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Eine Bereicherung der Arbeitswelt


Autor: Ulrike Langer

Haßfurt, Freitag, 03. Februar 2017

Mit dem Projekt "Mensch inklusive" hat die Lebenshilfe im Landkreis Haßberge die ersten sozialraumorientierten Arbeitsplätze in Unterfranken geschaffen.
Stefan Bauer ist glücklich, dass er bei der Firma Hand in Hand in Haßfurt arbeiten kann, wo er die Leute schon kennt und eine Chance bekommt. Fotos: Ulrike Langer


"Die Arbeit ist super, mit den Kollegen verstehe ich mich sehr gut, und das Schönste ist, dass ich Kontakt zu Menschen habe", sagt Julia Klein. Die 29 Jahre alte, verheiratete Frau und Mutter einer siebenjährigen Tochter, die an Epilepsie leidet, hat über das Projekt "Mensch inklusive" einen Arbeitsplatz im Hans-Weinberger-Haus der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Zeil erhalten. Ihr Arbeitgeber sowie weitere 14 Betriebe und Einrichtungen im ganzen Landkreis, die 16 Menschen mit Handicap einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, wurden am Donnerstagabend im Landratsamt ausgezeichnet.


Premiere für Unterfranken

Mit dem Projekt "Mensch inklusive" hat die Lebenshilfe Schweinfurt im Landkreis Haßberge die ersten sozialraumorientierten Arbeitsplätze in ganz Unterfranken auf den Weg gebracht. Bereits im Oktober 2014 hatte der Landkreis Haßberge mit der Allianz "Fachkräfte für Mainfranken" eine Kooperationsvereinbarung mit der Lebenshilfe Schweinfurt unterzeichnet, um diese neue Möglichkeit der Beschäftigung von Menschen mit Handicap in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes voranzubringen.

"Ich bin stolz auf dieses Projekt, denn wir legen in unserem Landkreis großen Wert auf Inklusion, vom Kindergarten, über die Schule und die Vereine bis hin zum Arbeitsplatz", sagte Landrat Wilhelm Schneider in einer Feierstunde im Landratsamt. Für die Inklusion brauche man starke Partner. "Daher bin ich auch stolz darauf, dass 15 Unternehmen und Einrichtungen bereit waren, Neues auszuprobieren, nicht die Defizite, sondern die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung zu erkennen und diese Fähigkeiten zum Wohle aller in den betrieblichen Alltag mit einzubinden."


Barrieren in den Köpfen

Dies sei leider nicht selbstverständlich. "Aus Gesprächen und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Sie hochmotivierte Mitarbeiter bekommen haben, die Erstaunliches leisten und die sich in hohem Maße mit Ihrer Firma identifizieren", betonte Schneider. "Sie als Partner sind Wegbereiter und damit ,Leuchttürme‘, denn Sie sind sich Ihrer sozialen Verantwortung bewusst und bringen Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen in den Beruf und so mitten in das Leben zurück."

Schneider bat die Unternehmer, ihre guten Erfahrungen weiterzugeben, damit noch mehr Firmen Inklusion zur Chefsache machten. Es gelte, die Barrieren in den Köpfen abzubauen, und den Blick auf die wertvollen Stärken des Einzelnen zu richten.


Mit Mut und Krfat dabei

Schneider dankte den Menschen mit Handicap, die sich einen Job oder ein Praktikum gesucht hatten, um am Arbeitsleben teilzuhaben. "Sie verzichten auf die beschützenden Strukturen und die Vorteile einer Werkstätte für behinderte Menschen und stehen vor Ort in den Betrieben ihre Frau oder ihren Mann. Das verdient Respekt und Anerkennung." Sie könnten wirklich stolz auf sich sein, denn sie hätten allen bewiesen, wie wichtig Menschen mit Behinderung in ganz normalen Betrieben auf dem ersten Arbeitsmarkt sind. Dem schloss sich Martin Groove, Leiter der Lebenshilfe Schweinfurt, an.


Netzwerk und Strukturen

"Mit unserem Projekt wollen wir ein Netzwerk aus engagierten Betrieben und Personalverantwortlichen aufbauen, die bereit sind, Menschen mit Behinderung eine Chance zu geben, inklusive Strukturen auszubauen und Patenschaften zu übernehmen", erklärte Peter Pratsch, Leiter des Projekts "Mensch inklusive". Kern des regionalen Netzwerkes seien die 15 Betriebe und ihre 16 Mitarbeiter mit Handicap, die er heute vorstellen wolle. Allerdings gebe es immer noch Bürgermeister, die "noch nicht soweit" seien. "Vielleicht ist es daher möglich, das Thema Mensch inklusive einmal in einer Bürgermeisterdienstbesprechung zu besprechen", wandte sich Pratsch an den Landrat, der seine Bereitschaft dazu sofort signalisierte.


Unternehmer sind zufrieden

Mit Bildern und Kommentaren der Teilnehmer stellte Pratsch die Beteiligten vor. Deutlich wurde, dass die Unternehmer sehr zufrieden sind. "Wenn die Christina einmal nicht da ist, wird sie gleich vermisst", sagte Klaus Rother von "Edeka-Rother" in Ebern. "Solange unser Betrieb besteht, kann der Fabian bei uns bleiben", betonte Franz-Josef Göller von der Brauerei Göller in Zeil.

Horst Hofmann, Geschäftsführer des Landratsamtes Haßberge, wiederum zeigte sich stolz auf seine Mitarbeiterin Tina: "Sie fährt rund 300 bis 400 Kilometer pro Woche für uns und beherrscht unser Elektroauto wie keine andere!"


Qualitätssiegel überreicht

Am Ende überreichten Landrat Wilhelm Schneider und Martin Groove das Qualitätssiegel "Mensch inklusive" an die Unternehmer für ihre Verdienste um die praktische Umsetzung der Inklusion im Bereich Arbeit.


Die Teilnehmer und das Projekt

Teilnehmer Mit dabei sind Lebenshilfe Förderzentrum in Sylbach, Brauerei Göller in Zeil, "Edeka-Rother" in Ebern, das Bayernstift-Seniorenwohnzentrum Haßfurt, Awo-Seniorenzentrum Knetzgau, Hans-Weinberger-Haus Zeil, die Haßberg-Kliniken Haus Haßfurt, der Kindergarten St. Magdalena Ebelsbach, Einbecker-Bau in Knetzgau, die "Teppichscheune" in Uchenhofen, das "Chilly-Café" in der Mensa am Schulzentrum in Haßfurt, das Landratsamt Haßberge in Haßfurt, der Bauernhof Leyh in Losbergsgereuth, die Firma Gala-Bau & Transporte Genslein in Ebern, die Firma "Hand in Hand" in Haßfurt.

Projekt "Mensch inklusive - Arbeiten miteinander" ist eine Initiative der Lebenshilfe Schweinfurt. Es bringt behinderte Menschen und Arbeitgeber zusammen. Fähigkeiten und Wünsche der Behinderten und Erwartungen des Arbeitgebers werden abgeglichen. Man lernt sich in Praktika kennen. Ein Arbeitsverhältnis kann flexibel und individuell gestaltet werden. Der Arbeitnehmer bleibt bei einer Werkstatt der Lebenshilfe Schweinfurt angestellt und wird am Arbeitsplatz dauerhaft begleitet. Projektleiter Peter Pratsch informiert unter Ruf 09521/95005888 oder per Mail peter.pratsch@lh-sw.de.