Druckartikel: Erbschaftsstreit landet vor Gericht

Erbschaftsstreit landet vor Gericht


Autor: Manfred Wagner

Haßfurt, Freitag, 21. Dezember 2012

Sechs Geschwister einer Erbengemeinschaft sind heftig aneinander geraten. Der Konflikt eskalierte und landete sogar vor dem Strafrichter. Das Amtsgericht Haßfurt stellte das Verfahren gegen einen 56-jährigen Mann jedoch ein.
Der Eingang zum Amtsgericht Haßfurt.


Bei manch einer Erbengemeinschaft fragt man sich, wo das Gemeinschaftliche geblieben ist. Statt gerechter Aufteilung des Erbvermögens und eines fairen Umgangs miteinander herrschen allzu oft Vorwürfe, Neid, Missgunst und Streit.

Böses Blut gibt es auch - trotz der Weihnachtszeit - bei einer Geschwisterschar, bestehend aus fünf Schwestern und einem Bruder. Ihr zuletzt pflegebedürftiger Vater aus einer Kleinstadt im Maintal starb schon vor eineinhalb Jahren, jetzt trafen sich die erwachsenen Kinder vor dem Strafrichter - die Frauen hatten ihren Bruder wegen Unterschlagung angezeigt. Gegen eine Auflage von 500 Euro stellte Amtsrichter Roland Wiltschka das Verfahren ein.

Das Haus ausgeräumt

Kaum war der Vater unter der Erde, so lautete die Vorhaltung von Staatsanwalt Matthias Kröner, habe der 56-jährige Sohn zusammen mit einem Bekannten an zwei Tagen das Haus ausgeräumt. Dabei, so der Verdacht, habe er werthaltige Gegenstände wie Altmetalle, Fernseher, Ledercouch, Garderobe, Tisch und Schränkchen versilbert - ohne seine schwesterlichen Miterben davon zu informieren.

Eigentlich, sagte Richter Roland Wiltschka, wäre er verpflichtet gewesen, den Verkaufserlös auf das spezielle Konto der Erbengemeinschaft einzuzahlen. Darüber hinaus, so der Vorwurf, habe der in Niedersachsen lebende Angeklagte eine Sterbeversicherung über 3000 Euro einkassiert, obwohl das Geld ebenfalls zur Erbmasse gehört habe. Die Versicherungssumme, verteidigte sich der Beschuldigte, habe der Vater ihm als Geschenk versprochen. Ansonsten habe im verwaisten Haus des Hinterbliebenen das blanke Chaos geherrscht, schilderte der Rechtsanwalt Jürgen Borowka.

Der größte Teil des Inventars sei in den Müllcontainer gewandert. Die verwerteten Möbelstücke und der Mischschrott seien zusammen knapp 1000 Euro wert gewesen. In Anbetracht seiner Unkosten sowie des enormen Zeitaufwands für die Entsorgung habe sein Mandant 500 Euro an das Gemeinschaftskonto überwiesen, den Rest des erlösten Geldes aber behalten.

Geringe Schuld

Das sei zwar formal nicht korrekt gewesen, stellte der Vorsitzende Richter fest. Trotzdem sah er nur eine geringe Schuld bei dem in Norddeutschland verheirateten Mann. Im Wesentlichen, so sein Fazit, handele es sich hier um eine zivilrechtliche Auseinandersetzung unter Erben. Mit Zustimmung des Vertreters der Anklage stellte er daher das Strafverfahren vorläufig ein. Endgültig wird es eingestellt, sobald der Angeklagte 500 Euro an die Staatskasse überwiesen hat.

Als Zeugen waren auch die fünf Schwestern geladen. Sie waren teilweise von weither angereist und warteten im Vorzimmer darauf, aussagen zu dürfen. Als sie erfuhren, dass sie nicht in den Zeugenstand gerufen werden, reagierten sie mit Unverständnis. Einige zeigten sich empört, dass ihr Bruder nicht verurteilt wurde. Ob der Weihnachtsfriede bei der Geschwisterschar jemals wieder eine Chance hat, erscheint fraglich.