Erziehung früher und heute: Was hat sich geändert? Eine Bilanz aus Franken
Autor: Jutta Rudel
LKR Haßberge, Sonntag, 29. Sept. 2019
Erzieherinnen aus dem Landkreis erzählen, wie sich gesellschaftliche und technische Entwicklungen tatsächlich auf die Kindererziehung in den Familien und im Kindergarten auswirken.
Früher war alles besser - ein Satz, der schon seit zig Generationen bestand hat und häufig fällt, wenn es darum geht, in welchen Zeiten man aufgewachsen ist. Wir wollten von Erziehern wissen, ob und wie sich die Kindererziehung in Familien und Kindertagesstätten in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt hat.
Zwei erfahrene Erzieherinnen, eine Kindergartenleiterin aus dem südlichen und eine Kindertagesstättenleiterin aus dem nördlichen Landkreis Haßberge, geben anonymisiert Aufschluss.
Weniger Zeit für das Kind
Viele Entwicklungen liegen dem Wandel der Gesellschaft zugrunde. "Früher waren die Großeltern und Mütter Zuhause. Nun ist es so, dass die Großeltern länger arbeiten, bis sie in Rente gehen. Auch die Berufstätigkeit der Mutter ist angestiegen und damit der Stress für die Eltern", sagt die Kita-Leiterin aus dem nördlichen Landkreis. Auch die Tatsache, dass es immer weniger Großfamilien gibt, die gemeinsam unter einem Dach leben, trägt zu dieser Entwicklung bei. Kinder kommen nun früher und länger in die Kitas.
Sie weiß: "Die Kinder waren früher öfter mit dabei, nun bekommen sie weniger erklärt als früher." Die Kita-Mitarbeiter übernehmen daher viele Aufgaben, die früher der Familie vorbehalten waren. Das bestätigt auch ihre Kollegin: "Die Kinder werden jünger, das Sauberwerden zum Beispiel erfolgt dann schon nicht mehr Zuhause." Familientypische Rituale wie das gemeinsame Essen finden kaum noch statt. "Auch auf die Frage, welche Kinder eine Geschichte vor dem Schlafengehen vorgelesen bekommen, melden sich nur wenige", berichtet die Kita-Leiterin.
"Es sind Sachen, die man früher für selbstverständlich genommen hat, wo wir jetzt zu Programmen greifen müssen." So beispielsweise zum Thema gesundes Essen, Tischmanieren, aber auch, was Eltern und Kind zusammen unternehmen können.
Der hektische Alltag und stetige Zeitdruck der Eltern führt auch dazu, dass Kinder oft weniger gesund essen und im Vergleich zu früher weniger selbstständig sind: "Eltern nehmen vieles ab, wenn es früh beispielsweise zu lange dauert, bis das Kind die Schuhe aufgebunden hat, machen das die Eltern schnell selbst", sagt sie.