Förderung

Die Landkreise und Kommunen, die im Nationalparkgebiet liegen oder an dieses angrenzen, sollen finanziell durch Fördergelder, infrastrukturell durch Wanderwege und Informationszentren sowie touristisch durch steigende Gästezahlen und neue Arbeitsplätze profitieren.

Betretungsrecht

Es soll im Nationalpark keine Wegegebot geben, das heißt Spaziergänger und Wanderer dürfen sich wie bisher von festen Wegen entfernen. Außerdem sieht der BN-Vorschlag vor, dass wildwachsende Waldfrüchte, Pilze und Pflanzen weiterhin für den Eigengebrauch gesammelt werden dürfen.

Jagd

Schalenwild wie Rehe und Wildschweine dürfen weiterhin gejagt werden, um den Bestand zu regulieren.

Holznutzung

Es wird gewährleistet, dass die Bevölkerung vor Ort weiterhin ihr Brennholz aus dem Steigerwald bekommt. Außerdem soll sicher gestellt werden, dass Wertholz in der Region weiter verarbeitet und nicht ins Ausland exportiert wird.

Schädlinge

Im Gegensatz etwa zu Fichtenwäldern, die extrem für den Borkenkäfer anfällig sind, steht in Buchenwäldern laut BN-Experten Ralf Straußberger kein Schädlingsbefall zu befürchten.

Kritik

Diese Vorschläge des Bundes Naturschutz ziehen die Gegner eines Nationalparks in Zweifel. Sie befürchten, dass die Regeln aufgeweicht werden und Restriktionen folgen. Die Steigerwälder haben große Angst, dass sie nicht mehr Herr im eigenen Haus sind.