Geisterzüge sind längst passé
Autor: Ralf Kestel
Treinfeld, Dienstag, 12. Juni 2012
Ein Jahr nach Einführung des Stundentaktes nutzen mehr Fahrgäste denn je die Bahn. Der Problemfall Treinfeld bleibt dennoch.
Dieser Ausblick war nicht geplant. Der Schlossherr schaute auf die prunkvolle Ostfassade seines herrschaftlichen Baues eher unfreiwillig. Sebastian Freiherr von Rotenhan war mal ausnahmsweise mit der Bahn unterwegs und hatte eigentlich in Treinfeld aussteigen wollen. Dort hatten sich seine Vorfahren vor mehr als 120 Jahren beim Streckenbau finanziell mächtig ins Zeug gelegt, um den Bahnhof zu ermöglichen. Doch dieser Zug hielt nicht. Deswegen musste von Rotenhan - und weitere zehn Rentweinsdorfer jüngst - bis Ebern weiterfahren - eben an seinem schmucken Schloss vorbei.
Ein "Treppenwitz"
Seinen Ärger über diesen Umweg und die Zeitverschwendung machte von Rotenhan in einem Schreiben an Landrat Rudolf Handwerker (CSU) und Bürgermeister Willi Sendelbeck (SPD) Luft. Dabei spricht von Rotenhan vom "Treppenwitz des Jahrhunderts", wenn in Manndorf (35 Einwohner) der Lautsprecher ertönt, man möge bitte die Haltewunschtaste drücken, wenn man aussteigen will.
Der Zug hält und eine Frau steigt aus. In Rentweinsdorf (1600 Einwohner) braust der Zug aber durch, um den Stundentakt zu halten, und zehn Rentweinsdorfer Bürger müssen nun zusehen, wie sie von Ebern nach Hause kommen, schimpft der Baron.
Weil er bei den beiden Adressaten seines Schreibens den notwendigen Druck vermisst, um Verbesserungen zu erreichen, regt von Rotenhan eine Gleisbesetzung nach Gorlebener Vorbild an.
So weit wird's wohl nicht kommen.
Gestiegene Nachfrage
Er ist mit der Entwicklung seit dem letzten Jahr, da der Stundentakt eingeführt wurde, zufrieden: "Die Nachfrage ist erfreulich gestiegen. Es sind erkennbar neue Fahrgäste durch den von uns bestellten Stundentakt hinzugekommen und die bisherigen Zeitkarteninhaber nutzen die Züge häufiger, z.B. am Abend und am Wochenende. Auch die VGN-Erweiterung bis Ebern hat positiv mit gewirkt."
Genaue Fahrgastzahlen bzw. belastbare Daten lägen aber noch nicht vor. "Es müssen erfahrungsgemäß mindestens zwei Jahre vergehen, bis sich Reisegewohnheiten ändern." Und die weiteren Angebotsverbesserungen, z.B. die neuen Mitternachtsverbindungen am Wochenende und die Linienverlängerungen nach Forchheim seien erst letzten Dezember in Kraft getreten.
Dennoch, so Czeschka: "Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden. Denn gerade in Oberfranken konnten wir durch den Wettbewerb das Angebot massiv ausweiten und so ein zukunftsweisendes Mobilitätsangebot im ländlichen Raum verwirklichen, das seinesgleichen sucht. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten belegt Agilis in Oberfranken in unserem Qualitätsranking derzeit den ersten Platz mit sehr guten Werten hinsichtlich Sauberkeit, Fahrgastinformation sowie Service der Zugbegleiter. Auch die Pünktlichkeit ist über dem bayernweiten Durchschnitt. Der Wettbewerb zahlt sich also für die Fahrgäste direkt aus", so der Geschäftsführer der Bayerischen Eisenbahngesellschaft.
Eine positive Zwischenbilanz nach genau einem Jahr seit der Betriebsübernahme zieht auch Agilis-Geschäftsführer Dietmar Knerr: "Das Fahrgastaufkommen hat sich gut entwickelt, insbesondere nachdem die anfänglichen Herausforderungen seit Fahrplanwechsel im Dezember 2011 behoben sind. Unser Angebot kommt bei den Fahrgästen sehr gut an und wird als qualitativ hochwertig eingestuft. Dies wird auch durch das Qualitätsranking der BEG belegt, welches uns für das Dieselnetz Oberfranken einen der vorderen Plätze attestiert."
Knerrs Ausblick: "Wir erbringen unsere Verkehrsleistungen im Auftrag der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), welche die Verkehrsleistungen im SPNV in Bayern plant, finanziert und kontrolliert. Änderungen im Angebot erfolgen nur in enger Abstimmung und im Auftrag der BEG. Für das kommende Fahrplanjahr sind auf dieser Strecke noch keine Änderungen vorgesehen, da die Auflassung von einigen Bahnübergängen durch den Infrastrukturbetreiber DB Netz noch nicht abgeschlossen ist. Sobald diese Maßnahmen wie geplant realisiert sind, kann auf Basis der höheren zulässigen Streckengeschwindigkeit auch endlich der Haltepunkt Rentweinsdorf von allen Zügen bedient werden. Dies ist schon lange eine Forderung der Fahrgäste aus und nach Rentweinsdorf."