Gebührenschraube in Neubrunn: "Erhöhung in Richtung Abzocke"

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Die Abwasssergbühren sollen dramatisch steigen. Das
Die Abwasssergbühren  sollen dramatisch steigen. Das
Neu erschlossen wird derzeit das Baugelände "Kirchlauter Leite". Noch in dieser Woche soll die Teerdecke aufgebracht werden.Günther Geiling
Neu erschlossen wird derzeit das Baugelände "Kirchlauter Leite". Noch in dieser Woche soll die Teerdecke aufgebracht werden.Günther Geiling
 
Kandler
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Die Abwassergebühren sowie die demografische Entwicklung und ihre Folgen in der Gemeinde sind die Themen, die die Neubrunner umtreiben.

"Das wichtigste Anliegen für die nächsten Jahre ist es, unsere beiden Kindergärten, aber auch die Grundschule in Kirchlauter zu erhalten. Bei Kombiklassen und einem Standort in Kirchlauter sollte das für die Grundschule möglich sein und vor allem beim Kindergarten in Neubrunn müssen wir uns ein besonderes Konstrukt überlegen. Hier sind wir auf die Schulkinder in der Mittagsbetreuung angewiesen und ich appelliere hier an die jungen Mütter, dabei mitzuhelfen", betonte Bürgermeister Karl Heinz Kandler (SPD) bei der Bürgerversammlung, zu der rund 65 Neubrunner gekommen waren.

Der Bürgermeister ging auf die Entwicklung der Einwohnerzahlen ein, laut denen die Gemeinde Kirchlauter derzeit 1336 Bürger mit Hauptwohnsitz habe. Dazu kämen 71 mit Nebenwohnsitz. In der Einwohnerstruktur sei die Altersgruppe von 0 bis 18 Jahre von 224 auf 215 gefallen, während die Anzahl der Menschen über 65 Jahre von 250 auf 288 angestiegen sei.

Der Kindergarten Neubrunn sei nur mit 19 Kindern belegt: zwölf Kinder von drei bis sechs Jahre, zwei Kinder unter drei Jahre und fünf Schulkinder. Seit September 2016 falle man wegen der geringen Zahlen in die "Landkindergartenregelung", dürfe aber nicht weiter abfallen.

Ähnlich angespannt sei die Lage in der Grundschule Kirchlauter, die in den vier Klassen derzeit 73 Schüler aufweise: 49 Schüler kämen aus der Gemeinde Kirchlauter und 24 Schüler aus der Gemeinde Breitbrunn. Die Verwaltungsumlage belaufe sich auf knapp 25 000 Euro. In die Hauptschule Ebelsbach gingen derzeit 93 Kinder, 20 davon aus Kirchlauter. Die Verwaltungsumlage betrage hier 52 000 Euro.

Bürgermeister Karl Heinz Kandler meinte, dass hier die Planungen bis 2018 unverändert wären und bis dahin auch die beiden Schulhäuser in Neubrunn und Kirchlauter belegt würden. Im Jahre 2020/21 habe man jedoch dann eine Klasse mit nur zehn Schülern und müsse gemischte Klassen bilden. Mit solchen Kombiklassen sollte es möglich sein, die Grundschule in Kirchlauter zu erhalten, aber man müsste dann auch in den sauren Apfel nur eines Standorts in Kirchlauter beißen.

Lilo Stubenrauch stellte zu dieser Entwicklung die Frage, was man tue, um für junge Familien interessanter zu werden und auch Leerstände unter diesem Blickwinkel anzugehen. "Wir sollten uns vielleicht noch besser vermarkten, denn wir sind doch eine aktive Gemeinde." Jürgen Streichsbier forderte hinsichtlich des Kindergartens in Neubrunn ein Konstrukt, das man mit den Eltern besprechen müsste. Er forderte auch eine bessere Markierung der "Zone 30" in der Siedlung mit Rücksicht auf die Kinder.

Susi Heckelmann und andere Diskussionsteilnehmer fanden es mit Blick auf die Kinder schade, dass nicht genügend an den Spielplätzen getan werde. Wenn man 117 000 Euro für den "Genuss-Erlebnisweg" ausgebe und nur 20 000 Euro für Spielplätze, dann stünde das in keinem Verhältnis.

Bürgermeister Kandler entgegnete, dass man bemüht sei und jährlich 10 000 Euro für Spielplätze in den Haushalt einstelle.
Außerdem ging er dann auf weitere Investitionen für die Jahre 2018-2022 ein. Hierzu zählte er auch den kritisierten "Genuss-Erlebnisweg", der mit Kosten von rund 120 000 Euro veranschlagt sei. Hier gehe es vor allem darum, die intakte Natur und Kulturlandschaft in der Gemeinde und die Streuobstwiesen zu erhalten sowie in der umweltpädagogischen Erschließung weitere Schwerpunkte in die Wanderroute von Kirchlauter über Pettstadt und Neubrunn und zurück nach Kirchlauter einzubeziehen. In diesem Zusammenhang warf Ludwig Berninger auch die Frage nach der Pflege der Obstbäume auf, die in Neubrunn vom Obst- und Gartenbauverein übernommen wurde, in Kirchlauter aber "eine Einzeltat vom Peter" sei.

Zur Verkehrssituation führte Michael Kaiser aus Kirchlauter aus, dass man von allen Seiten schnell in die Ortschaft fahre. "Kirchlauter ist eine schnelle Ortschaft und die älteren Leute haben Mühe über die Straßen zu kommen. Aus diesem Grund beantrage ich drei Geschwindigkeitsmessanlagen. Die Kosten von 8000 bis 9000 Euro sind dagegen ein Pappenstiel." Er gehe davon aus, dass die Anlagen realisiert würden. Bürgermeister Kandler erinnerte daran, dass man schon eine gekauft habe, aber weitere vom Gemeinderat abgelehnt worden seien.

Der Bürgermeister auf Satzungsänderungen und Gebührenänderungen zu sprechen, die besonders das Abwasser betrafen. Bei den neuen Erschließungsbeiträgen komme man für das Abwasser auf eine Summe von 19,51 Euro pro Quadratmeter Geschossfläche und 1,45 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche. Bei den regelmäßigen Einleitungsgebühren habe man zur Berechnung ein Büro beigezogen und würden nun die Gebühren ab 1. Januar 2018 in Kirchlauter von 1,25 auf 2,26 Euro je Kubikmeter erhöht, in Neubrunn von 1,11 auf 1,23 Euro und in Pettstadt von 1,55 auf 2,84 Euro. Dabei habe man die Ansätze für die letzten drei Jahren unter den Tisch fallen lassen, weil sonst die Ansätze noch höher ausgefallen wären.

Zu diesem Thema meldete sich dann Franz Ludwig Schenk Graf von Stauffenberg zu Wort und kritisierte, dass das Abwasser in Kirchlauter nun doppelt so viel koste wie das Trinkwasser und durch die Gebührenänderung eine Erhöhung von 80 Prozent erfolgt sei. Das könne er nur schwer nachvollziehen. "Wir Kirchlauterer haben nun das Vergnügen, um 80 Prozent höhere Gebühren zu zahlen, weil die Maßnahme auf über eine Million Euro gekommen ist und nur mit 400 000 Euro angesetzt war. Nach meinen Erfahrungen sind solche Vorausberechnungen nicht zu rechtfertigen und können diese Mehrkosten auch nicht akzeptiert werden. Das ist eine groteske Erhöhung in Richtung von Abzocke."

Michael Kaiser interessierten die Kosten für das Gutachte, die mit 12 000 Euro angegeben wurden. "Wozu brauche ich ein Büro, das natürlich auch bezahlt werden muss? Das sind doch laufende Kosten, die auf der Hand liegen und die von einer Verwaltung berechnet werden können. So ist es doch auch die letzten Jahrzehnte geschehen." Bürgermeister Karl Heinz Kandler verwies auf das Vorgehen bei "kostenrechnenden Einrichtungen" und meinte, dass die Gebührenänderung für die nächsten vier Jahre gelte. "Das ist aber nicht das Ende der Fahnenstange und das kann dann auch wieder anderes aussehen."

Man müsse bis 2019 vor allem eine Planung vorstellen, wie man das Fremdwasser noch besser abstellen könne, während man durch die erfolgte Maßnahme eine um 58 Prozent bessere Ausreinigung habe. Diese Antwort genügte Graf Stauffenberg nicht, der meinte, dass der Bürger hilflos sei und durch die Baukostenausweitung "jetzt nur blechen darf".

Bei der regen Diskussion ging es dann noch um weitere Fragen wie den Grünschnitt, den Ausbau der Siedlung in Kirchlauter, Maßnahmen am Bischofsheimer Weg, eine 2. Ausfahrt am Wertstoffhof in Kirchlauter und auch geforderten Anreizen für die Problematik leerstehender Häuser in der Gemeinde