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Fall Janina (11) aus Unterschleichach: 53-Jähriger muss sich ab Mittwoch verantworten


Autor: Christian Pack

Unterschleichach, Dienstag, 06. Dezember 2016

Weil ihn der Silvester-Lärm stört, nimmt ein 53-Jähriger einen Revolver und feuert. Eine Elfjährige stirbt. Jetzt muss sich der Mann verantworten.
Grablichter und Kerzen stehen am 13.01.2016 in Oberaurach, Ortsteil Unterschleichach, in der Nähe des Ortes, an dem in der Silvesternacht ein elfjähriges Mädchen durch einen Kopfschuss getötet worden war. Foto: Nicolas Armer/dpa


Das neue Jahr hat gerade erst begonnen, da geschieht im unterfränkischen Dorf Unterschleichach das Unvorstellbare. Auf offener Straße wird ein elfjähriges Mädchen von einem Geschoss am Hinterkopf getroffen. Trotz Notoperation stirbt Janina wenige Stunden später im Schweinfurter Krankenhaus. Ihr Tod sorgt bundesweit für große Bestürzung.

Wenige Tage später wird der mutmaßliche Schütze festgenommen. Ab Mittwoch (9 Uhr) muss er sich vor dem Landgericht Bamberg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 53-Jährigen Heimtücke und niedrige Beweggründe vor. Weil er beim Schießen bewusst darauf geachtet habe, nicht gesehen zu werden. Die Anklage lautet deshalb auf Mord.

Der Mann soll in der Silvesternacht zunächst von der Gruppe Feiernder vor seinem Haus geweckt worden sein. Aus Wut und Ärger, so die Anklage, habe er einen Revolver aus dem Keller geholt. Drei bis vier Schüsse soll er vom Garten seines Anwesens aus in Richtung der zwei Frauen und vier Kinder abgegeben haben. Eines der Kleinkaliber-Geschosse trifft Janina am Hinterkopf.


60 Waffen beschlagnahmt

In der Folge arbeitet die Kripo Schweinfurt in enger Absprache mit der Staatsanwaltschaft Bamberg an der Aufklärung der Hintergründe. Eine 50-köpfige Sonderkommission wird gegründet. Die ermittelt fortan in alle Richtungen. Am 1. Januar stellen Beamte in dem etwa 450 Einwohner zählenden Ort rund 60 Kleinkaliberwaffen sicher. Nahezu alle Bewohner werden befragt, auch der Angeklagte. Er bestreitet, die Schüsse abgegeben zu haben, präsentiert ein Alibi. Im Laufe der Ermittlungen stellte sich dieses aber als falsch heraus.

Am 12. Januar wird das Grundstück des Beschuldigten durchsucht. Anschließend wird der Mann, der als Fahrer in der Justizvollzugsanstalt in Ebrach arbeitet, an seinem Arbeitsplatz verhaftet. Er gesteht die Tat, bestreitet aber eine Tötungsabsicht.

Der Mann gibt an, dass er wegen der Trennung von seiner Familie psychisch angeschlagen gewesen sei. Zudem leide er unter verschiedenen Krankheiten. Im Anschluss an seine Vernehmungen erklärt er gegenüber den Ermittlern, dass er froh sei, dass der Druck jetzt weg sei. Die Waffe besaß er legal wegen einer früheren Mitgliedschaft im Schützenverein. Seit seiner Verhaftung sitzt der Beschuldigte in Untersuchungshaft.

Die Tat hat den kleinen Ort in Unterfranken verändert. Jeder kennt hier jeden, der mutmaßliche Täter ist in Unterschleichach aufgewachsen. Janina, die aus dem Landkreis Bamberg stammt, war in der Silvesternacht bei Bekannten zu Besuch. 3. Bürgermeisterin Sabine Weinbeer sagt: "Es geht schon sehr nahe. Es ist für alle eine Grenzsituation."


Sieben Sachverständige

Für den Prozess vor der 2. Großen Strafkammer sind fünf Verhandlungstage terminiert. Geplant ist, sieben Sachverständige und 27 Zeugen zu vernehmen. Das Urteil könnte am 22. Dezember gesprochen werden.

Zum Prozessauftakt wird mit einem großen Andrang gerechnet. Für Besucher des Verfahrens werden wegen des beschränkten Platzangebots im Sitzungssaal deshalb zu Beginn jeden Verhandlungstages Platzkarten ausgegeben. Die Ausgabe der Karten erfolgt jeweils ab 7.45 Uhr am Haupteingang des Justizgebäudes, der um diese Zeit geöffnet wird.