Druckartikel: Für notorischen Schwarzfahrer geht die Rechnung nicht auf

Für notorischen Schwarzfahrer geht die Rechnung nicht auf


Autor: Martin Schweiger

Haßfurt, Dienstag, 26. Februar 2019

Das Amtsgericht in Haßfurt verurteilte einen 21-Jährigen, der 18 Mal ohne Ticket erwischt wurde, zu einer Geldauflage.


Ein 21-jähriger früherer Bewohner des Landkreises Haßberge mit nigerianischen Wurzeln wurde 18 Mal im Zug meist zwischen Haßfurt und Schweinfurt ohne Fahrschein erwischt. 124,10 ersparte er sich - vermeintlich. Denn das Jugendschöffengericht am Amtsgericht in Haßfurt verurteilte ihn wegen des "Erschleichens von Leistungen" zu einer Geldauflage in Höhe von 700 Euro. Hinzu kommen Regressforderungen und Bußgelder der Deutschen Bahn in Höhe von mehr als 500 Euro.

Ein dickes Minusgeschäft also für den Angeklagten, der vor Gericht angab, er habe kein Geld für ein Ticket gehabt, obwohl er damals nach Schweinfurt zur Arbeit gefahren sei. Briefe und Mahnungen seien an die Adresse seines Vaters gegangen, mit dem er verstritten ist; daher will er die Post nicht erhalten haben. "Geldmangel schützt nicht vor Strafe. Über ein Jahr lang sind Sie schwarzgefahren und dabei 18 Mal erwischt worden. A weng viel", belehrte ihn der Vorsitzende, Richter Martin Kober.

Der 21-Jährige saß nicht zum ersten Mal auf der Anklagebank des Amtsgerichts. Dreimal ist er wegen Betrugs vorbestraft. Eine Gefängniszelle kennt er auch schon von innen. Doch glaubt man den Ausführungen von Jugendgerichtshelfer Franz Heinrich, dann hat der Angeklagte die Kurve gekriegt. Er hat eine feste Arbeitsstelle und eine Wohnung in Frankfurt und ist seitdem nicht mehr straffällig geworden.

Der Tod der Mutter im Jahr 2011 habe zu einem Knick in der Vita des damals 14-Jährigen geführt. "Es begann das Drama", beschrieb Heinrich. Der Angeklagte habe sich fast alleine um sich und um seinen Bruder kümmern müssen und sei von der Situation überlastet gewesen. Hinzu sei die Erfahrung körperlicher Gewalt durch seinen Vater gekommen. Er habe seine Arbeitsstelle in einer Fabrik verloren und sei zwischen 2015 und 2018 quer durch die Republik gereist. Teilweise sei er dabei obdachlos gewesen. Der Realität habe er sich nicht gestellt, Post nicht geöffnet, rund 3000 Euro an Schulden angehäuft und er sei mit einer Augen-und-Ohren-zu-Mentalität durchs Leben gegangen. Da er nun sein Leben wieder im Griff habe, empfahl Heinrich, Gnade vor Recht ergehen zu lassen und eine moderate Geldstrafe zu verhängen.

Dies erschien dem Staatsanwalt zu viel der Milde. Er forderte einen dreiwöchigen Dauerarrest für den Angeklagten, dem die Taten "ziemlich egal" gewesen seien. Das Schöffengericht beließ es bei einer Geldauflage von 700 Euro, zahlbar an den Jugendtreff in Ebern, zumal der Angeklagte Reue zeigte und der Schaden von 124,10 Euro die "Bahn nicht in die Insolvenz" treiben würde. Doch ab jetzt gelte Erwachsenenstrafrecht und eine vierstellige Geldstrafe drohe bei der nächsten Schwarzfahrt, belehrte der Richter den Verurteilten, der ebenso wie der Staatsanwalt das Urteil akzeptierte. Es ist damit rechtskräftig.