Druckartikel: German Roots liegen in Lußberg

German Roots liegen in Lußberg


Autor: Günther Geiling

Lußberg, Donnerstag, 18. Mai 2017

In Amerika machten sich Vater Alan und Sohn Wyatt Himmer auf die Suche nach Verwandten in Deutschland. Im Breitbrunner Gemeindeteil wurden sie fündig.
Dieses Bild (links) aus dem Jahr 1963 war der einzige Beweis bei der Suche nach den Familienwurzeln; es war in Lußberg aufgenommen.


Immer mehr US-Bürger begeben sich auf Spurensuche und wollen herausfinden, wer ihre Vorfahren waren oder woher sie kamen. Mit dem Internet oder anderen Medien ist dies heute einfacher als früher. Für Vater Alan und Sohn Wyatt verlief diese Suche jedoch ganz anders. Vom Großvater hatten sie nur ein Familienfoto vor einer Hauswand und den Hinweis, dass dieses Haus in Lußberg stehen müsste. So marschierten vor wenigen Tagen tatsächlich zwei Männer durch den Breitbrunner Gemeindeteil und verglichen ihr Foto mit den Hauswänden. Mit Hilfe einer Anwohnerin hatten sie Erfolg.
Vom 18. bis 20. Jahrhundert sind wohl sieben Millionen Deutsche nach Amerika, in die heutige USA, ausgewandert. Heute hat fast jeder zehnte Amerikaner, das sind 50 Millionen, deutsche Wurzeln. In einigen Familien ist bekannt, woher die Vorfahren kamen und wann sie ausgewandert sind. In anderen ist dieses Wissen verschüttet oder nur noch bruchstückhaft vorhanden.


In fünfter Generation

Für den 19-jährigen Wyatt Himmer ist es schon die fünfte Generation und für seinen Vater Alan Himmer war es einfach eine Herausforderung, die Spuren der Vorfahren in Deutschland zu erkunden. Jetzt in seinem Ruhestand wollte er dies tun - bereist hat er schon die ganze Welt: Beruflich war er als Banker vier Jahre bei der UBS-Bank in der Schweiz und im Consultingbereich sieben Jahre in Polen, je drei Jahre in Kanada und China, zwei Jahre in Finnland und vier Jahre in Usbekistan, aber noch nicht auf seinen familiären Spuren in Deutschland.
Dies reizte ihn nun, wobei er nicht wusste, ob er überhaupt fündig würde. "Mein Vater hat gesagt, ich habe nur zwei Bilder mit einem Erinnerungsfoto vor dem Haus der Hümmer in Lußberg/Rudendorf. Aber damit wusste ich ja noch nicht, ob es dieses Haus überhaupt noch gibt oder ob es umgebaut wurde und gar nicht mehr zu erkennen ist", meinte Alan Himmer dann, als er tatsächlich vor dem Haus stand, in dem sein Urgroßvater geboren wurde.
Nach seinen Recherchen, so Alan Himmer, sei der Urgroßvater um 1901 zweimal mit dem Schiff in Amerika gewesen. Schon ein älterer Bruder war früher nach Amerika gekommen und hätte ihm gesagt, dass es dort sehr viel Land gebe und man eine Farm aufmachen könne. "Der Bruder war nämlich Farmer. Aber er wollte nicht, dass dieser auch Farmer wurde, sondern er sollte in eine Fabrik gehen, um Geld zu verdienen. So könnten sie gemeinsam die Farm führen und dann investieren."
Der Großvater sei dann Buchhalter in einer deutsch-amerikanischen Fabrik gewesen. Allerdings meinte Alan, dass die Farmen in New England nur ca. 20 Hektar groß waren, während die riesigen Farmen mehr in Arkansas und Texas seien. Aus der Farm hätten sie dann später ein Gasthaus gemacht.
Sein Vater, der ebenfalls Alan heißt, war dann Zimmermann und habe Häuser gebaut, "denn bei uns gibt es ja fast nur Holzhäuser".


14 Tage in Europa unterwegs

Weil nun Alan und Wyatt Himmer ja nicht wussten, ob sie überhaupt erfolgreich bei ihrer Suche nach dem Ort ihrer Vorfahren werden, verbanden sie diese Vorfahrenssuche mit einer kleinen Europareise von 14 Tagen, auf der Vater Alan seine ehemaligen beruflichen Stationen aufsuchen, aber auch andere Länder und Städte kennenlernen wollte. Begleitet wurde er von seinem Sohn, der in Kanada Wirtschaftswissenschaften studiert und gerade Ferien hatte.
Im Vorfeld hatten sie natürlich geschaut, wo in Deutschland dieser kleine Ort Lußberg liegt und wie man ihn erreichen könnte. Mit im Gepäck hatten sie nur einige Blätter mit den Namen ihres Stammbaumes, der auf der Suche vielleicht wichtig werden könnte.
Nach der Landung in Deutschland ging es zunächst nach Polen und dann wieder zurück mit dem Zug bis Ebelsbach. Lußberg liegt ja nördlich und zu Fuß machten sich die beiden "Himmers" auf in die Haßberge bei schönstem Wetter. Vor allem Sohn Wyatt war begeistert von der schönen Landschaft: "Das ist der schönste Platz in der Welt - die Landschaft sieht aus wie von Picasso gemalt". Damit meinte er die großen Rapsfelder, an denen sie bei ihrem Fußmarsch vorbeikamen.
Unbemerkt von irgendjemanden, geschweige denn von der Verwandtschaft, spazierten sie mit Rucksack durch die Straße von Lußberg, den Blick immer auf die Hauswände und das Familienfoto aus dem Jahre 1963 gerichtet. Das Haus war schwer zu finden, denn es steht am Ortsausgang abseits der Straße auf einer Anhöhe und gehörte eigentlich deswegen auch bereits zu Rudendorf. Eine Anwohnerin kam aber auf die Idee, dass es das Haus der Hümmers oben am Berg wäre. Und so war es auch.
Die Überraschung bei den beiden Amerikanern war natürlich groß und sie waren gespannt, wie ihre Verwandtschaft reagieren würde. Rosemarie Hümmer, die das Haus allein bewohnt, staunte nicht schlecht, als sie plötzlich die beiden Männer vor ihrer Haustüre sah und sich mit "Himmer" vorstellten, weil es in der englischen Sprache eben nicht das Hümmer mit ü gebe. Dieses Ereignis sprach sich natürlich in Windeseile oder über Telefon herum und schon bald kamen Sohn Helmut Hümmer und Tochter Karina Fella, kurz darauf auch die Enkelinnen Töchter Hannah und Nina dazu.
Die beiden amerikanischen Verwandten konnten sich doch ganz gut in "deutsch" verständigen. Dabei konnten sie mitteilen, dass es in ihrer Heimat und in der Gegend von New Hampshire viele Himmer gebe, deren Vorfahren von 1880 bis 1920 ausgewandert seien. Natürlich wurden Adressen und E-Mail-Adressen ausgetauscht und bei dem schnellen Kennenlernen kam auch die Hoffnung auf, dass man sich wieder einmal in Deutschland oder in den USA treffe.
Beim engen Zeitfenster im 14-tägigen Urlaub stand München auf dem Programm und nach eineinhalb Stunden ging der Zug ab Bamberg. Zu Fuß wäre dies aber von Lußberg aus nicht möglich gewesen, so dass Sohn Helmut Hümmer die "Taxifahrt" nach Bamberg übernahm. Auf dem weiteren Plan der beiden Gäste von Übersee stehen nämlich noch je zwei Tage in Zürich und Lousanne, Straßburg, Verdun und Belgien, bevor es dann von Frankfurt wieder zurück in die USA geht.
Von der Schweiz aus meldete sich Alan Himmer nochmals: " Wyatt und ich sind immer noch begeistert von dem Glück, dass wir unsere lang verlorene Familie kennengelernt haben. Es war überraschend und wunderbar, aber ich wünschte, es wäre früher passiert."