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Ernte macht Probleme


Autor: Katja Müller

LKR Haßberge, Montag, 24. Juli 2017

Aus Sicht der Bauern hat der Sommer ein schlechtes Timing: Jetzt, zur Erntezeit, regnet es immer wieder. Robert Hetterich aus Zeil ist besorgt.
Landwirt Robert Hetterich aus Zeil ist froh, dass er einen eigenen Mähdrescher hat und nicht auf Lohnunternehmen angewiesen ist. So kann er auf die Wetterkapriolen schneller reagieren. Foto: Katja Müller


"Ich glaube nicht, dass wir dieses Jahr im Juli mit der Ernte fertig werden", meint der Zeiler Landwirt Robert Hetterich und blickt mit gerunzelter Stirn zum Himmel, wo sich gerade wieder dunkle Wolken zusammenbrauen. Für die Landwirte im Kreis Haßberge läuft die Ernte momentan denkbar schlecht. Immer wieder müssen sie wegen der Regenfälle das Dreschen abbrechen. Sobald die Sonne wieder scheint, hasten sie hinaus auf die Felder, um dort zu retten, was zu retten ist.
Hetterich bewirtschaftet mit seiner Familie etwa 90 Hektar Land rings um Zeil im Nebenerwerb. "Wir bauen hauptsächlich Getreide und Raps an", erzählt er. Der 59-Jährige rechnet derzeit mit Ernteeinbußen zwischen 20 und 30 Prozent. "Und dann müssen wir hoffen, dass die Fallzahl beim Weizen nicht unter 250 sinkt", erklärt er.


Die Qualität muss stimmen

Die Fallzahl ist eine Methode zur Prüfung der Backfähigkeit von Getreidemehl. Sinke die Fallzahl unter 250, so Hetterich, müssten die Landwirte Abschläge bei der Bezahlung hinnehmen. Doch noch heißt es abwarten, wie sich die Ernte weiter entwickelt.
Heinz-Dieter Hofmann ist Fachberater für Pflanzenbau und Pflanzenschutz beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Schweinfurt. Seiner Meinung nach besteht kein Grund zur Sorge. "Bisher ist noch gar nichts passiert. Wir haben noch ein bisschen Zeit", beruhigt er. Die Ernte sei in der ersten Juliwoche gut angelaufen, in der zweiten Juliwoche sei wegen des Regens "wenig bis gar nichts passiert". Nun heiße es hoffen, dass sich das Wetter stabilisiere und die Landwirte ihre Ernte einfahren könnten.


Roggen ist besonders empfindlich

Tino Scheithauer, Geschäftsführer des Maschinenrings Haßgau in Hofheim, beurteilt die Wetterlage kritischer. Die Ernte sei witterungsbedingt schleppend angelaufen, doch die meiste Wintergerste sei immerhin gedroschen. Auch beim Raps sieht er wenig Probleme.
Sorgen bereitet Scheithauer der Roggen. "Roggen ist empfindlich. Wenn er ausgewachsen ist, es regnet und das Getreide nicht eingebracht werden kann, besteht die Gefahr, dass er am Halm auswächst."
Denn immer, wenn das Korn nass werde, wolle es keimen. Dadurch veränderten sich die Enzyme und die Stärke des Korns werde in Zucker umgewandelt - ein Prozess, der die Qualität des Roggens stark beeinträchtigt.
Immerhin: Aufgrund der vielen Großmaschinen, die im Landkreis Haßberge unterwegs sind, geht die Ernte - wenn sie denn angelaufen ist - relativ zügig. "So eine Großmaschine mit einem Vorsatz bis zu neun Metern hat eine enorme Schlagkraft und schafft etwa das Zwölffache eines herkömmlichen Mähdreschers", berichtet Scheithauer.

Im Landkreis Haßberge hat der Maschinenring unter seinen Mitgliedern 45 dieser neuen, leistungsfähigen Maschinen gezählt. Die Ernte wird teilweise mit Lastwagen von den Feldern transportiert.
Doch auch, wenn die wuchtigen Maschinen manchem ein Dorn im Auge sind, sieht Scheithauer die Entwicklung positiv. "Diese Großmaschinen sind dank Hangausgleich, Klimaanlage, Bordcomputer und vielem mehr nicht nur komfortabler, sondern auch sicherer für die Landwirte." Früher seien die Bauern mit schwarzen Gesichtern von den Mähdreschern gestiegen. Die Staubbelastung sei enorm gewesen. Jetzt könnten sie die Tür des Führerhauses hinter sich schließen und seien geschützt.

Auch Klaus Merkel, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands im Landkreis Haßberge, blickt auf die Ernte mit gemischten Gefühlen. "Zuckerrüben und Mais profitieren von dem Regen der letzten Tage, aber der Rest... ", meint er und die Sorge ist ihm deutlich anzumerken. Das unbeständige Wetter bringt noch einen weiteren entscheidenden Nachteil bei der Ernte mit sich: "Die meisten Landwirte lassen ihre Ernte von Lohnunternehmern einbringen. Denn ein eigener Mähdrescher lohnt sich erst ab einer Betriebsgröße von 300 Hektar, das haben bei uns im Landkreis vielleicht zehn bis 15 Landwirte", erklärt Merkel.
Diese Lohnunternehmer seien während der Erntezeit ausgebucht. Könne ein Feld wegen Regens nicht abgeerntet werden, habe der betreffende Landwirt Pech und müsse warten, bis wieder ein Termin frei werde.
Bauer Hetterich ist deshalb froh, einen eigenen Mähdrescher zu besitzen. "Er ist zwar ein älteres Modell und man muss viel schrauben, aber wir sind unabhängig", sagt er zufrieden.