Druckartikel: Faszination von Form und Farbe

Faszination von Form und Farbe


Autor: Ulrike Langer

Knetzgau, Sonntag, 03. Sept. 2017

Plastiken von Hans Karl Kandel und vor Farbe nur so explodierende Gemälde von Rainer Funk sind gegenwärtig im Schloss Oberschwappach zu sehen.
Die formschönen und feingeschliffenen Kunstwerke von Hans Karl Kandel strahlen eine geheimnisvolle Atmosphäre aus, die den Blick am Kunstwerk festhält und nur ungern wieder freigibt. Die Plastiken beziehen das Licht als ein veränderndes Element ein. Fotos: Ulrike Langer


Es sind die Gegensätze, die das Leben so spannend, interessant und im wahrsten Sinn des Wortes reizend machen. So ist die neueste Ausstellung im Schloss Oberschwappach reizend, weil die dreidimensionalen, reinweißen Plastiken von Hans Karl Kandel und die zweidimensionalen, vor Farbe nur so explodierenden Gemälde von Rainer Funk einen starken Kontrast bilden. Gerade im Kontext mit der barocken Pracht der Schlossräume und der Strenge des ehemaligen barocken Gartens bieten sich weitere Assoziationen. Kurz: die Ausstellung der Nürnberger Künstler betört die Sinne, verlockt zum Fabulieren und macht richtig Spaß.


Betrachter sind hin- und hergerissen

So kann sich auch Egon Stumpf von der "Galerie im Saal" in dem Knetzgauer Gemeindeteil Eschenau, der die Ausstellung mit seiner Frau Eleonore Schmidts-Stumpf konzipiert hat, vorstellen, "dass viele Betrachter hin- und hergerissen sind von nichts weniger als dem stärksten Kontrast der modernen Kunstgeschichte, wie er zwischen minimalistischer und expressiver Kunst ausgefochten wurde und noch immer wird." Während die Gemälde von Rainer Funk mit dem Phänomen der Illusion versehen seien, wirkten die weißen, aus Gips hergestellten Plastiken eigenständig und nur für sich selbst existent.

Wer die manchmal wandgroßen Acrylgemälde mit Impressionen aus dem Urwald Südostasiens betrachtet, die mit einer fulminanten Farbigkeit geradezu protzen, kann seine Fantasie schweifen lassen und darf, laut Egon Stump, "interpretieren und sich in ferne Regionen entführen lassen."

Rainer Funk beschäftigt sich seit zehn Jahren mit dem Wald und möchte die Wildheit und Fülle der Natur in den Tropen, aber auch in europäischen Wäldern wie dem Böhmerwald oder auf heimischen Wiesen in Malerei übertragen. "Im Tropenwald ist es zwar nicht so bunt wie auf meinen Bildern, aber als Maler habe ich diese Freiheit, und ich möchte mit der Farbigkeit verschiedene persönliche Eindrücke neu zusammensetzen", erzählte er. "Mir geht es um die Malerei an sich, um eine möglichst freie Gestaltung, ohne ins Abstrakte zu geraten. Denn abstrakte Malerei ist für mich seelenlos."

Stattdessen laden seine farben- und formenreichen Bilder ein, im Kopf auf Reisen zu gehen. Eigens für den Vierjahreszeitenraum im Schloss, in dem Frühling, Sommer, Herbst und Winter durch Stuck an der Decke versinnbildlicht sind, hat Rainer Funk vier Gemälde zu den Jahreszeiten angefertigt, der farbigen Bemalung des Raums angepasst und zwischen die Fenster gehängt. Schaut man die Gemälde an, kann man gleichzeitig die "echte" Natur auf sich wirken lassen.


Die umhüllte Leere

Ganz anders Hans Karl Kandel, der nur mit Hartgips arbeitet und seine reinweißen Plastiken als "Gefäße, als Raum im Raum oder als umhüllte Leere" versteht, die den Raum fassen, so wie das Wort Gefäß vom Fassen herrührt. "Ich gehe von der anthropomorphen, auf den Menschen bezogenen, Sichtweise aus, die aus der Gebrauchskeramik stammt, in der man Teile eines Gefäßes zum Beispiel als Fuß, Schulter, Bauch oder Hals bezeichnet", erklärte er.

Der Künstler lässt seinen Gipsskulpturen bewusst die reinweiße Farbe. "Denn das Material soll sein, was es ist, und nicht als etwas anderes scheinen." So spielt das Licht mit seinen Arbeiten, die Kandel als Gegenpol zu der überbordenden Prächtigkeit des Deckenstucks versteht. Gegenüber dem Relief an der Decke stehen die Gefäße vollplastisch auf dem Boden.

"Der Betrachter kann sich, weil der Stuck und meine Werke aus demselben Material angefertigt wurden, der Geschichte bewusst werden: der Vergangenheit und der Jetztzeit. Er kann sich in das Gefäß einbringen, denn die Leere ist dafür eine Option", sagte er. In der Tat kann man die formschönen und feingeschliffenen Kunstwerke bewundern, scheinen sie doch aus sich selbst heraus zu "wachsen", sich zu drehen und zu entfalten. Dabei strahlen sie eine geheimnisvolle Atmosphäre aus und halten den Blick fest.


Die Öffnungszeiten

Die Ausstellung ist noch bis 22. Oktober sonn- und feiertags von 14 bis 17 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung unter 09527/810501 zu sehen.