Fahrverbot gilt nicht für "Bulldog-Führerschein"
Autor: Manfred Wagner
Haßfurt, Mittwoch, 15. November 2017
Das Amtsgericht Haßfurt reduzierte das gegen einen 70-Jährigen verhängte Fahrverbot auf einen Monat und schränkte es auf das Führen eines Pkws ein.
Der 70-jährige verwitwete Mann hatte wegen Fahrerflucht - die Juristen sprechen von unerlaubtem Entfernen vom Unfallort - einen Strafbefehl über 500 Euro und zwei Monate Fahrverbot erhalten.
Er wohnt in einem abgelegenen Dorf in den Haßbergen, dort, wo sich nach den Worten der Amtsrichterin Ilona Conver Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Damit er sein Brennholz beischaffen und notfalls auch einige Kilometer zum Einkaufen fahren kann, verfügte das Haßfurter Amtsgericht, dass das verhängte Fahrverbot nicht für landwirtschaftliche Zugmaschinen gilt.
Wenn es beim Amtsgericht um eine Unfallflucht geht, ist oft Alkohol im Spiel oder der Angeklagte hat einen größeren Schaden verursacht. Dies war bei dem alleinstehenden Dorfbewohner jedoch nicht der Fall.
Es war am 26. Juni dieses Jahres, als er sich mit seinem Auto um die Mittagszeit herum auf dem Gelände einer Tankstelle befand. Er war gerade dabei, wegzufahren, als ein Opel ausparken wollte. Dabei touchierten die beiden Fahrzeuge leicht, und an dem Opel entstand laut Werkstattbericht ein Schaden von 975 Euro. Der genaue Unfallhergang stand bei dem Prozess nicht zur Debatte, aber der Senior ist wahrscheinlich gar nicht der Hauptverursacher des Zusammenstoßes. Warum fuhr er dann einfach weiter?, fragt man sich. Rechtsanwalt Peter Frank bemerkte dazu, dass der Angeklagte vor lauter Schrecken höchst verdutzt und verdattert gewesen sei. "Mein Mandant", sagte der Verteidiger, "ist dummerweise weitergefahren". Später erst beruhigte sich der Autofahrer und meldete sich bei der Tankstelle.
Wer bei diesem kleinen Verkehrsunfall den Schaden zu tragen hat und welche Versicherung dafür aufkommt, ist eine rein zivilrechtliche Angelegenheit, die beim Strafgericht keine Rolle spielt. Die Vorschrift, wonach ein Unfallbeteiligter vor Ort bleiben muss, bis alles geklärt ist, gilt unabhängig von der Frage des Verschuldens. Die Gerichtsvorsitzende stellte klar, dass es bei einer Unfallflucht überhaupt nicht darauf ankomme, wer Schuld an dem Unfall ist. Insofern war der Strafbefehl zu Recht ergangen.
Fahrverbot reduziert
Da der Sachverhalt als solcher unbestritten war, beschränkte der Anwalt seinen Einspruch auf das Strafmaß, und hierbei insbesondere auf das ausgesprochene Fahrverbot. In seinem Plädoyer betonte er, dass sein Mandant über 50 Jahre lang unfallfrei gefahren sei und sich nie etwas habe zuschulden kommen lassen. Mit Verweis auf den ländlichen Wohnort und die konkreten Lebensumstände beantragte er, vom Fahrverbot den "Bulldog-Führerschein" auszunehmen.Dieses Ansinnen fiel bei der Amtsrichterin auf fruchtbaren Boden. Sie reduzierte das Fahrverbot auf einen Monat und schränkte es auf das Führen eines Pkws ein.
Obwohl der Witwer sehr zufrieden mit dem Urteil war, verzichtete er nicht sofort auf Rechtsmittel. Denn: Hätte er das getan, hätte er mit seinem Auto nicht mehr nach Hause fahren dürfen. Da er und voraussichtlich auch die Staatsanwaltschaft keinen Einspruch einlegen werden, wird der Richterspruch nach Ablauf einer Woche automatisch rechtskräftig.