Eilmeldung:
Druckartikel: Fleiß spiegelt sich im Erfolg wider

Fleiß spiegelt sich im Erfolg wider


Autor: Johanna Eckert

Ebern, Samstag, 02. August 2014

Im Alter von 20 Jahren hat der gelernte Friseur Tomislav Gašpic seine Heimat Kroatien verlassen und kam nach Ebern. Zielstrebig hat er an seiner Existenz gearbeitet. Nach zwölf Jahren besitzt er seinen eigenen Laden, ist Oberhaupt einer fünfköpfigen Familie und fühlt sich richtig wohl.


Tomislav Gašpic steht in seinem eigenen Friseursalon. An der Wand ist der Schriftzug "Tomi" angebracht. Er macht noch einen letzten Schnitt. Dann legt er die Schere beiseite, hält Valentin den Spiegel hinter seinen Kopf und fragt: "Na, zufrieden?" Der 13-jährige Kunde begutachtet seine frisch gestylten Harre, nickt und lächelt. Für Tomislav Gašpic war das zwar eine Kinderfrisur, aber noch lange kein Kinderspiel.
Der Friseur Tomislav Gašpic stammt aus Kroatien. Sein Heimatdorf heißt Vrbolje. Im Jahr 2002 ist der damals 20-Jährige nach Ebern zu seiner Frau Ana gekommen. Ana ist zwar auch Kroatin, aber in Deutschland aufgewachsen. Zum Zeitpunkt der Hochzeit vor zwölf Jahren hatte sie ihre berufliche Ausbildung als Arzthelferin in Ebern gerade beendet und war "voll verliebt" in ihren Tomislav.

Jeden Tag ein paar Worte

"Der kam, und konnte überhaupt kein Wort

Deutsch", erinnert sich Ana Gašpic an die Anfänge ihres Ehelebens in Deutschland. Staatliche Maßnahmen zur Integration und zum Spracherwerb gab es für den jungen Kroaten nicht. "Mit Ana zusammen habe ich Deutsch gelernt. Jeden Tag ein paar Worte", erzählt Tomislav Gašpic. Heute ist sein Wortschatz so groß, dass seinen Kunden auch bei einer zweistündigen Dauerwellen-Behandlung überhaupt nicht langweilig wird.
Wenn Tomislav Gašpic, mittlerweile als "Tomi" stadtbekannt, an seine ersten Tage in Ebern zurückdenkt, schwindet sein Lachen etwas aus dem fröhlichen Gesicht: "Deine Familie ist weit weg. Du kennst keine Leute. Du sprichst die Sprache nicht. Ich hatte da schon oft Heimweh." Vom ersten Tag an war für ihn aber klar, dass er die Zukunft mit seiner Frau in Deutschland verbringen möchte. "Die Lebenssituation ist hier einfach besser als in Kroatien", meint das Ehepaar.
Die kroatische Staatsbürgerschaft haben Tomislav und Ana Gašpic schon noch. "Damit haben wir uns in Deutschland nie benachteiligt gefühlt", sagt "Tomi". Im Gegenteil: Er fühlt sich in Ebern richtig wohl. Kroatien ist für das Ehepaar, das mittlerweile drei Kinder hat, ein "Ferienziel und wir besuchen dort die Familie." Nur schweren Herzens würde Tomislav Gašpic heute sagen: "Ich gehe zurück und lebe wieder in Kroatien."

Viel aufgebaut

Dafür hat sich "Tomi" in Ebern viel zu viel aufgebaut und ist viel zu sehr integriert. Sein beruflicher Start in Ebern war ein Sprung ins kalte Wasser. Nicht nur für ihn, sondern auch für seine erste deutsche Chefin und seine Kunden. "Es war Zufall, dass ich beim ehemaligen Brückner-Salon in der Coburger Straße angefangen habe", beschreibt der Friseur diesen Schritt in seinem Lebenslauf.
"Die Arbeit war wichtig für mich, um auch im sozialen Leben Fuß zu fassen." Beim Bewerbungsgespräch hatte er seine Frau Ana noch zum Dolmetschen dabei.
Ausgestattet mit den wichtigsten Wörtern wie "Hallo", "Danke" und "Tschüss" hatte Tomislav Gašpic am 4. November 2002 seinen ersten Arbeitstag in Ebern. Am Anfang habe er meistens nur den Männern die Haare geschnitten. "Vielleicht hat er geschnitten, wie er wollte", schmunzelt Ana Gašpic, wenn sie daran denkt, dass ihr Mann ja nicht einmal die Wünsche seiner Kunden verstehen konnte. Anfangs hat ihr Mann nach getaner Arbeit "Sind Sie zugenommen?" anstatt "Sind Sie zufrieden?" gefragt. Die Kunden haben trotzdem gelächelt. Die Sprache ist vielfach sein Schlüssel zum Erfolg gewesen. Auch hat er sich als Torwart bei den Kickern des TV Ebern einen breiten Bekanntenkreis aufgebaut.
Nach zwölf Jahren in Deutschland steht Tomislav Gašpic nun in seinem ganz eigenen Friseurladen, hat fünf Angestellte und baut gerade noch das Haus für seine Familie fertig. Das anfängliche Heimweh ist überwunden und er hat die Zeit als Existenzgründer im Jahr 2009 mit Bravour gemeistert. Die guten Worte seiner Frau haben ihn zur eigenen Immobilie motiviert. Der Grund: "Die Selbstständigkeit war immer schon mein Traum gewesen", sagt Tomislav Gašpic fast zurückhaltend. Fleiß und Zielstrebigkeit sind ihm auf die Stirn geschrieben.
"Er hat halt gekämpft, bis sein Traum in Erfüllung gegangen ist", meint seine Frau Ana ganz nüchtern. Wenn sie zu Hause ein leeres Nutella-Glas aus dem Schrank zieht, ist ihr sofort klar: "Das kann nur der Tomi gewesen sein. Daheim vergisst er manchmal die Ordnung." Sie weiß aber auch, dass er es mit der Ordnung im Laden ganz anders hat, denn dort ist er ja Chef.
50 Wochenstunden und mehr arbeitet der dreifache Familienvater seit einigen Jahren. Dabei schneidet er nicht nur die Haare sondern erledigt auch die Büroarbeit und macht Bestellungen. "Ich bemühe mich, auch für meine Angestellten ein guter Chef zu sein. Die Mädels in meinem Team sind super. Sie sind wie meine Schwester." Ein Arbeitsleben ohne sie könnte er sich nicht mehr vorstellen.
Nach so vielen Jahren liebt der Kroate Tomi Deutschland, Ebern und seine Kunden. "Manchmal schätzen die Deutschen gar nicht, was sie hier haben", meint er im Hinblick auf die Frage, was ihm denn am besten gefalle. Vor allem in Ebern gebe es doch alles.
Nur eine Sache nicht: kroatische Bier. "Das ist das Einzige, was ich ab und zu vermisse." Tomislav Gašpic ist integriert, hat seine Kumpels und spricht die deutsche Sprache mit Akzent. Aber das passt: "Ich bin ja Deutsch-Kroate", steht für den 32-jährigen "Tomi" fest.