Gänsehaut beim Zeiler Publikum
Autor: Sabine Weinbeer
Zeil am Main, Sonntag, 09. Sept. 2018
Heiter bis bedrückend, realistisch bis fantastisch - all das war der "Historische Stadtrundgang", der am Wochenende sechsmal in Zeil stattfand.
Über 50 Akteure erweckten beim "Historischen Stadtrundgang" die Zeiler Geschichte zum prallen Leben und ernteten dafür uneingeschränkten Applaus. In neun Szenen führten die Laienschauspieler zu wichtigen Stationen der Zeiler Geschichte. Sie zeigten das pralle Markttreiben und machten damit greifbar, was das Marktrecht für eine Kleinstadt wie Zeil damals bedeutete. Schlaglichter beleuchteten Reformation und Gegenreformation, das Leid im 30-jährigen Krieg und während der Pest, die die Zeiler Bevölkerung auf 50 Menschen dezimierte. Viel Wissenswertes vermittelten dabei sowohl die Stadtführer, als auch die Szenen selbst, geschrieben von Christian Ziegler aus Stettfeld, in Szene gesetzt von Brigitte Krause und Maria Egglseder, die die Marktszene übernahm.
Die engagierten Zeiler wurden intensiv unterstützt von der Laienbühne Stettfeld, die ihre Erfahrung einbrachte. Die Verbindung war über die Zeilerin Julia Melchior entstanden. An sie wandten sich Christoph Winkler und Martin Schlegelmilch, nachdem sie die Idee hatten, zum Stadtjubiläum Theater zu spielen.
Authentische Spielorte
Schnell waren der Stettfelder Autor Christian Ziegler und der dritte Zeiler Hobbyhistoriker Ludwig Leisentritt mit an Bord. Sie versorgten den Autor mit den nötigen Fakten.
Und Brigitte Krause erklärte sich bereit, die Regie zu übernehmen. "Ich hatte ja keine Ahnung, was da auf mich zu kommt", erzählte sie im Gespräch nach bereits zwei gelungenen Rundgängen am Samstag.
Großer Wert wurde auf die Auswahl der Spielorte gelegt. Authentisch und abseits vom modernem Verkehrslärm sollten sie liegen. "Wir sind sehr dankbar dafür, dass wir private Anwesen nutzen durften", erklärte Brigitte Krause während der Samstagsführung. Kurzfristig hatte sie als dritte Stadtführerin einspringen müssen, weil sich bei der Generalprobe herausstellte, dass der Zeitplan nicht ganz funktionierte. Immer mit einer Stunde Abstand begannen am Samstag und Sonntag jeweils drei Führungen am Marktplatz. Die Zuschauer zogen von Spielort zu Spielort, wie bei einer Stadtführung eben auch.
Bürgermeister als Hexer abgeurteilt
So tauchten sie in der Stadtpfarrkirche in die Entstehung des Deckengemäldes "Ecclesia" bei einem fiktiven Treffen des Fürstbischofs Seinsheim und des Malers Herrlein ein. Die Details zum Deckengemälde erfuhren die Zuschauer von dem sehr munteren Maler-Gesellen Michel.
Ebenfalls fiktiv ist der Hexensabbat im Probstenhof, leider sehr real die Tagebuch-Auszüge des damaligen Bürgermeisters Johann Langhans, der ebenso als Hexer abgeurteilt wurde wie die Mutter des späteren Abts Alberich Degen. Die Szene im Nüßlein-Keller mit Langhans am Schreibpult und dem unsichtbaren, fordernden Mob aus dem Hintergrund verursachte Gänsehaut, wie auch das kleine Zwischenspiel, in dem Moritz Degen nach der Hinrichtung seiner Frau seinen kleinen Sohn ins Kloster Ebrach in Sicherheit bringt.