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Filmtheater und Kulturträger in Zeil am Main


Autor: Brigitte Krause

Zeil am Main, Donnerstag, 17. Oktober 2013

Kinobesitzer Bruno Schneyer freut sich über kinematografische Raritäten und über Anerkennung auf Bayern- und Bundesebene. Das "Capitol" erhielt den Bayerischen Medienpreis und den Kinoprogrammpreis.
Das gibt's noch?! Bruno Schneyer (rechts) hält im Vorführraum der "Schauburg" von Clemens Scherer einen 70-Millimeter-Kinofilm in der Hand. Die "Schauburg" verfügt noch über einen voll funktionsfähigen Projektor. Foto: Kino-Schneyer


Der Ausflug nach Karlsruhe führte den Zeiler Bruno Schneyer nicht nur quasi auf die Bühne zum Empfang des Kinoprogrammpreises durch das Bundesministerium für Kultur und Medien. Das Herz aufgehen ließ ihm am Schauplatz der Ehrung ein kleiner Abstecher. Im Vorführraum zeigte ihm sein Kollege Clemens Scherer von der "Schauburg" eine technische Rarität. Das Karlsruher Kino verfügt noch über 70-Millimeter-Film und einen voll funktionsfähigen Projektor. Kinogeschichte. Darauf darf Clemens Scherer zurecht stolz sein.

Die "Schauburg" in Karlsruhe war nach Meinung der Jury das beste deutsche Programmkino 2011 und deshalb heuer Gastgeber. 201 Kinomacher aus ganz Deutschland wurden hier für ihre hervorragende Programmgestaltung ausgezeichnet.

Mit unter den Preisträgern war nun zum dritten Mal in Folge das Zeiler Kino "Capitol". "Die Freude über diese besondere Auszeichnung auf Bundesebene ist ganz besonders groß", unterstreicht Bruno Schneyer.

Die Zeiler haben vor zwei Jahren den Schritt zum digitalen Kino vollzogen, wie Bruno Schneyers Mitarbeiter Rainer Winkel erzählte. Filmrollen gehören da auch schon zur Geschichte.

Winkel öffnete gestern die Post und freute sich brandaktuell beim Gespräch mit unserer Zeitung über die Mitteilung, dass das "Capitol-Theater" nicht nur bundesweit zu den 201 besten Kinos gehört, sondern auch zum sechsten Mal in Folge den Bayerischen Medienpreis gewonnen hat zusammen mit 60 anderen Kinos. Den vergibt der Film-Fernseh-Fonds (FFF).

Kino damals und heute, dazwischen liegen selbst bei den "Kleinen" Welten: Heute kommt der Film nicht mehr als Zelluloidrolle oder elastisches Filmmaterial, sondern im schwarzen Kästchen, sprich auf einer Festplatte per Kurier ins Kino. Hier müssen Server, Software und - bei 3D-Filmen - weitere Hardware installiert sein, damit die Leinwand lebendig wird. In Zeil flimmern nicht nur die neuesten Hollywoodstreifen über die Leinwand. Das Zeiler Kino ist - und das ist erneut dokumentiert, geprüft und gewürdigt - ein Kulturträger. Es gehört bayern- und bundesweit zu den besten Filmtheatern.

Alles muss dokumentiert sein

Für den Kinoprogrammpreis des Bundesministeriums für Kultur und Medien haben sich die Zeiler schon eine Weile beworben. "Das hat Jahre gedauert, bis die uns wahrgenommen haben", die Anträge füllten immer Ordner, plaudert Rainer Winkel aus dem Nähkästchen, denn die Juroren wollen genau dokumentiert wissen, was da vor Ort geleistet wird.

Jede Menge Aktionen

Das ist nicht wenig: Im Herbst und im Frühjahr laufen an jeweils zehn Sonntagen die Staffeln "Film und Frühstück" in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule; in Zusammenarbeit mit der Caritas gibt es viermal im Jahr das Seniorenkino, und auch verschiedene Verbände nutzen mehrfach im Jahr eine Kooperation zu spezifischen Themen. Das Erlebnis Kino der Jugend vermitteln will man außerdem: Im Frühjahr ist jeweils im März Schulkino-Woche vorgesehen, für die sich die Lehrer mit ihren Klassen anmelden können. Zeil bietet diese Woche "extended", also drei Wochen insgesamt.

Daneben zeigt das "Capitol" ausgewählte Dokumentarfilme, zuletzt "More than Honey", ist bei den Kinderfilmen und den in Deutschland gedrehten Filmen am Ball und verfügt inzwischen über 3D-Technik. Ein Umstand, der das kleine Kino in der Unteren Scheuerngasse in der Besuchergunst spürbar steigen ließ.

Trotz der Umstellung auf neueste Digitaltechnik haben es die kleinen Filmtheater schwer. Rainer Winkel war erst auf der Regionalversammlung des Hauptverbands der Filmtheater in Nürnberg und ist von da mit aktueller Brancheninformation zurückgekommen: Die Standorte der Kinos werden immer weniger, nur noch 904 gibt es bundesweit.

Und viele kleine Kinos kommen selbst mit digitaler Ausstattung unter die Räder. Wirtschaftlich behaupten können sich die Großkinos mit ihren Kinosälen. Die Zahl der aufgestellten Leinwände hat sich erstmals gehalten, 4607 gibt es bundesweit. Auch hier war der Trend, sagt Winkel, "jahrelang rückläufig, jetzt gibt es das erste Mal wieder einen leichten Knick nach oben".
Das Zeiler "Capitol" ist das einzige Kino im Landkreis Haßberge und darf ruhig als kleine Kostbarkeit angesehen werden. Bruno Schneyer hat es vom Vater übernommen, renoviert, modernisiert; er kommt mit einem guten Gefühl aus Karlsruhe zurück: "Dass es auch kleine Kinos schaffen können, bewies das Kino Breitwand aus Seefeld, das für 2012 als bestes deutsches Programmkino geehrt wurde."