Druckartikel: Gemeinsam gegen die Einsamkeit

Gemeinsam gegen die Einsamkeit


Autor: Friederike Stark

LKR Haßberge, Samstag, 13. Februar 2016

Statt am Valentinswochenende über Verliebte zu berichten, soll es heute am europäischen Single-Tag um die Alleinstehenden gehen.


Aktionstage - es gibt sie wie Sand am Meer. Wussten Sie zum Beispiel, dass heute alleine vier unterschiedliche Dinge gefeiert werden? Lesen und staunen Sie: Heute ist "Tag der Tortellini - der amerikanische National Tortellini Day", der "Ändere deinen Namen-Tag - Get A Different Name Day", der Welttag des Radios und der europäische Single-Tag.
Wie sinnvoll diese Tage sind? Nun ja, da scheiden sich wohl die Geister. Das Radio zumindest ist mit Sicherheit eine weltverändernde Erfindung gewesen.



Statt Valentinstag ein Single-Tag

Und die anderen? Zumindest regen sie zum Nachdenken an. Vor allem aber sticht einen Tag vor Valentinstag, diesem rosa-klebrigen Tag der Verliebten, der europäische Tag des Singles heraus.
Single - in diesem Wort schwingt immer etwas Negatives mit. Alleinsein, alleine leben, alleine wohnen. Im Kreis Haßberge kommen laut der Zensusbefragung 2011 auf 34 748 Haushalte 9322 Singlehaushalte; das sind rund 27 Prozent. Damit liegt der Kreis Haßberge zehn Prozent unter dem bundesdeutschen Durchschnitt.
Singles beziehungsweise Alleinstehende gibt es im Landkreis trotzdem genug. Ob es nun junge Leute auf der Suche nach der ersten großen Liebe sind, Männer und Frauen, denen die richtige Person noch nicht über den Weg gelaufen ist, oder Menschen, die ihren Partner verloren haben.



Wer suchet, der findet

Diesen Menschen begegnet man beispielsweise auf Facebook. Dort folgen über 5000 Fans der Seite "Spotted: Haßfurt und Umgebung". Die Idee dahinter: Auf dieser Seite können Leute nach Personen suchen, die sie einmal gesehen, aber nicht angesprochen haben. Die Person selbst oder aber Bekannte der gesuchten Person erkennen sie anhand der Beschreibung. Daraufhin kann der oder die Gesuchte sich entschließen, Kontakt aufzunehmen.
"Gerade zu Fasching haben wieder viele Leute über unsere Seite nach Leuten gesucht, die sie zum Beispiel in Sand auf dem Umzug gesehen haben", sagt Michael Kulschin, der die Facebook-Seite betreibt. Der 20-Jährige hatte 2013 im Fernsehen von der aus den USA stammenden Idee einer solchen Facebook-Seite gehört. Er setzte sich an den Computer und gründete eine Spotted-Seite für den Kreis Haßberge. "In der ersten Woche hatten wir schon 300 Fans", erinnert sich Kulschin, der selbst auch noch Single ist.

Zu bestimmten Zeiten wie Fasching oder während der Weinfeste erreichen Kulschin nach eigener Aussage bis zu sechs Anfragen am Tag. Und wie oft finden die Suchenden die große Liebe? "Das weiß ich leider nicht", sagt der 20-Jährige. Ab und an sehe er zwar, dass jemand, der kürzlich erst eine Suchanfrage gestellt hat, seinen Beziehungsstatus geändert hat. "Aber ich habe ja keinen direkten Kontakt mit den Suchenden", erzählt er.
Kulschin hat es selbst auch einmal probiert. "Ich habe mal ein Mädchen gesucht, habe auch ein bisschen mit ihr geschrieben, aber mehr war es nicht", verrät der 20-Jährige. Egal, ob die Leute über Facebook sich finden, eines ist klar: Die ersten Kontakte laufen heute bei den meisten jüngeren Leuten schriftlich ab. "Meistens schreibt man sich per Whatsapp oder Facebook einige Nachrichten, bis man sich tatsächlich mal trifft", beschreibt Kulschin die heutigen Dating-Regeln.



Selbsthilfe gegen Einsamkeit

Ganz anders sieht es da bei der Selbsthilfegruppe für Alleinstehende in Ebern aus. Denn: Singles sind keineswegs immer Menschen, die auf der Suche nach einem Partner sind. Es gibt auch die Alleinstehenden, die nicht die nächste Liebe, wohl aber neue Freunde suchen.

So wie Theresia Müller. Die 64-Jährige aus Ebern war Teilnehmerin einer Selbsthilfegruppe für Alleinstehende. Inzwischen leitet sie seit Mai vergangenen Jahres selbst eine Gruppe in Ebern. "Wer zu uns kommt, möchte der Tristesse entfliehen", sagt Müller.


Erst helfen, dann Zeit verbringen

Hier treffen sich Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen alleine sind. Oft sind es Menschen, die trauern. Wegen einer gescheiterten Ehe oder wegen des Verlustes des geliebten Menschen. Daher seien die Teilnehmer meist nicht auf der Suche nach einer Liebesbeziehung. "Wir sind sicher keine Partnervermittlung", betont Theresia Müller. Wenn es passiere, hätte niemand was dagegen. "Aber in erster Linie wollen wir gemeinsam Zeit verbringen."
Die Gruppe trifft sich einmal im Monat als Selbsthilfegruppe. Aber wichtiger sind die Treffen, die aus der Gruppe heraus entstanden sind. So treffen sich ein paar Teilnehmer wöchentlich zum Kegeln, andere zum Bowling, Schafkopfen oder E-Bike-Fahren. "Wir gehen in die Oper oder ins Theater", fügt Müller hinzu. Aufgrund der Lebensumstände, die zur Einsamkeit geführt haben, ist der Altersdurchschnitt der etwa 26 Gruppenmitglieder jenseits der 60. Dabei will die Gruppe explizit auch jüngere Alleinstehende ansprechen. "Vom 5. bis zum 8. Mai fahren wir ins Zillertal", sagt Müller. Sie wünscht sich, dass sich noch andere Interessenten bei ihr melden und der Gruppe anschließen.
Egal ob über das Internet oder in einer Selbsthilfegruppe - wer aus seiner Einsamkeit einen Ausweg sucht, der findet ihn.