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Übergewichtige Frau will im Kreis Haßberge Selbsthilfegruppe gründen


Autor: Friederike Stark

LKR Haßberge, Montag, 26. Sept. 2016

Sabrina Kolb ist übergewichtig. In einer Selbsthilfegruppe, die sie gründet, will sie sich und anderen Betroffenen helfen.
Sabrina Kolb ist stark übergewichtig. Um sich mit anderen Betroffenen austauschen zu können, gründet die 23-Jährige in Haßfurt eine Adipositas-Selbsthilfegruppe. Das erste Treffen findet am 25. Oktober um 18.30 Uhr in Haßfurt (Zwerchmaingasse 14) statt. Foto: Friederike Stark


Stark übergewichtige Menschen werden in Deutschland häufig stigmatisiert und ausgegrenzt. Das hat eine Forsa-Untersuchung im Auftrag der Krankenversicherung DAK-Gesundheit, die in dieser Woche veröffentlicht worden ist, herausgefunden. So heißt es in der Pressemitteilung: "71 Prozent der Bevölkerung finden stark Übergewichtige unästhetisch. Jeder Achte vermeidet bewusst den Kontakt zu Betroffenen."


Ein eingeschränktes Leben

Sabrina Kolb kennt die Blicke der anderen, der schlanken Menschen. Sie kennt die Hänseleien, die Vorurteile, die die anderen von Fettleibigen haben. "Selbstverständlich wird man öfter komisch angeschaut", sagt die 23-Jährige. Doch eigentlich sind das - zumindest bei ihr - nicht die schlimmsten Momente, die sie als stark übergewichtiger Mensch erlebt.

Die junge Frau leidet viel mehr unter den starken Einschränkungen, die ein so schwerer und voluminöser Körper mit sich bringt. Schuhe anziehen - ein Kraftakt, der ohne Pause kaum zu bewältigen ist. Aufstehen - eine Bewährungsprobe für die Gelenke. Am öffentlichen Leben teilnehmen - nur mit großen Einschränkungen möglich.
"Ich kann beispielsweise in vielen Stühlen nicht sitzen, weil sie zu eng für mich sind", sagt die 23-jährige Frau. Einige Schwimmbäder könne sie nicht besuchen, da sie durch die Eingänge mit Drehkreuz nicht passe. "Wenn ich mit Freunden shoppen gehe, kaufen alle schöne Klamotten, ich höchstens Mal Schuhe oder Schmuck", sagt die junge Frau.


Gefangen im Teufelskreis

Kolb sagt, sie sei schon immer dick gewesen. "Keiner in meiner Familie ist schlank." Schon als Kind habe sie zweimal eine Kur besucht. Erfolglos. Jede erdenkliche Art von Diät habe sie versucht. Ebenfalls erfolglos. "Am schlimmsten war es dann während meiner Beziehung mit meinem Ex-Freund", erzählt die Krankenschwester. Sage und schreibe 60 Kilo habe sie innerhalb von knapp sieben Jahren zugenommen. 60 Kilo. Das wäre bei ihrer Körpergröße von 1,65 Meter eigentlich das Normalgewicht.

Bei ihr kam es auf die schon fast 100 Kilogramm noch dazu. Klar kann Kolb inzwischen alles über gesunde Ernährung herunterbeten. "Doch bis es im Kopf angekommen ist und man sein Verhalten verändert, dauert es sehr lange", sagt sie. Für Kolb steht fest: Adipositas ist eine Krankheit, die in den Augen vieler noch nicht als solche anerkannt ist. "Es ist eine Sucht, und die Betroffenen brauchen Hilfe", sagt Kolb. Es reiche nicht, ein paar Stunden bei der Ernährungsberatung von der Krankenkasse zu bekommen. Es müsse ein ganzheitlicher Ansatz sein: "Essen, Ernährung und auch das Verhalten, die Psyche, gehören eng zusammen bei Übergewichtigen", erklärt Kolb.


Gleichgesinnte kennenlernen

Da Sabrina Kolb sich alleingelassen fühlte, ist sie eines Tages selbst tätig geworden. "Ich bin zur Selbsthilfegruppe nach Forchheim gegangen", sagt Kolb. Vor dem Gruppenraum habe sie es plötzlich mit der Angst zu tun bekommen, was wohl die anderen Teilnehmer von ihr denken würden. "Werde ich die Dickste sein? Schauen die mich komisch an?" Diese Gedanken schossen ihr durch den Kopf. "Aber zum Glück bin ich reingegangen. Endlich konnte ich mich mal fallenlassen", erinnert sie sich.


In Gemeinschaft

Genau dieses Gefühl will sie nun auch anderen Menschen geben. Da Kolb in Haßfurt arbeitet, kam ihr die Idee, hier vor Ort eine Adipositas-Selbsthilfegruppe für den Landkreis Haßberge ins Leben zu rufen. Mit Hilfe der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe am Landratsamt Haßberge (KOS) kann Kolb ihre Idee umsetzen.
"Ende Oktober findet das erste Treffen mit Unterstützung von Monika Strätz-Stopfer von der KOS statt", verrät Kolb. Die 23-Jährige plant vorerst einmal im Monat ein offenes Treffen. "Je nach Interesse der anderen Mitglieder will ich aber auch Fachvorträge und Themenabende organisieren", beschreibt Kolb ihre Pläne. Ihr geht es darum, sich mit Menschen auszutauschen, die unter den gleichen Problemen leiden und in der Gruppe nach Lösungen für jeden suchen. Damit sich jeder wohlfühlen kann.

Treffen Die Selbsthilfegruppe Adipositas trifft sich zum ersten Mal am Dienstag, 25. Oktober, um 18.30 Uhr in der Zwerchmaingasse 14 in Haßfurt.

Internet Auf Facebook erzählt Sabrina Kolb von ihrem Leben.

Außerdem hat Sabrina Kolb eine Seite für dieHaßfurter Adipositas-Selbsthilfegruppegegründet. Hier informiert sie über die Treffen und beantwortet die Fragen. fis