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Erster Schlagabtausch der Landratskandidaten in Sylbach


Autor: Klaus Schmitt

LKR Haßberge, Donnerstag, 28. November 2013

Die Landratskandidaten trafen sich in Sylbach auf Einladung des Bayerischen Landessportverbandes und der Bayerischen Sportjugend zu einem ersten Schlagabtausch. Dabei ging es auch um die Frage, wie das Ehrenamt künftig gestärkt werden kann.
Den Fragen des Bayerischen Landessportverbandes und der Bayerischen Sportjugend stellten sich fünf Landratskandidaten. Unser Bild zeigt, von links: Birgit Bayer, Bernhard Ruß, Moderator Günther Jackl, Sabine Schmidt, Wilhelm Schneider und Rita Stäblein. Klemens Albert konnte nicht teilnehmen.  Foto: Klaus Schmitt


An einen Landrat (eine Landrätin) stellen die Bürger die Erwartung und die Anforderung, dass er (oder sie) vor allem vermittelnd, ausgleichend und integrierend tätig ist und nicht polarisierend, spaltend oder trennend. Nach diesem Maßstab kann man ruhigen Gewissens alle Kandidaten für die Wahl Mitte März empfehlen, die sich um dieses Amt und damit um die Nachfolge von Rudolf Handwerker (CSU) bewerben. Auf jeden Fall die fünf Kandidaten, die sich am Dienstagabend im Gemeinschaftshaus in Sylbach an einer Podiumsdiskussion der Kreisverbände des Bayerischen Landessportverbandes (BLSV) und der Bayerischen Sportjugend (BSJ) beteiligt haben. Sie waren sich im Grundsatz einig. Der Sport bietet offenbar keine Angriffsflächen. Der Sport eint. Oder war es noch zu früh für Wahlkampf und Attacke?

An der Gesprächsrunde nahmen die Landratskandidaten Birgit Bayer (Freie Wähler), Bernhard Ruß (SPD), Sabine Schmidt (Linke), Wilhelm Schneider (CSU) und Rita Stäblein (Grüne) teil. Der sechste Kandidat, der ÖDP-Kreisrat Klemens Albert, hatte sich aus beruflichen Gründen entschuldigt, wie der Moderator der Runde, der BLSV-Bezirksvorsitzende Günther Jackl, den 40 Zuhörern erläuterte.

Fünf Bewerber

Die fünf Bewerber um das Landratsamt stellten sich, ihre politischen Karrieren und natürlich ihr sportliches Leben vor. Anschließend antworteten sie auf acht Fragen, die ihnen die Sportverbände im Vorfeld hatten zukommen lassen. In vielen Überlegungen und Ansichten gleichen sich die Kandidaten, die man vielleicht in zwei Gruppen unterteilen könnte. Da waren auf der einen Seite die drei Bürgermeister Bayer (52 Jahre, Riedbach), Ruß (59, Sand) und Schneider (55, Maroldsweisach), die von Berufs wegen mit dem Sport zu tun haben. Mit den Vereinen in ihren Kommunen, mit Vorständen und Verbänden.

Auf der anderen Seite versuchten die Grüne Rita Stäblein aus Eltmann und die Linke Sabine Schmidt aus Sand immer wieder ihre politischen Herzensanliegen und politischen Schwerpunkte in die Sport-Diskussion einfließen zu lassen. Bei Stäblein, der 54-jährigen Krankenschwester, ist das die Sozial- und Seniorenpolitik, bei der 48-jährigen Lagerarbeiterin Schmidt die Lage der Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt.

Den Sport sehen alle Kandidaten als einen wichtigen Teil des gesellschaftlichen Lebens. Das lässt sich für den Landkreis leicht in Zahlen ausdrücken. Unter dem Dach des BLSV-Kreisverbandes sind über 140 Sportvereine zusammengefasst mit insgesamt über 35.000 Mitgliedern. Zum Vergleich: Der Landkreis Haßberge hat etwa 85.000 Einwohner. Der Sport ist eine Macht im Landkreis.

Sport lebt vom Ehrenamt


Er muss sich wie andere Faktoren des öffentlichen Lebens den Herausforderungen stellen, die die Zukunft bringt. Das sind der demografische Wandel mit immer weniger jungen Leuten und einer älter werdenden Gesellschaft und dem Problem, dass sich immer weniger Menschen finden, die bereit sind, ein Ehrenamt zu übernehmen. Und vom Ehrenamt lebt der Sport.

Wilhelm Schneider forderte, nach Lösungen zu suchen, um dem Mangel an Übungsleitern und Vorstandsvertretern zu begegnen. Die Vereine sollten rechtzeitig die Weichen stellen. Manche haben es, wie der frühere Fußballer und heutige Jogger, der vor zwei Jahren seinen ersten Marathon gelaufen ist, zum Beispiel mit der Bildung von Jugendfördergemeinschaften im Nachwuchsfußball getan. Aber JFGs sind nach seiner Ansicht nicht allein die Lösung.

Bernhard Ruß, der frühere Landesligafußballer beim FC Sand, sieht als ein Problem die Erwartungshaltung vieler Menschen. Mancher meine, wenn er seinen Beitrag zahle, habe er schon genug getan, schilderte er. Doch das reiche nicht. Natürlich brachte der Sander Bürgermeister den geplanten Kunstrasenplatz in seiner Gemeinde ins Spiel und unterstrich, die Sportstätten seien ein "sozialer Faktor" und brächten die Menschen zusammen.
Birgit Bayer wünschte sich von den Vereinen, dass sie immer wieder herausstellen, wie wichtig der Sport für eine intakte Gemeinschaft ist. Die Bürgermeisterin, die das Skifahren in den Haßbergen gelernt hat (ohne Lift) und heute noch gerne zum Skifahren geht sowie wandert und mit dem Fahrrad unterwegs ist, betonte: Der Sport und die Gemeinschaft seien "etwas fürs Leben".

Rita Stäblein wies auf die wichtige Rolle des Seniorensports in der Zukunft mit entsprechenden Angeboten hin. Und der Sport sei notwendig für ein gesundes Leben (Stichwort Rehabilitation). Um Vereinen das Überleben zu sichern, kann sie sich auch Zusammenschlüsse vorstellen.

Sabine Schmidt, die einst Karate betrieben hatte, wies darauf hin, dass immer flexibler werdende Arbeitszeiten es den Menschen erschwerten, das Hobby Sport auszuüben. Angesichts von "prekären Beschäftigungsverhältnissen" müssten der Landkreis, die Kommunen und die Vereine die Frage stellen und natürlich auch beantworten, wie weiterhin "Sport unabhängig vom Geldbeutel" möglich sei.

Drei Fragenkomplexe

Bei der Podiumsdiskussion mit den Landratskandidaten im Sylbacher Gemeinschaftshaus am Dienstagabend stellten der Bayerische Landessportverband sowie die Bayerische Sportjugend konkrete Fragen an Birgit Bayer, Bernhard Ruß, Sabine Schmidt, Wilhelm Schneider und Rita Stäblein. Drei Fragenkomplexe interessierten besonders. Was sagten die fünf Bewerber um das höchste Amt im Landkreis?

1. Wie kann das Ehrenamt attraktiver werden? Wie kann man das Ehrenamt stärken? Birgit Bayer wünschte, dass die Menschen, die Gemeinden und der Landkreis den Personen, die Verantwortung im Ehrenamt übernehmen, mehr danken, sie würdigen und ihre Arbeit wertschätzen. Rita Stäblein sieht es ähnlich. Sie forderte eine Dankeskultur und eine Ehrenamtskarte (wie sie der Landkreis inzwischen eingeführt hat), die auch berufliche Vorteile bringt.
Sabine Schmidt könnte sich vorstellen, dass Bildungsangebote das Ehrenamt aufwerten würden. Ganz die Praktiker, forderten Bernhard Ruß und Wilhelm Schneider, dass die Politik den Vereinen mehr Freiraum geben und sie bei ihrer Arbeit weniger reglementieren sollte.

2. Wie stehen die Landratskandidaten zur Einführung des erweiterten Führungszeugnisses für Übungsleiter in der Jugendarbeit? Nach dem neuen Bundeskinderschutzgesetz sind diese erweiterten Führungszeugnisse künftig nötig, um Straftäter von vorne herein aus der Jugendarbeit fernzuhalten. Im Landkreis wird das Gesetz, wie jüngst vereinbart worden ist, über die Städte und Gemeinden umgesetzt.
Die fünf Landratskandidaten sind sich in ihrer Einschätzung des neuen Gesetzes weitgehend einig. Die Vorlage des erweiterten Führungszeugnisses wertet Rita Stäblein als "ganz wichtig, es gibt Sicherheit". Das neue Gesetz hat laut Birgit Bayer "seine Berechtigung", wenngleich damit mehr Arbeit auf die Vereine zukomme. Das sehen auch Bernhard Ruß und Wilhelm Schneider ähnlich. Dennoch: Auch für Schneider "geht das Kinderwohl vor", und für Ruß ist das neue Gesetz "ein Ansatz". Sabine Schmidt hätte sich entgegen der angekündigten Regelung im Landkreis gewünscht, dass eine Amtsperson (aus dem Landratsamt) die Umsetzung in die Hand bekäme.

3. Eine Frage wich vom zentralen Thema Sport ab: Welche Prioritäten würden die Kandidaten in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit als Landrat oder Landrätin setzen?
Bernhard Ruß sprach sofort die Energiewende an; da gelte es, einiges neu zu justieren. Es folgten: Breitband, Schulen und die medizinische Versorgung.
Wilhelm Schneider versicherte, er werde "rausgehen und zuhören". In den Schulen, in den Betrieben, in den Kliniken. Erst müsse man sich ein umfassendes Bild machen und dann die Themen anpacken, sagte er.
"Sich akribisch einarbeiten" wäre die erste Tätigkeit von Birgit Bayer. Um handeln zu können, müsse man erst die notwendigen Informationen haben, meint sie.
Rita Stäblein könnte sich vorstellen, dass sie die lobenswerte und "qualifizierte Arbeit" des Landratsamtes, in dem alle Fäden zusammenlaufen, auf den Prüfstand und eventuell Weichen neu stellen würde.
Sabine Schmidt sprach sich "für mehr Bürgerbeteiligung" und für mehr Transparenz aus. Das würde sie zuerst anpacken.