Gericht erteilt bittere Lehrstunde für den Sport
Autor: Katja Müller
Haßfurt, Sonntag, 28. Oktober 2012
Der Prozess am Amtsgericht Haßfurt gegen den Geschäftsführer einer insolventen GmbH, die Profi-Sport ermöglichen sollte, wurde gegen eine Geldauflage von 10.000 Euro eingestellt. Der Mann stand wegen der Veruntreuung von Arbeitsentgelt vor Gericht. Sauber waren die Methoden aber nicht.
35 .559 Euro sind eine Menge Geld - und dabei ist das erst die Spitze des Eisbergs. Insgesamt etwa 80.000 Euro an Sozialleistungen soll eine ehemalige Profisportvereinigung aus dem Kreis Haßberge unterschlagen haben. Indem sie ihre Spieler als geringfügig Beschäftigte anmeldete, sparte sie die volle Beitragszahlung für Renten-, Pflege-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung. Dadurch war der Verein, der für den Spielbetrieb in der Bundesliga eine GmbH gegründet hatte, überhaupt erst in der Lage, Profigehälter zu bezahlen. Ein Jahr nach Gründung meldete die GmbH im Juli 2009 Insolvenz an.
Knapp fünf Stunden lang arbeiteten sich Amtsrichter Roland Wiltschka und Staatsanwalt Matthias Kröner durch Zahlenkolonnen. Es galt zu klären, ob der ehemalige Geschäftsführer der GmbH Arbeitsentgelt veruntreut hatte, indem er die Zahlung von Sozialleistungen unterlassen hatte.
Der Prozess am Amtsgericht Haßfurt konzentrierte sich dabei auf die Gehaltszahlungen an vier Spieler im Zeitraum Juli 2008 bis Juni 2009. Alle waren als geringfügig Beschäftigte angemeldet. In den Arbeitsverträgen standen aber Gehälter zwischen 1000 und 1300 Euro netto. Doch auch das galt nur theoretisch.
"Ich habe nie eine Lohnabrechnung gesehen"
"Das Gehalt kam sehr unregelmäßig und blieb am Ende ganz aus.
Die Berechnung der Spielergehälter erwies sich als Knackpunkt im Prozess. Denn der Angeklagte, der ehemalige GmbH-Geschäftsführer, argumentierte, dass alle Gehaltszahlungen oberhalb der 400 Euro-Grenze (dem Höchsteinkommen für Mini-Jobber) steuerfreie Prämien gewesen wären, die die GmbH nicht hätte angeben müssen.
Der Betriebsprüfer der Insolvenzabwicklung, ein Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung, widersprach. Auch Prämien seien sozialversicherungspflichtig. Insbesondere sei aber die Berechnung des Nettogehalts (wie es im Profisport üblich ist) extrem kompliziert. Dabei werde das Bruttogehalt solange erhöht, bis nach Abzug aller Beitragssätze der vertraglich vereinbarte Nettobetrag übrig bleibe.
Die beiden Verteidiger des Angeklagten sprachen deshalb konsequent von einem "Abrechnungsfehler, den man nicht abstreiten könne". Der Angeklagte besitze keine kaufmännischen Kenntnisse und habe sich blind auf die Kompetenz anderer verlassen.
Geldauflage von 10.000 Euro
Richter Wiltschka dagegen redete gar von Schwarzgeld: "Das Dilemma ist doch klar: Der Verein wollte Spieler, die Leistung bringen. Aber die Kasse war leer." Wiltschka ging aber letztlich davon aus, dass der Angeklagte nicht vorsätzlich handelte und sich auch nicht privat bereichern wollte. "Ich habe mir nicht mal mein eigenes Gehalt ausgezahlt", bestätigte der Angeklagte vor Gericht.
Da das Strafverfahren gegen den Geschäftsführer letztlich gegen eine Geldauflage von 10.000 Euro eingestellt wurde, kann er als Privatperson nicht belangt werden. Das ist sein Glück.
Denn wenn die Krankenkassen ihr verlorenes Geld in einem separaten Prozess vor dem Sozialgericht einklagen würden, wären Forderungen im hohen fünfstelligen Bereich auf ihn zugekommen. Die treffen nun den Insolvenzverwalter der GmbH.