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"Großer Bruder" Mark Forster lässt im Schlosshof Konfetti regnen


Autor: Sarah Seewald

Eyrichshof, Montag, 01. August 2016

Ein Konzertabend, an dem man die bekannten Hits von Mark Forster nach den ersten Klängen daran erkennt, dass jeder Dritte sein Handy in die Luft streckt.
Mark Forster genießt den Zwischenstopp im Schloss Eyrichshof in Ebern, wie er beim Konzert am Abend verrät.  Fotos: Matthias Hoch


Ammelie hält ihr Fernglas an die Augen. Dreht sich nach links, ihr Blick schweift vorbei am Wurststand, vorbei an den Sanitätern, die ihr Zelt in einer Art Kutschenhalle aufgeschlagen haben. Es ist ein erster Kontrollblick, wie viel näher sie mithilfe dieses Glases Mark Forster in ein paar Minuten sein kann. Lukas dagegen zählt auf die Muskelkraft seines Kumpels. Timo fasst ihm um den Bauch, mit Schwung lupft er seinen Kumpel hoch. Eins, zwei ... schon sind Lukas' Füße wieder auf dem Schlosshof-Boden angekommen. Ob das für den direkten Blick auf die Bühne später reicht?

Alle Namen sind frei erfunden, alle geschilderten Szenen konnten so am Sonntagabend auf Schloss Eyrichshof in Ebern beobachtet werden. Es sind viele Kinder, die mit ihren Müttern und Vätern einen Familienausflug am Abend unternommen haben. Der eine oder andere hat sich dem Style seines Lieblingssängers angepasst: lässige Jeans, noch lässigere Turnschuhe, einfarbiges Shirt, Vollrandbrille und nicht zu vergessen: mit Kappe - nur das mit dem Bartwuchs klappt bei den kleineren noch nicht.

Es ist der fünfte Abend der Veranstaltungsreihe "Schloss Eyrichshof Open Air", bei dem das Publikum einen Querschnitt durch die Altersklassen abbildet. Für rund 3200 Gäste lässt Mark Forster Konfetti regnen "und die Chöre singen für dich: Ohhohoooohooo". Der Publikumschor klingt jung. Jung und zaghaft. Die "Ohohhhohhs" gewinnen erst im Laufe des Abends an Stärke.

Bei Lemo, dem Künstler aus Graz, der um kurz nach 20 Uhr die Bühne als Einheizer, als Zwei-Mann-Vorband mit Felix Reischl betritt, werden alle Kräfte gespart. "Es ist richtig schön ruhig hier", ruft Lemo deshalb auch nach seinen ersten beiden Liedern in die Menge. Der Liedermacher präsentiert sich mit Gitarre und Tagebuchauszügen ähnelnden Stücken. Mal lauter, mal leiser, stets in seinen Gedanken versunken, meist mit schmissigen Gitarrenschlägen und einer leicht kratzigen Stimme. Nach dem obligatorischen Abschiedsfoto in die Menge dauert es nicht mehr lange.

Um 21 Uhr nehmen acht Männer die Bühne ein. Mit ausgestreckten Armen und Händen, die sich öffnen und wieder schließen - die Bewegung erinnert an Krokodilsschattenspiele aus Kindheitstagen - beweisen die Gäste den Menschen in Ebern gleich zu Beginn ihre Liebe und Zuneigung. So die Botschaft hinter ihrer abgewandelten Hip-Hop-Armbewegung, erklärt Forster.


"Beste Nacht" in Ebern

Forster quasselt nicht zwischen seinen Stücken. Er wählt konsequente Überleitungen. Dann ertönt die nächste Melodie. Tanja schreit los. Das Lied kennt sie. Sie dreht sich zu ihrer Tochter und ihrem Mann um, lässt sie an ihrem Wissen, an ihrer Vorfreude teilhaben. So geht das Lied für Lied. Ihre Tochter findet sie irgendwas zwischen peinlich und supercool. Widmet sich dann doch wieder lieber ihrem Handydisplay. Denn daran erkennt man an diesem Abend die Hits: Je bekannter der Titel, auf desto mehr Mini-Leinwänden wird die Show bis in die letzte Reihe übertragen.

Bei "Flash mich" wird es laut und hell. Bei "Wir sind groß" bewegen auch Väter, Begleiter, Fußballfans ihre Lippen. Ganz vorne stehen sie, die Fans, die jede Zeile jedes Liedes mitsingen - "bevor du kamst, war ich nur einer dieser Steine" - und ins Grölen geraten, wenn Forster sie dazu auffordert. Ein Chor der Auserwählten und Mutigen, die sich nicht überlegen, was passiert, wenn ein Ton nicht sitzt. Sie werden im Laufe des Abends unterstützt von einem weltbekannten Chor - den Harlem-Gospel-Singers. Mit Gags der modernen Technik wie mit dem Einwählgeräusch eines Onlineanrufanbieters erreicht Forster täuschend echt nicht nur die Sänger aus New York in Harlem "on the strippe", sondern auch die Zuschauer mit seinem schwerelosen Humor.

"Alle so erwachsen um uns herum, alle außer wir" - singt er. Doch Forster scheint trotzdem keiner zu sein, der sich mit Anfang 30 krampfhaft gegen das Alter wehrt. Er wirkt jung, singt über Selfies wie übers "Siedler" spielen. Doch er wirkt erwachsen, verantwortungsbewusst, wie ein großer Bruder. Nicht nur für "Natalie", für die er auch in Ebern eine musikalische Liebeserklärung parat hat. Er erreicht Generationen, weil er Null-Bock-Stimmung hinter dem Titel "Königin Schwermut" verpackt. Er ist einer, der sein Versprechen hält: "Ich lass Konfetti für dich regnen, ich schütt dich damit zu." Jemand, der Ahnung von Musik hat, weil jeder Ton sitzt und sieben Mann ein würdiges "Orchester" ausmachen, um seine Texte in ihren Klängen zu rahmen. Mark Forster ist einer, dem man die Ohren der Kinder anvertrauen kann.