Druckartikel: Fünf Jahre keine Miete gezahlt - keine Verurteilung

Fünf Jahre keine Miete gezahlt - keine Verurteilung


Autor: Martin Schweiger

Haßfurt, Donnerstag, 28. Februar 2019

Arbeitsloser kommt bei Verhandlung in Haßfurt straffrei davon.
Ein Arbeitsloser Symbolbild: Christopher Schulz


Den Hinweis seiner Vermieterin: "Wenn du mal nicht zahlen kannst, ist das nicht so schlimm", hat ein arbeitsloser Hartz-IV-Empfänger aus dem Landkreis Haßberge für sich recht großzügig ausgelegt. Immerhin von November 2012 bis Januar 2018 lebte er in einem heruntergekommenen Wohnhaus in einem Haßbergdorf, ohne jemals die dafür vereinbarten 100 Euro im Monat auf den Tisch zu blättern.

Maximal 50 Euro habe sie von ihm in dieser Zeit bekommen, wenn er mal nicht betrunken war, sagte die geprellte Vermieterin am Mittwoch bei ihrer Vernehmung im Zeugenstand im Amtsgericht.

Fall fürs Zivilgericht

Dennoch verpuffte letztlich die Anklage der Staatsanwaltschaft auf Mietbetrug - schließlich hatte der säumige Mieter 6300 Euro nicht gezahlt - wirkungslos. Denn Richterin Ilona Conver sprach den bislang unbescholtenen Angeklagten frei.

Mit der Begründung, dass der vorliegende Fall ein Fall für den Zivil- und nicht für den Strafrichter sei. Denn die Vermieterin habe nie eine Mahnung, geschweige denn einen Mahnbescheid geschickt oder einen Anwalt oder ein Gericht bemüht, um zu ihrem Geld zu kommen.

Mietzins überhaupt rechtens?

Darüber hinaus sei es zweifelhaft, führte Richterin Conver aus, ob der vereinbarte Mietzins in Höhe von 100 Euro überhaupt rechtens sei. Der Mann lebte in einem Gebäude, das nicht nur baufällig war, sondern überdies auch noch verschimmelt und ohne eine funktionierende Heizung. Das Haus hatte nicht einmal bei zwei Zwangsversteigerungen einen Käufer gefunden, wie bei der Verhandlung deutlich wurde. Der Betrug läge darin, dass der Angeklagte zwar das Wohngeld vom Jobcenter kassierte, aber nicht an die Vermieterin weitergeleitet habe, sagte Conver. Dafür sei der Angeklagte jedoch nicht angeklagt worden, weshalb er unterm Strich freizusprechen sei.

Da kam allerhand dazwischen

Die Vermieterin erklärte vor Gericht, dass sie jahrelang unter Depressionen gelitten habe und nicht in der Lage gewesen sei, die Mietrückstände einzutreiben. Sie habe das Haus im Jahr 2001 für 90 000 DM gekauft. Nach einem Wasserrohrbruch sei die Decke im ersten Stock eingestürzt.

Aus Geldmangel habe sie das Haus nicht renovieren können und sei ausgezogen. Erst im vergangenen Jahr habe sie das Haus für 4000 Euro verkaufen können.

Davon hätte er auch gerne erfahren, sagte der Angeklagte bei seiner Vernehmung vor Gericht. Denn der neue Eigentümer habe die Fenster entfernt, das Türschloss aufgebrochen und seine Möbel aus dem Haus entfernt und dabei zerkratzt.

Ist es Betrug?

Der Staatsanwalt sah dennoch den Tatbestand des Betrugs erfüllt. Nicht einmal die Nebenkosten in Höhe von 1150 Euro habe der Angeklagte bezahlt. Daher habe der säumige Mieter eine Geldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen zu 15 Euro, also 1050 Euro, verdient, meinte der Jurist. Zudem sei der nicht bezahlte Mietzins in Höhe von 6250 Euro als Wertersatz einzuziehen, forderte er, konnte damit aber die Vorsitzende nicht überzeugen. Für sie war die Anklageschrift schlicht falsch.

Da kommt sicher noch etwas nach

Der Angeklagte müsse aber damit rechnen, dass er noch einmal vor Gericht antreten muss, weil er das Jobcenter betrogen hat.