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Gemeinderat knickt die Windparkpläne nicht


Autor: Ralf Kestel

Pfarrweisach, Freitag, 22. April 2016

In Pfarrweisach wurde grünes Licht für den Windpark zwischen Lichtenstein und Buch gegeben. Auch andere Themen wirbelten das Gremium durcheinander.
Auf dem gleichen Höhenzug wie das Lichtensteiner Projekt laufen seit 1999 - fast ohne Pannen (siehe Foto, als im März 2012 ein Rotorblatt nach einem Blitzeinschlag brach) - zwei Windräder auf dem Bretzenstein und werfen auch üppig Renditen ab. FT-Archivfoto: Ralf Kestel


Reizklima, Klimawandel, Energiewende - wie passt denn das zusammen? Bei der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend im Rathaus hat's funktioniert. Zunächst machte der Gemeinderat - bei einer Gegenstimme (Rüdiger Kuhn, CSU) - den Weg für den Bau von Windräder bei Lichtenstein frei, dann folgte voller Energieeinsatz, als es um das einstige Bahnhofsgelände ging.

Es herrschte Stimmung im Gremium. Der Erste Bürgermeister Ralf Nowak (ULB) bezeichnete seinen Stellvertreter Kuhn mehrfach als Demagogen. Dazu kündigte der Dritte Bürgermeister Klaus Dünisch (FDP) die Anfechtung eines früheren Gemeinderates-Beschlusses an, gefasst zur Ertüchtigung der Abwassersysteme in der gemeinsamen Sitzung mit Ebern und Rentweinsdorf Mitte Februar, wozu er das "scharfe Mittel" des Rechnungsprüfungsausschusses einsetzen will.

Es ging also wieder einmal turbulent zu.

Ex-Bürgermeister Martin Herrmann (ULB) rüffelte Werner Hauck (CSU), dass er doch regelmäßiger zu den Sitzungen kommen solle, dann "müssen wir nicht alles zwei Mal erklären", und Markus Oppelt (CSU) wollte gar Anträge stellen zur möglichen Ansiedelung einer Firma, an der er selbst beteiligt ist.

Ebenso munter, wie frank und frei plauderte dabei Rüdiger Kuhn über die fälligen Grundstückspreise, die die Gemeinde zahlen soll, wenn sie das Gelände entlang der einstigen Bahnstrecke dem Landkreis als jetzigem Eigentümer abkauft.

In einigen Punkt ging es aber doch voran. So stellt sich der Gemeinderat hinter den Bürgerwindpark, den die Kreis-Gesellschaft zur Umsetzung erneuerbarer Technologieprojekte errichten möchte und den Geschäftsführer Gunther Häckner ausführlich erläuterte.

Notwendig sei die Herausnahme der ausgewählten Standorte aus dem Naturpark Haßberge, wozu die Gemeinde den entsprechenden Antrag an den Kreistag richten müsse. Als Vorzüge des Projektes stellte Häckner neben dem allgemeinen Beitrag zur Energiewende und den ökologischen Vorteilen die Pachteinnahmen für die Grundstückseigentümer, die Gewerbesteuer für die Gemeindekasse und die Beteiligung von regionalen Einlegern an den Renditen heraus.


Segen für Gemeindekasse

"Damit kann unsere Gemeinde finanziell in Schwung kommen", schaute Bürgermeister Nowak in die meist leere Kasse im Rathaus, obgleich er die optische Wirkung der rund 230 Meter hohen Drehkreuze "natürlich als Problem" sah. Nowak: "Aber wir haben ja schon beim Regionalplan für mögliche Windparks unsere Zustimmung gegeben", mahnte er Konsequenz an. Hermann Martin sprach von "einem Jammer für den Burgenwinkel" und hatte dabei die nahen Diebskeller im Blickfeld.

Josef Kneuer (CSU) verwies darauf, dass man ja kaum noch eine Entscheidungsmöglichkeit habe, weil die Nachbargemeinde Untermerzbach ihre Zustimmung bereits erteilte.

Zudem sprach Kneuer den möglichen Bau weiterer Windräder im Bereich der Nachbarstadt Seßlach an, wovon Gunther Häckner aber nichts wusste.

Keine Zweifel hegt Häckner an der Wirtschaftlichkeit der Windmühlen. Die Erfahrungen aus Sailershausen zeigten, dass "alles wie prognostiziert läuft".

Exakt darstellen lasse sich auch der Schattenwurf der Rotoren gemäß dem jeweiligen Sonnenstand. "Somit lässt sich Anlage auf die Minute genau auch anhalten."


Vorsorge und Ersatz

Die Schallimmissionen lägen deutlich unter den vorgegebenen Grenzwerten und "trotzdem wollen wir noch für die Leute ringsum das Optimalste herausholen", versprach Häckner, der auch den großen Aufwand ansprach, mit dem mögliche Beeinträchtigungen für die Tierwelt ermittelt und Ersatzmaßnahmen geschaffen werden. "Für jeden Baum mit einer Spechthöhle schaffen wir Ersatz und zwar bevor die erste Baggerschaufel anrückt."

Für den Windpark würden drei Hektar dauerhaft eingeschlagen, was laut Forstamt einem normalen Jahreshieb entspreche. Während der Bauphase würden 7,62 Hektar gefällt, aber auch wieder aufgeforstet.
Pro Windrad werden laut Häckner 2000 Quadratmeter an Grund benötigt. Das Betonfundament mache davon 20 Quadratmeter aus.

Fundamental wurde Häckner auch, als er auf den Klimawandel einging. "Schon jetzt sagt die Universität Würzburg für unseren Landkreis 150 Tropentage im Jahr voraus. Unser Ziel ist es, das abzuwenden. Jeder, der mit dem Wald zu tun hat, erkennt jetzt schon den Klimawandel. Deswegen müssen wir uns heute die Frage stellen, ob unsere Entscheidungen auch enkeltauglich sind?"

Was passiert mit dem Bahnhofsgelände?

Bürgermeister Nowak sprach von einem "Brachland inmitten des Ortes". Gemeint: Das einstige Bahngelände unterhalb des früheren Baywa-Silos. "Es gibt einen Interessenten", verriet der Bürgermeister, weswegen seitens der Bauverwaltung empfohlen wird, nun über eine Änderung des Flächennutzungsplanes und einen Bebauungsplan festzulegen, was dort machbar sein soll. Ein Mischgebiet schwebt Nowak vor, mit Gewerbebetrieb(en) samt Eigentümerwohnungen. Dazu eine Zufahrt zum Friedhof über die Bahntrasse.

So ein Plan kostet aber Geld, das Gelände auch, zumal noch Altlasten aufgrund der Unkrautvernichtungsmittel der Bahn befürchtet werden. Klaus Dünisch: "Wir sollten uns mit den Gewerbegebieten nicht verzetteln und den Schwerpunkt in Richtung Herbelsdorf legen." Rüdiger Kuhn plädierte für einen vorhaben-bezogenen Bebauungsplan, der "der Gemeinde nix kostet".

Dass Teile der Bahntrasse zum Gewerbegebiet werden sollen, mochte Reiner Mönch (ULB) so gar nicht verstehen. "Wir brauchen keinen Bebauungsplan für nur ein Grundstück." Dass die Interessen der Gemeinde festgeschrieben werden, verlangte Hermann Martin: Parkplätze für den nahen Kindergarten, Zufahrt zum Friedhof, Optionen für den Bauhof.

In seltener Einigkeit forderten Kuhn und Martin, dass "wir festschreiben, was wir wollen". Aber nicht mit einem Bebauungsplan, weil dessen Aufstellung Geld kostet, das heuer fehlt, wie erste Überlegungen zum Haushalt gezeigt hätten. Womit eine Planskizze, die im Bauamt erstellt werden soll, ins Spiel kam.

Als Markus Oppelt den Antrag stellen wollte, einen Bebauungsplan abzulehnen, wurde er vom Bürgermeister für befangen erklärt, da er an der Firma, die Interesse zeigt, beteiligt ist. An der Diskussion hatte Oppelt vorher aber schon fleißig teilgenommen. Recht bekam er trotzdem. Teure Pläne werden (vorerst) nicht aufgestellt.

Auch der Planungsauftrag für ein Kanalkataster, der 30 00 Euro ausmacht, wurde zurückgestellt, da nicht klar wurde, ob diese Summe im Haushalt zur Verfügung steht. Deutlich wurde nur, dass sie zum Beschluss über die Kanalverbesserung, der in Rentweinsdorf mit 88 000 Euro gefasst wurde, nicht enthalten ist. Deswegen will Klaus Dünisch den Beschluss von damals auch anfechten.