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Europawahl verläuft im Landkreis Haßberge eher schleppend


Autor: Klaus Schmitt

LKR Haßberge, Sonntag, 25. Mai 2014

Die Wahlbeteiligung sinkt leicht auf 42,74 Prozent. Die CSU bleibt die stärkste Kraft mit knapp unter 50 Prozent. Die Sozialdemokraten behaupten Rang zwei, während die AfD überrascht.
Sie gaben ihre Stimmen für die Europawahl in der Sander Schule ab, von rechts: Daniela und Sven Albert mit Töchterchen Hannah. Die Wahlhelfer Gerhard Zösch, Renate Hartmann und Klaus Johanydes (von links) kümmerten sich um die Wähler, die in ihr Wahllokal gekommen waren. Foto: Klaus Schmitt


Es bleibt Zeit, sich über Europa Gedanken zu machen. Denn die Wähler streben nicht in Scharen in die Wahllokale, sondern kommen tröpfchenweise. Die meisten Wahlhelfer im Landkreis Haßberge hatten einen entspannten Sonntag.

Sorge wegen der fehlenden Hürde

Gerhard Zösch (CSU), der Zweite Bürgermeister von Sand, tut Dienst in einem von drei Wahllokalen in der Sander Schule. Zusammen mit seinen Wahlhelfer-Kollegen Klaus Johanydes und Renate Hartmann betreut er am Nachmittag die Wähler, die ihre Stimme abgeben, um das Europaparlament neu zu besetzen. 751 Abgeordnete wurden berufen, davon 96 aus Deutschland.

Gar nicht gefällt Zösch wie auch Johanydes, dass die Drei-Prozent-Hürde in Deutschland abgeschafft wurde.

"Das finde ich gefährlich", sagt Zösch und warnt vor Verhältnissen wie in der Weimarer Republik, als die Zersplitterung des Parlaments in kleine und kleinste Gruppen ein Regieren unmöglich machte. Vom Wegfall der Drei-Prozent-Hürde profitieren die kleinen, teilweise extremen Parteien. Gerhard Zösch hat Sorge, "dass wir Chaoten ins Europaparlament bekommen", und seine Kollege Klaus Johanydes pflichtet ihm bei.

Das Wetter spielt mit

Und die kleinen, die extremen Parteien profitieren auch von einer niedrigen Wahlbeteiligung. Die zeichnete sich am frühen Sonntagnachmittag ab, als unser Portal Wahllokale in Zeil, Eltmann, Sand und Haßfurt besucht hat.
Zwischen zehn und 20 Prozent der Wähler hatten bis dahin ihre Stimmen abgegeben. Es waren wesentlich mehr Menschen als Radler, Wanderer oder Besucher bei Festen zu sehen als in den Wahllokalen. Das schöne Wetter lockte die Bürger ins Freie.

"Es läuft zäh", bilanziert Günther Österling, der im benachbarten Wahllokal in der Sander Schule als Wahlhelfer im Einsatz ist. Eher schleppend läuft es auch in den anderen Wahllokalen. Aber es blieb ja noch Zeit bis 18 Uhr. "Ich hoffe, dass noch etwas kommt", sagt Gerhard Zösch. Wenn die Sander zum Beispiel zum Weinfest "Wein und Main" am Altmain gehen, könnten sie auch noch ihre Stimmzettel abgeben.

Am Abend, nachdem um 18 Uhr die Wahllokale geschlossen hatten, lag die Wahlbeteiligung im Landkreis bei 42,74 Prozent. Vor fünf Jahren hatten 44,87 Prozent der Wähler ihre Stimmen abgegeben.

Schon der fünfte Einsatz

Dass am Sonntag die Wahlbeteiligung niedriger war als bei den anderen Wahlen, die seit Herbst über die Bühne gegangen sind (Bundes- und Landtagswahl im September sowie Kommunalwahlen im März), hat natürlich auch mit der geringeren Bedeutung der Europawahl für viele Menschen zu tun. "Brüssel ist halt doch weiter weg", meint Herbert Nölscher, der zusammen mit Claudia Reinwand und Gerhard Stein in der Eltmanner Stadthalle als Wahlhelfer fungiert. Und: Die Wähler hätten, so Nölscher, zu Europa "nicht so den Bezug wie bei der Kommunalwahl". Die Wahl eines Bürgermeisters, des Stadtrates oder des Landrats elektrisiert eben viel mehr.

Manche Wahlhelfer waren am Sonntag schon zum vierten oder gar fünften Mal im Einsatz. Landtags-, Bundestags-, Kommunalwahl, Stichwahl zur Kommunalwahl und jetzt die Europawahl haben den Ehrenamtlichen einiges abverlangt. "Es langt", bekennt Michael Brehm, der mit drei Kolleginnen im Zeiler Rathaus Dienst schiebt. "Im Winter ist es ja ganz schön", sagt er schmunzelnd. Jetzt bei dem schönen Wetter könnte man aber durchaus etwas anderes machen.

Weniger Briefwähler

Der Anteil der Briefwähler war bei der Europawahl bei weitem nicht so hoch wie bei der Kommunalwahl. Zwischen 15 und 20 Prozent der Wähler dürften auf diesem Weg ihr Votum für das Parlament, das immer zwischen Straßburg und Brüssel pendelt, abgegeben haben. Der niedrigere Prozentsatz hat sicher damit zu tun, dass die Europawahl sehr einfach ist: Auf einem Stimmzettel darf der Wähler nur ein Kreuzchen setzen.

Die CSU hat sich als stärkste Kraft im Landkreis erwartungsgemäß durchgesetzt. Sie bekam 14 101 Stimmen; das entspricht einem Prozentanteil von 48,49 Prozent. Auf dem zweiten Rang folgt die SPD mit 21,76 Prozent, und die Grünen sind die drittstärkste Partei (7,03 Prozent).

Überraschend auf dem vierten Platz im Landkreis Haßberge ist die AfD gelandet. Die Euro-kritische "Alternative für Deutschland" bekam genau 1387 Stimmen (4,77 Prozent).

Sie landete damit noch vor den Freien Wählern, die 4,33 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnten. Einen weiteren Rückschlag musste die FDP hinnehmen. Die Liberalen wurden 676 Mal im Landkreis Haßberge angekreuzt. Das bedeutet: 2,32 Prozent votierten für die Partei, die mittlerweile weder im bayerischen Landtag noch im Bundestag sitzt.

Weitere Zahlen

Im Folgenden die Ergebnisse aller 24 Parteien, die im Landkreis Haßberge angetreten sind (in der Reihenfolge der Stimmenanteile): CSU (48,49 Prozent), SPD (21,76 Prozent), Grüne (7,03 Prozent), AfD (4,77 Prozent), Freie Wähler (4,33 Prozent), Linke (2,76 Prozent), ÖDP (2,35 Prozent), FDP (2,32 Prozent), NPD (1,23 Prozent), Piraten (0,93 Prozent), Tierschutzpartei (0,91 Prozent), BP (0,76 Prozent), REP (0,55 Prozent), Familie (0,39 Prozent), Die Partei (0,36 Prozent), Auf (0,30 Prozent), Volksabstimmung (0,27 Prozent), CM (0,13 Prozent), PSG (0,11 Prozent), PBC (0,11 Prozent), MLPD (0,04 Prozent), DKP (0,03 Prozent) sowie
Pro NRW (0,03 Prozent) und BüSo (0,02 Prozent).

Stimmen zur Wahl

Steffen Vogel (Kreisvorsitzender der CSU aus Theres) ist mit dem Ergebnis seiner Partei im Landkreis zufrieden, mit dem Gesamtergebnis aber nicht. Das Abschneiden der Union in Bayern bedeutet laut Vogel, dass die unterfränkische CSU-Kandidatin Barbara Becker aus Wiesenbronn (Kreis Kitzingen) den Sprung ins Europaparlament nicht geschafft hat. Platz acht auf der Liste reiche nicht, sagte Vogel. Besonders ärgerlich findet der Landtagsabgeordnete, dass die AfD so viele Stimmen erhalten hat. "Wir werden nie einen Vertreter der AfD im Landkreis sehen." Und Vogel bedauert auch, dass die Drei-Prozent-Hürde gefallen sei. Das schade den großen Parteien wie der CSU, sagt er.

Wolfgang Brühl (der Kreisvorsitzende der SPD aus Eltmann) erklärte zum Ausgang der Europawahl: "Die SPD stabilisiert sich, die CSU mit ihrer Opposition gegen Europa hat kräftig verloren und das Unionsergebnis auf Bundesebene zu verantworten." Der Kreisvorsitzende der Sozialdemokraten bedauert die Abschaffung der Drei-Prozent-Hürde. "Dadurch wird jetzt Deutschland insgesamt geschwächt", und vermutlich werden Rechtsradikale einziehen (NPD), befürchtet er. Das Ergebnis im Landkreis Haßberge spiegelt nach seiner Einschätzung "den gesamten Trend im Bund wieder". Als erfreulich wertet er die steigende Wahlbeteiligung (jedoch nicht im Landkreis Haßberge). "Es zeigt sich, wer Flagge für Europa zeigt, hat deutlich Rückenwind und nationales Gerede/Euroskepsis hat bei uns keinen Platz", betont Brühl.