"Es sah aus wie ein Stück Schokolade"
Autor: Manfred Wagner
Haßfurt, Dienstag, 29. Sept. 2015
25 Arbeitsstunden sollen eine 19-Jährige zum Nachdenken bringen. Drogendelikte und eine Schwarzfahrt mit dem Zug hatten sie mit dem Gesetz in Konflikt gebracht, weshalb sie nun vor dem Jugendgericht landete.
Fast schüchtern saß die zierliche Jugendliche (19) mit leuchtend gefärbten Haaren, die Hände auf dem Tisch wie zum Gebet gefaltet, auf der Anklagebank des Jugendgerichts am Amtsgericht Haßfurt. Mit leiser Stimme gestand sie, im Oktober vergangenen Jahres zusammen mit einem Freund einen Joint geraucht und einige Wochen später auf der Maintal-Linie nach Bamberg im Zug schwarz gefahren zu sein. Deswegen wurde sie von Jugendrichter Martin Kober zu einer Jugendstrafe von 25 Arbeitsstunden verurteilt. Der Richterspruch ist bereits rechtskräftig.
16-Jähriger sagt als Zeuge aus
In der Anklageschrift, die der Staatsanwalt Ralf Hofmann verlas, war sogar von einem Verkauf von Rauschgift die Rede. Bei dem Zeugen, der das gesehen haben wollte, handelte es sich um einen 16-Jährigen. Er sei mit einem Freund in einer Stadt im Maintal unterwegs gewesen, beschrieb er die damalige Situation.
An der Wohnung der Angeklagten angekommen, habe sie ihr Fenster geöffnet und ein Stück Haschisch in einer Plastiktüte herausgereicht. "Es sah aus wie ein Stück Schokolade", beschrieb er die Droge.
Sodann habe sein Freund einen Zehn-Euro-Schein der jungen Frau gegeben, sagte er weiter. Als der Vertreter der Anklage nachhakte und es genauer wissen wollte, bekam der Zeuge kalte Füße und gab zu: "Ich weiß es nicht mehr genau". Mit dieser windigen Aussage war der Vorwurf des Handeltreibens mit Rauschgift vom Tisch.
Umzug nach Rheinland-Pfalz
Was übrig blieb, war ihr Geständnis, selber geraucht und einem Freund, als der sie darum bat, den Joint weitergegeben zu haben. In diesem Zusammenhang gibt es den weit verbreiteten Irrtum, dass beispielsweise der Besitz von Rauschgift zum sogenannten Eigenbedarf erlaubt wäre.
Im Betäubungsmittelgesetz ist dagegen klar geregelt, dass sich auch derjenige strafbar macht, der Drogen "abgibt" oder "erwirbt".Mittlerweile hat die Jugendliche Franken den Rücken gekehrt und ist nach Rheinland-Pfalz gezogen, wo sie eine Arbeitsstelle sucht. Als der Vorsitzende ihre Einträge im Bundeszentralregister verlas, offenbarten sich zwei kleinere Fehltritte. Vor gut einem Jahr musste sie sich wegen eines Diebstahls und wegen Zugfahrens ohne Fahrschein verantworten.
Da sie keine Geldmittel besitzt, beantragte Staatsanwalt Hofmann in seinem Plädoyer keine Geldauflage, sondern die Ableistung von Arbeitsstunden. Das Jugendgericht schloss sich dieser Überlegung an. Die Stunden müssen nach Weisung des Jugendamtes in einer gemeinnützigen Einrichtung an ihrem jetzigen Wohnort geleistet werden. Falls sie sich weigern sollte, käme es zu einem Jugendarrest von mindestens einer Woche, redete Richter Martin Kober der Verurteilten ins Gewissen.