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Frankreich -Erlebnis an einem Abend in Haßfurt


Autor: Ulrike Langer

Haßfurt, Freitag, 06. November 2015

In einem zweisprachig gehaltenen Vortrag stellte die Französin Mélanie Richet einem begeisterten Publikum in Haßfurt Besonderheiten des "Savoir vivre" vor.
Melanie Richet stammt aus Soissons in Nordfrankreich und lebt seit 2005 in Schweinfurt. Die Fremdsprachenlehrerin gibt zurzeit Französisch- und Gedächtniskurse an der VHS Schweinfurt. Denn sie ist auch zertifizierte Gedächtnistrainerin.  Foto: Ulrike LangerMelanie Richet stammt aus Soissons in Nordfrankreich und lebt seit 2005 in Schweinfurt. Die Fremdsprachenlehrerin gibt zurzeit Französisch- und Gedächtniskurse an der VHS Schweinfurt. Denn sie ist auch zertifizierte Gedächtnistrainerin.  Foto: Ulrike Langer


Es war nicht nur ein informativer, sondern auch ein heiterer Abend, den Mélanie Richet ihren Zuhörern im Bibliotheks- und Informationszentrum (BIZ) in Haßfurt bereitete. Die gebürtige Französin gab auf Einladung des BIZ, des Freundeskreises Haßberge-Tricastin und der VHS Haßberge einen wunderbaren Einblick in die französische Kultur, Tradition und Sprache und offenbarte die kleinen, aber feinen Unterschiede zur deutschen Kultur.
"C'est une soirée particulaire", hieß Kurt Sieber, Vorsitzender des Freundeskreises Haßberge-Tricastin die Gäste willkommen und unterstrich damit die Einzigartigkeit der Veranstaltung. Denn "dieser besondere Abend" war zweisprachig. Mélanie Richet aus Soissons in Nordfrankreich, die seit zehn Jahren in Schweinfurt lebt, hielt ihren bebilderten Vortrag zum Thema "Bol, système D et gourmandise - Typisch französisch" sowohl auf Französisch als auch auf Deutsch.



Der Klischee-Franzose

Ausgehend vom Bild des typischen Franzosen im Marine-Shirt, mit Baskenmütze und mit dem Baguette unter dem Arm erläuterte sie, was es mit diesen Gegenständen auf sich hat. So stammt "le béret", die Baskenmütze, aus den Pyrenäen und das blau-weiß gestreifte Marine-Shirt war ursprünglich die Bekleidung der Matrosen. Das beliebte Baguette wiederum, das traditionell 65 Zentimeter lang, sechs Zentimeter dick und 250 Gramm schwer ist, gibt es heute in vielen verschiedenen Sorten und Bezeichnungen. Zur Aufbewahrung gab es früher - und gibt es auch heute wieder - Schränke mit einem besonderen Fach für dieses längliche Brot.
"Das Essen spielt in der französischen Kultur eine gewichtige Rolle und so wurde die französische Küche von der Unesco in die Liste der immateriellen Weltkulturgüter aufgenommen", erklärte Mélanie Richet. Wobei die traditionelle Küche als Brauch, die wichtigsten Momente im Leben zu feiern, gemeint sei und nicht die "haute cuisine".


Mindestens vier Gänge

Solch ein Familienessen beginnt mit dem Aperitif und endet mit dem Digestif. Dazwischen liegen zwei bis vier Gänge. "Selbst in den Schulen ist ein Essen mit mindestens vier Gängen vorgeschrieben und die Schüler bekommen genügend Zeit, um diese Mahlzeit auch zu genießen", so die Referentin.
Sie ging auch auf das Wort "bol" ein, das im Deutschen nicht korrekt übersetzt werden kann. Es ist ein Gefäß, mit dem Franzosen ihren Kaffee oder ihre Schokolade trinken und in das sie gelegentlich auch ihr Baguette eintunken - "was man mit einer deutschen Kaffeetasse nicht kann", scherzte Mélanie Richet - aber es ist weder eine Tasse noch eine Schüssel.
Auch der Begriff "système D" lässt sich nicht einfach ins Deutsche übertragen. Er beschreibt einen unkonventionellen Umgang mit Problemen, der sich manchmal an der Grenze des Illegitimen bewegt.
Selbst für die Franzosen im Publikum unbekannt war der Ausdruck "chiffon de barrage". Damit werden, wie die Gäste erfuhren, fest zusammengeschnürte Rollen aus Teppichboden oder Lumpen bezeichnet. Sie werden von Straßenkehrern angefertigt, um das Wasser in den Rinnsteinen zu leiten, um diese bequemer fegen zu können. Es handelt sich also um simple "Wasserstaulumpen".
Der Begriff "La gourmandise" wiederum lässt sich mit Leckerei, aber auch mit Schlemmerei übersetzen. Im weiteren Verlauf erläuterte Mélanie Richet auch das "système vigesimal", ein Zahlensystem, das als Basis die 20 verwendet und in etlichen Sprachen vorkommt, und schloss ihren Vortrag mit einigen lustigen Redewendungen, wie "raconter des salades" (Lügenmärchen erzählen), "poser un lapin" (eine Verabredung nicht einhalten) oder "tomber dans les pommes" (ohnmächtig werden).
"Ich habe viel gelernt, sehr viel gelacht und großen Spaß gehabt", resümierte am Ende Annelie Ebert, Leiterin des BIZ. Sie dankte der Referentin ebenso wie Kurt Sieber für diesen interessanten Vortrag.